Social Media & Politik
- DSA und DMA verabschiedet: Das Europaparlament hat mit großer Mehrheit den Digital Services Act (DSA) und den Digital Markets Act (DMA) verabschiedet. Der DSA verpflichtet die Plattformen, stärker gegen Hass- und Falschnachrichten vorzugehen. Der DMA soll die Marktmacht großer Plattformen beschränken und den Wettbewerb für kleinere Konkurrenten öffnen. Wir hatten noch keine Zeit, das finale Regelwerk einzusehen. Gern holen wir das in den kommenden Tagen nach. Bis dahin verweisen wir auf unsere Analyse vom März (Briefing #787) – darin schrieben wir: Die beiden Gesetze stellen „eines der ambitioniertesten Regulierungsvorhaben für das Western Wide Web dar“. So wie es aussieht, konnte vieles davon tatsächlich umgesetzt werden – aber es zeigen sich längst nicht (netzpolitik) alle (heise) überzeugt (Spiegel).
- Twitter verklagt indische Regierung. Indiens Premierminister Narendra Modi ist kein großer Fan von Meinungsfreiheit. All zu gern hätte er mehr Kontrolle darüber, wer was im Internet von sich geben darf. Um dieses (fragwürdige) Ziel zu erreichen, ist er allerdings auf die Mitarbeit der Plattformen angewiesen, auf denen diese Meinungen geäußert werden. Insbesondere Twitter steht dabei immer wieder im Fokus der Auseinandersetzung. So hatte die indische Regierung Twitter jüngst aufgefordert, einige Beiträge und Nutzerïnnen von der Plattform zu entfernen. Twitter kam der Aufforderung zwar nach, sieht darin aber einen starken Eingriff und wehrt sich nun mit juristischen Mitteln (New York Times).
- TikTok bestätigt Zugriff auf Daten aus China: In Briefing #804 berichteten wir über Recherchen von BuzzFeed, die nahe legten, dass ByteDance-Angestellte in China regelmäßig auf nicht öffentliche Daten von TikTok-Nutzerïnnen in den USA zugreifen. In einem Brief an US-Senatorïnnen hat TikTok-Chef Shou Zi Chew dies nun bestätigt. TikTok habe den Zugriff aber unter Kontrolle (Süddeutsche Zeitung).
Follow the money
- TikTok killt Live-Shopping-Pläne: Eigentlich sah alles danach aus, als sollte Live-Shopping bei TikTok künftig eine mega Rolle spielen. Schließlich macht man damit bei der chinesischen Schwester-App seit Jahren fette Umsätze (CNBC). Aber jetzt kommt es doch ganz anders: Laut Financial Times verabschiedet sich TikTok von seinen Live-Shopping-Ambitionen in den USA und Europa. Hintergrund sind die enttäuschenden Zahlen aus Großbritannien, wo TikTok seit Ende vergangenen Jahres Live-Shopping-Optionen testete, allerdings nicht im Ansatz die Erfolge verbuchte, wie es sich das Unternehmen vorgestellt hatte.
- TikTok testet Shopping-Feed: An anderer Stelle hingegen weitet TikTok seine Tests in Sachen E-Commerce aus: So testet das Unternehmen in Indonesien derzeit einen speziellen Shopping-Feed zwischen For-You- und Following-Page (Social Media Today).
Creator Economy
- TikTok Match: Wenn Unternehmen mit Influencerïnnen arbeiten wollen, um Produkte zu bewerben, stehen sie vor der großen Herausforderung, die passenden Köpfe zu finden. Natürlich gibt es oft bereits bestehende Kontakte, die sich bewährt haben, und gern noch einmal gebucht werden. Manchmal braucht es aber erst einmal gute Ideen, wer überhaupt in Frage kommen könnte – eine Aufgabe, die selbst gewiefte Agenturen vor große Anstrengungen stellt (und viel wertvolle Zeit kostet). Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, gibt es mittlerweile zahlreiche Web-Angebote, auf denen nach den passenden Influencerïnnen gesucht werden kann (OMR). Solche Services bieten aber jetzt auch viele der Plattformen selbst an. TikTok hat zum Beispiel gerade TikTok Match gelauncht – ein Tool, das Marken automatisch generierte Empfehlungen ausspuckt, die auf dem Briefing der Kampagne beruhen. Außerdem gibt es bei TikTok Match die Option, die Suche nach den passenden Köpfen anhand von Kriterien wie Engagement-Rate, Markenerfahrung und Follower-Wachstum zu verfeinern.
