Umbau bei Instagram

We are no longer a photo-sharing-app or a square photo-sharing app.

Wow, dieser Satz hat gesessen. Instagram-Boss Mosseri hat in einem Video bei Twitter erklärt, auf welche Bereiche sich das Unternehmen künftig primär konzentrieren möchte:

  • Creator
  • Video
  • Shopping
  • Messaging

Klar, dieser Umbau ergibt mit Blick auf die aktuellen Trends total Sinn:

  • Creator müssen endlich solide Optionen bekommen, um für ihre Arbeit auf den Plattformen adäquat entlohnt zu werden. Wir haben darüber in der Vergangenheit ausführlich berichtet (#703, #712).
  • Video: Der anhaltende Erfolg von TikTok und YouTube zeigt, wie wichtig Video ist. Wie sagt Mosseri so schön: „TikTok is huge, YouTube is even bigger.“ Instagram hat hier einiges aufzuholen, möchte es von den anderen Plattformen nicht gnadenlos abgehängt werden.
  • Social Shopping ist bekanntlich in anderen Ländern – vor allem in China – bereits ein riesiges Thema. Facebook und Instagram setzen derzeit alles daran, hier ganz vorne mit dabei zu sein. Zu verlockend sind die Verdienstmöglichkeiten.
  • Messaging: Zu guter Letzt berichten wir seit Jahren darüber, dass Nutzerïnnen Plattformen wie Instagram zunehmend passiver nutzen. Inhalte teilen sie lieber dort, wo sie sich nicht in einem so krassen Wettbewerb mit anderen ausgesetzt sehen. Die Entscheidung von Instagram, sich stärker auf das Thema Messaging zu konzentrieren, ist daher nur konsequent.

Ob die Rechnung für Instagram aufgeht und was das für all die Medienprofis bedeutet, die täglich Instagram nutzen, um ihre Inhalte in Form von Fotos und Cards zu teilen, wird sich zeigen. Ein Pivot-to-Video ist ja an anderer Stelle schon einmal schief gegangen. Wer mag, diskutiert mit uns drüben bei Insta oder Slack über das Thema.


Social Media & Politik

  • Kartellbeschwerde gegen Facebook abgewiesen: Im Dezember hatten die US-Handelskommission (FTC) und 48 US-Generalstaatsanwältïnnen Kartellklagen gegen Facebook eingereicht (#689). Es ging um die Frage, ob Facebook seine Marktmacht illegal ausgenutzt hat. Jetzt wurde die Klage abgewiesen (Vox). Die Begründung: Die FTC hätte nicht ausreichend dargelegt, dass Facebook überhaupt ein Monopol innehabe.
  • 1-Billion-Dollar-Club: Die Zurückweisung der FTC-Klage hat dafür gesorgt, dass Facebook in einen ziemlich elitären Club aufgestiegen ist – den Club der wenigen Firmen, die bereits eine Marktbewertung von 1 Billion Dollar (Axios) verbuchen – also Apple, Alphabet, Microsoft und Amazon. Oder anders gesagt: Die Kartellklage gegen Facebook wurde abgewiesen? Dem Kapitalmarkt gefällt das.
  • Facebook-Auftritte von Bundesbehörden nicht datenschutzkonform: Dass der Bundesdatenschutzbeauftragte die Bundesbehörden auffordert, ihre Facebook-Seiten bis zum Ende des Jahres abzuschalten (netzpolitik), erscheint dagegen wie eine Provinz-Posse.

Kampf gegen Hass und Desinformation

  • Besserer Schutz vor Hass im Netz: Facebook, Google, Twitter und TikTok haben sich dem von der World Wide Web Foundation (WWWF) angeführten Versprechen angeschlossen (Guardian), Probleme und Schwachstellen im Umgang mit geschlechtsspezifischer Gewalt im Internet zu beheben.
  • Women’s Safety Hub: Facebook hat zudem einen Women’s Safety Hub eingeführt. Hier finden sich Informationen und Ressourcen für alle, „die Unterstützung und Hilfe zum Thema Online-Sicherheit von Frauen benötigen“.
  • Facebook zeigt sich besorgt: „Are you concerned that someone you know is becoming an extremist“, fragt Facebook jetzt neuerdings einige Nutzerïnnen in den USA. Der Hinweis (CNN) soll dabei helfen, Menschen vor Radikalisierung zu schützen.
  • Deutlichere Hinweise: Seit einem Jahr arbeitet Twitter mit besonderen Hinweisen, um vor Tweets zu warnen, die Falschinformationen verbreiten. Eben diese „Prompts“ erhalten nun ein neues Design (@TwitterSupport) – einerseits kommt Farbe ins Spiel, andererseits werden die Links zu weiterführenden Informationen stärker betont.

