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Wie WhatsApp seine neuen Bedingungen durchdrücken will | Facebook und Australien einigen sich doch | Zensur bei ByteDance

Wie WhatsApp seine neuen Bedingungen durchdrücken will | Facebook und Australien einigen sich doch | Zensur bei ByteDance

Wie WhatsApp seine neuen Bedingungen durchdrücken will

Was ist

WhatsApp startet einen zweiten Anlauf und versucht, die Aktualisierung seiner Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinie besser zu erklären. Das Ultimatum läuft nun bis 15. Mai. Um renitente Nutzerïnnen unter Druck zu setzen, hat sich das Unternehmen einen fiesen Psychotrick einfallen lassen.

Was war

Mitte Januar schrieben wir in Briefing #695:

Seit einer Woche dreht das halbe Netz durch – und zwar nicht (nur) wegen Donald Trump, sondern auch wegen den neuen Nutzungsbedingungen von WhatsApp. Wer nicht bis zum 8. Februar zustimmt, kann nicht mehr chatten.

Gerüchte und Panikmache machen die Runde: WhatsApp wolle die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufweichen. Facebook könne bald nicht nur auf Metadaten, sondern auch auf die Inhalte der Nachrichten zugreifen. Nutzerïnnen teilen wilde Memes und verkünden stolz, dass sie ihren WhatsApp-Account gelöscht haben.

Damals löste ein kleines Pop-up große Panik aus. Millionen Menschen meldeten sich bei den Konkurrenten Signal, Threema und Telegram an. Vor allem in WhatsApps größten Markt Indien drohte ein Massenexodus.

Wie WhatsApp vorgehen will

Warum die Sorgen unbegründet sind

Warum WhatsApps Kommunikation immer noch mies ist

Be smart

Wer bislang keine Bedenken damit hatte, WhatsApp zu nutzen, kann den Messenger auch künftig weiter verwenden. Die Nachrichteninhalte bleiben sicher verschlüsselt, die Metadaten landen bei Facebook – alles wie gehabt.

Facebook nutzt die Informationen nur, um Spam und Missbrauch zu verhindern. Das könnte sich allerdings ändern: Das Wort "derzeit" verwendet WhatsApp sicher nicht zufällig. Damit bleibt die Möglichkeit offen, dass Facebook die Daten doch irgendwann einsetzt, um Werbung zu personalisieren. In der EU verhindert das die DSGVO, aber wer weiß, wie lang sich Facebook noch daran gebunden fühlt.

Schließlich versprach Mark Zuckerberg auch, dass WhatsApp und Instagram eigenständige Unternehmen bleiben und keine Daten weitergegeben werden sollen. Als Facebook dieses Versprechen brach, verhängte die EU-Kommission 2017 eine Strafe von 110 Millionen Euro. Anfang 2019 verkündete Zuckerberg schließlich, dass WhatsApp, Instagram und der Facebook-Messenger auf Infrastrukturebene verschmolzen werden sollen (SZ), sodass Menschen App-übergreifend chatten können.

Deshalb wiederholen wir unseren Ratschlag aus Briefing #693, der unverändert gilt: "Wir empfehlen seit Jahren Signal und Threema als sichere und datensparsame Lösungen."


Facebook und Australien einigen sich doch noch

Was ist

Der News-Blackout in Australien hat nur knapp eine Woche gedauert. Facebooks Australien-Chef William Easton schreibt (Facebook-Newsroom), dass man sich mit der australischen Regierung geeinigt habe. In den kommenden Tagen sollen Nachrichteninhalte wieder angezeigt werden.

Was war und wird

Vergangene Woche erklärten wir den Streit in Briefing #704 ausführlich. Alle Hintergründe und Einschätzungen finden sich dort und gelten nach wie vor. Damals skizzierten wir drei Szenarien, wie es weitergehen könnte. Die realistischste Option:

Facebook verhandelt derzeit weiter mit der australischen Regierung. Das Gesetz ist zwar durchs Repräsentantenhaus, muss aber noch durch den Senat. Beide Seiten einigen sich auf einen gesichtswahrenden Kompromiss, der Media Bargaining Code wird leicht abgeändert, Facebook beendet seine Blockade.

Ziemlich genau so ist es gekommen. Ähnlich wie Google mit News Showcase wird Facebook über seinen neuen News-Tab Medien direkt bezahlen. Dieses Produkt sollte in Australien starten, wurde dann zwischenzeitlich eingefroren und dürfte nun bald kommen.