- Facebook Creator Collaborations: Um Kreativen mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, hat Facebook ein neues Features namens Creator Collaboration (Facebook / Business) gelauncht. Darüber können Kreative z.B. weitere Creator einladen, einzelne Inhalte gemeinsam zu veröffentlichen. So wird der Post dann direkt auf beiden Pages veröffentlicht. Via Creator Studio erhalten dann zudem beide Einblicke in Reichweite und Engagement.
Was wir am Wochenende lesen / hören
- Parents Sue TikTok, Saying Children Died After Viewing ‘Blackout Challenge’: The suit, involving girls ages 8 and 9, claims TikTok knew or should have known that its product was “addictive” and was directing children to dangerous content. (New York Times)
- Matt Mullenweg thinks Tumblr can be a better Twitter than Twitter ever was (Techcrunch)
- How Canva uses Canva: Design tips and tricks from the ultimate Canva pros: Canva employees themselves. (Protocol)
Neue Features bei den Plattformen
Instagram setzt weiter alles daran, dass das Format Reels ein Erfolg wird. Drei Neuerungen verdienen in our humble opinion diese Woche Beachtung:
- Videos werden zu Reels: Posts, die eigentlich als Video veröffentlicht werden sollten, werden automatisch als Reels gepostet (Techcrunch). Zwar zunächst nur testweise, aber letztlich zeigt Instagram damit, wo die Reise hingehen soll: So viel Reels-Inhalte wie möglich auf der Plattform zirkulieren lassen. Schließlich muss man ja irgendwie mit der Content-Dichte bei TikTok (Constine / Substack) mithalten können.
- Reels Templates: Um Usern die Produktion von „coolen“ Reels zu erleichtern, setzt Instagram auf Templates (Later). Mittels Baukasten-Prinzips lassen sich so Fotos und Videos easy peasy zu ausgewählten Songs syncen – Video-Editing-Skills braucht es da keine mehr. Bislang hatte Instagram die Funktion nur getestet – künftig dürften sehr viel mehr User auf das Feature zugreifen können (Social Media Today).
- Music Recommendations: Und wer noch nicht einmal auf die Musik-Auswahl wert legt, kann jetzt auf Vorschläge von Instagram zurückgreifen (@ahmedghanem).
Twitch
- Fünf Gäste: Twitch ermöglicht Livestreamern nun, bis zu fünf Gäste in den Livestream zu holen (Techcrunch). Bislang war das nur über Drittanbieter-Apps möglich.
- Channel Switcher: User können sich bei Twitch jetzt durch Livestreams zappen (@Twitch) – what’s old is new again.
- Blur Tool: WhatsApp arbeitet derzeit an einer Funktion, mit der einzelne Parts auf einem Foto weichgezeichnet werden können (WaBetaInfo). Signal-Nutzerïnnen kennen das Feature bereits seit zwei Jahren (Signal / Blog).
YouTube
- Disappearing Community Posts: Wer bei YouTube einen Kanal mit mehr als 500 Subscribern betreut, kann bereits seit September 2021 innerhalb des Community-Tabs Posts mit Text, GIFs, Umfragen, Fotos und Videos posten. Jetzt legt YouTube nach und ermöglicht Posts, die nach 24 oder 72 Stunden wieder von selbst verschwinden (Creator Insider).
- Abo-Zahlen für alle sichtbar: Bislang konnten sich YouTube-User aussuchen, ob Dritte ihre Abo-Zahlen öffentlich einsehen können. Da mit dieser Option allerdings immer wieder Unsinn getrieben wurde (read: impersonating platform stars), beendet YouTube nun diese Praxis (Creator Insider).
- Twitter Spaces 4ever! Bislang konnten Twitter-Nutzerïnnen gehostete Spaces maximal 30 Tage als Konserve anbieten. Dieses Limit entfällt nun. Spaces können jetzt ohne zeitliche Begrenzung archiviert und über ein spezielles Tab zum Nachhören angeboten werden (@ TwitterSpaces).
- Bitmoji Integration: Es sieht ganz danach aus, als könnten Twitter-User bald ihre Bitmoji-Avatare als Profilbild nutzen (@alex193a). Die Avatarisierung schreitet weiter voran.
TikTok
- Livestreams nur für über 18-Jährige: TikTok testet derzeit ein Feature, mit dem User ihre Livestreams nur für über 18-Jährige freigeben können (Techcrunch). What could possibly go wrong?
Header-Foto von Marty O’Neill