Follow the money

  • Mehr Shopping: Facebook führt in ausgewählten Ländern die neue Shop-Funktionen jetzt auch bei WhatsApp ein. Zudem gibt es Shops in den USA nun auch bei Facebook Marketplace. Auch bastelt Facebook an einer Option, die eine Art virtuelle Anprobe ermöglicht, und an einem Feature, das visuelles Suchen ermöglicht. In Facebooks Newsroom gibt es die News im Überlick.
  • Die Technik dahinter: Wer sich für die Technik hinter Facebooks neuen Shopping-Funktionen interessiert, kann hier einmal schauen. In dem Blogpost erklärt Facebook auch, was das Ziel ist – nämlich nichts weniger als die Shopping-Weltherrschaft:

Facebook AI is on a quest to build the world’s largest shoppable social media platform, where billions of items can be bought and sold in one place.

  • BuzzFeed möchte an die Börse: Über ein spezielles Konstrukt strebt BuzzFeed an die Börse (Handelsblatt). Das allein wäre in unserem Briefing sicherlich keine Erwähnung wert. Wir sind allerdings auf eine spannende Präsentation (PDF) gestoßen, die verdeutlicht, was BuzzFeed in den kommenden Jahren vorhat. Mit Blick darauf, dass BuzzFeed es als erstes Medienunternehmen so richtig verstanden hatte, aus Social Media Kapital zu schlagen, ist die Präsi sicherlich ganz interessant für den einen oder die andere.
  • Deal zwischen Snapchat und Viber: Snapchat hat ein spannendes Modell gefunden, um „mehr Snapchat“ außerhalb der eigenen App zu ermöglichen. Über Lizenzen können Messenger-Apps wie Viber auf Snap’s Camera Kit tools zugreifen (The Information). Der Deal: Snapchat verdient durch die Lizensierung gutes Geld und ist bei Dritt-Anbietern ebenfalls präsent. Viber (et al) wiederum muss keine eigenen AR-Lenses entwickeln, kann aber trotzdem einen entsprechenden Mehrwert bieten. Win-Win. Allerdings nur in den Märkten, in denen sich die Apps bislang nicht wirklich etwas wegnehmen. Ist klar.
  • Globale Werbeausgaben Mittlerweile streichen Google, Facebook, Alibaba, ByteDance und Amazon unglaubliche 46 Prozent der globalen Werbeausgaben ein. Diese zwei Diagramme (pressgazette) verdeutlichen, wie sehr sich der Anzeigenmarkt in den vergangenen zehn Jahren verändert hat.


Social Media & Journalismus

  • Slides und Cards bei der Times: Die New York Times nutzt – wie wir alle auch – Slides und Cards, um bestimmte Themen für Social visueller aufzubereiten. Das Nieman Lab widmet sich dem Thema in einem Artikel und zeigt, welche Erfolge die NYT damit feiern konnte. Spoiler: Mehr Sichtbarkeit.
  • Facebook-Traffic fällt weltweit – in Europa aber stabil: Weltweit ist der Traffic-Anteil, den Medien über Facebook erzielen konnten, stark zurückgegangen (Chartbeat). Europa bleibt stabil.


Creator Economy

  • Facebook launcht Bulletin: Das ging fix: Facebook hat sein neues Newsletter-Tool Bulletin an den Start gebracht. Die Aufmachung erinnert stark an Substack und Revue. Aber Facebook ist ja auch nicht gerade dafür bekannt, das Rad neu zu erfinden. Zum Beta-Start sind vier bekannte US-Persönlichkeiten als Autoren auserchoren worden. Bis du auch deinen Newsletter via Facebook rausschicken kannst, dauert es noch eine Weile (Vox). Aber vielleicht willst du das auch gar nicht tun.
  • Subscriber-only Stories bei Instagram: Manche nennen es Super Folows, andere nennen es Only Fans. Wieder andere ganz lapidar Paid-Content. Instagram jedenfalls arbeitet an einer Option, Stories nur einem zahlenden Publikum zugänglich zu machen – sogenannte Exlusive Stories. Ob man die dann nicht einfach Screenshotten kann? Nope (@alex193a).