Der Media Bargaining Code wird entsprechend geändert. Facebook erhält mehr Zeit für die Verhandlungen mit den Verlagen, das Schlichtungsverfahren wird erst im Härtefall aktiviert. Außerdem wird ein Passus ergänzt, wonach Google und Facebook den Auflagen des Gesetzes komplett entgehen, wenn sie "signifikant zur Nachhaltigkeit der australischen Medienbranche beitragen" – also mehrere hundert Millionen Dollar zahlen. Dafür verzichtet Facebook auf die Möglichkeit, Verträge kurzfristig aufzukündigen.

Was das bedeutet

Warum das Gesetz falsch bleibt

Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Die Art und Weise, wie Australien die Tech-Plattformen unter Druck gesetzt hat, ist der falsche Weg (Baekdal), um das richtige Ziel zu erreichen: Macht und Geld im Netz umzuverteilen, um Medienvielfalt zu gewährleisten und faire Verhandlungen zwischen Verlagen und Digitalkonzernen zu ermöglichen

Doch da der Erpressungsversuch scheinbar Erfolg hatte (wenn man Erfolg mit Geld gleichsetzt), könnten andere Länder nachziehen (SZ). Kanada plant bereits ein ähnliches Gesetz (Reuters). Microsoft und europäische Verlage fordern vergleichbare Verhandlungsmechanismen für Europa (Microsoft-Blog)-

Wie Umverteilung funktionieren könnte

Es gibt bessere Möglichkeiten, als Plattformen zu verpflichten, für Links zu zahlen. Will Oremus schlägt etwa (OneZero) eine Steuer auf personalisierte Werbung vor oder regt eine Art öffentlichen Fonds an:

One idea that has been gaining traction involves requiring the largest internet platforms to pay into a fund that would then subsidize journalism in some form.

Daran schließen sich natürlich Fragen an: Wer verteilt das Geld an wen nach welchen Kriterien? Dennoch erscheint uns diese Option besser als der australische Weg. Zumal es schon Anhaltspunkte dafür gibt: Ein Bericht des Reuters Institute führte 2019 aus, wie Europa digitale Medien langfristig mit politischen Maßnahmen fördern könnte.

Be smart

Produkte wie "Google News Showcase" und Facebooks News-Tab sind keine langfristige Lösung. Denn die Plattformen entscheiden, mit wem sie verhandeln und wem sie Geld überweisen. Vor allem für kleine Verlage und lokale Medien ist das gefährlich.

Zwar machen in Deutschland auch Regionalzeitungen mit (Googleblog), doch die Verhandlungen finden wohl kaum auf Augenhöhe statt. Bei Facebook News dürfte das ähnlich aussehen – zumal die vergangenen Jahre immer wieder gezeigt haben, wie wenig Interesse Mark Zuckerberg an Journalismus hat und wie schnell Facebook Zusagen bricht und Verträge beendet.


Social Media und Politik

Zensur bei ByteDance

TikTok wird ja bekanntlich nicht müde zu betonen, dass auf der Plattform keinerlei Zensur stattfindet. Dass bei der chinesischen Schwester-App Douyin hingegen massiv zensiert wird, ist unbestritten. Wie die Maschine dahinter funktioniert, hat nun ein Insider berichtet (Protocol).

Wer gerade über die neue TikTok-Strategie nachdenkt: Vielleicht kurz noch einmal innehalten und prüfen, ob man wirklich zum Erfolg eines Unternehmens wie ByteDance beitragen möchte.


Kampf gegen Desinformation

Stichwort Klimawandel

Facebook intensiviert seine Anstrengungen hinsichtlich des Kampfes gegen Falschinformationen beim Thema Klimawandel. Bereits im September 2020 hatte das Unternehmen eine Plattform ins Leben gerufen, die Nutzerïnnen ganz ähnlich wie beim Thema Corona mit Informationen aus vertrauenswürdigen Quellen versorgt. Auch Deutschland war beim Start im September bereits dabei. Nun werden die Infos auch für Menschen in Belgien, Brasilien, Kanada, Indien, Indonesien, Irland, Mexiko, die Niederlande, Nigeria, Spanien, Südafrika und Taiwan bereitgestellt.

Stichwort Essstörungen

TikTok und Instagram (beide The Verge) haben jeweils Schritte angekündigt, um Desinformationen rund um das Thema Essstörungen vorzubeugen. Nutzerïnnen, die nach bestimmten Begriffen suchen, werden jetzt Quellen von geprüften Gesundheitsorganisationen präsentiert. Zudem erhalten sie Vorschläge, an wen sie sich wenden könnten.


Neue Features bei den Plattformen

Spotify

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Header-Foto von neringa bei Unsplash