Video Boom

  • YouTube Culture Trends Report 2021: Wir haben länger darüber nachgedacht, YouTubes Culture Trends Report größer aufzubereiten. Am Ende haben wir uns aber dagegen entschieden – nicht etwa, weil der Report eine nähere Betrachtung nicht verdient hätte. Vielmehr deshalb, weil der Report im wahrsten Sinne des Wortes sehr „sehenswert“ ist. Wir sind uns gar nicht so sicher, ob wir eine derartige Aufbereitung bereits einmal gesehen habe – YouTube at its best. Anyway. Inhatlich geht es u.a. um folgende Themen:
    • Immediacy – also die Idee, auch dann etwas zusammen zu erleben, wenn wenn man alleine ist.
    • Synchronisierte Aktivität – etwa gemeinsames Lernen, Arbeiten, Studieren, Konzentrieren. Das Lofi Girl dient dafür als Beispiel. Der Lofi Merkelwave ist noch einmal ein ganz anderes Thema.
    • Ferner werden laut YouTube Report die Themen „radical relatability“ und „extreme authenticity“ immer wichtiger. Superficial und perfectionism waren gestern.
    • Auch verschwimmen die Grenzen zwischen privat und öffentlich immer stärker. Das macht sich nun auch bei YouTube bemerkbar.
    • Und Podcasts, die als Video konsumiert werden, sind laut Culture Trends Report regelrecht explodiert.

Schon einmal im Briefing davon gehört

  • Kuaishou verbucht eine Milliarde monatlicher Nutzerïnnen: Vermutlich hast du von Kuaishou noch nie etwas gehört. Die App gilt als Douyins (TikToks Schwesterapp) größter Konkurrent in China. Jetzt hat die Short-Video-App, die außerhalb von China unter Kwai firmiert, eigenen Angaben zufolge die Marke von 1 Milliarde Monthly Active User (MAU) geknackt (Techcrunch). Wie groß das ist? Ziemlich groß! Facebook kommt weltweit auf 2,8 Milliarden MAU…
  • Social Upstarts, die Clubhouse herausfordern: Falls du dich für Clubhouse interessierst, könnte dich dieser Artikel von Fast Company über weitere Upstarts interessieren, die angetreten sind, um ihre ganz eigene Interpretation von Social Audio am Markt zu platzieren – etwa Quilt, Peanut oder Yoni Circl.

Neue Features bei den Plattformen

Instagram

  • Posten vom Desktop ist hier – also jetzt for real. Wirklich.
  • Links in Stories für alle: Zwar vorerst nur ein Test, und auch kein Swipe-Up sondern ein Sticker (The Verge), aber immerhin denkt Instagram über Optionen nach, wie Normal-Sterbliche innerhalb von Stories auf eine externe Website (völlig verrückt!!!!) verlinken können.
  • Recommendations: Willkommen bei Instatok: Instagram hat ja bereits vor Monaten damit angefangen, Nutzerïnnen Posts von Menschen in den Feed zu spülen, denen sie bislang nicht folgen. Bislang ließen sich solche Empfehlungen am Ende des Feeds finden. Jetzt testet Instagram, ob sich Nutzerïnnen über entsprechende Empfehlungen auch innerhalb ihrer Feeds freuen. Der Erfolg von TikTok (aka The Sorting Hat, Eugene Wei) muss sich doch irgendwie kopieren lassen, don’t?!

Twitter

TikTok

  • Längere Videos: Erst 15 Sekunden, dann 30, dann 60, demnächst 180: TikTok ermöglicht bald 3-minütige Videos. Mit Blick darauf, dass die beliebtesten Formate bei YouTube zwischen 10 und 20 Minuten lang sind, kann man erahnen, dass es wohl nicht die letzte Verlängerung bei TikTok gewesen sein wird. Die Gründe liegen auf der Hand: Mehr Werbung + ideale Vorbereitung für TikTok auf dem Fernseher.

Telegram

Slack

  • Slack Huddles: Slack möchte mehr Büro-Atmosphäre daheim schaffen. Dafür hat es Slack Huddles gelauncht – laut Beschreibung „eine einfache Art, um ein Gespräch zu starten“. Das Feature ist vorerst zahlenden Teams vorbehalten.

Header-Foto von Mercedes Mehling bei Unsplash