Die zwei größten Schlagzeilen der Woche

1/ Facebooks Oversight Board präsentiert die ersten Fälle

Das von Facebook finanzierte Oversight Board hat aus mehr als 20.000 Einreichungen die ersten Fälle ausgewählt, die es prüfen wird. Die Links führen zum jeweiligen Case:

Es handelt sich – wie Evelyn Douek zurecht bei Twitter schreibt – mehr oder weniger um die Greatest Hits der Content Moderation: Hassrede, Hassrede, Hassrede, Nippel, Nazis und Corona-Desinfos.

Wir sind gespannt, wie sich die Arbeit des Boards weiter entwickelt. Vor allem wird zu prüfen sein, ob die Arbeit des Gremiums wirklich ein Gewinn für Facebooks Nutzerïnnen ist. Oder ob es Facebook lediglich darum geht, „sich von heiklen und potenziell rufschädigenden Entscheidungen über die Moderation von Inhalten zu distanzieren“ (Techcrunch).

Wer tiefer in das Thema einsteigen möchte, wir haben in Briefing #580, #638, #675 und #677 ausführlich beschrieben, was das Oversight Board ist, wie es besetzt ist und was davon zu erwarten ist.

2/ Salesforce kauft Slack für 27,7 Milliarden Dollar

Beim Social Media Watchblog vertreten wir die These, dass bereits seit einiger Zeit ein Wandel im Gange ist, der durchaus als Beginn einer Post-Social-Media-Ära bezeichnet werden darf. Konkret geht es darum, dass die großen Plattformen wie Facebook, Instagram, YouTube und TikTok von den Nutzerïnnen immer stärker passiv genutzt werden. Die eigentliche Interaktion, die Gespräche, der Austausch, das Teilen von Inhalten findet in zunehmend kleineren, digitalen Räumen statt: etwa in Messenger-Gruppen, bei Discord oder Slack.

Der auf Unternehmens-Software spezialisierte Tech-Riese Salesforce (Jahresumsatz 20 Milliarden Dollar) hat jetzt einen großen Schritt getan, um in dieser neuen Ära eine gewichtige Rolle zu spielen: in einem Deal, der die Übernahme von WhatsApp durch Facebook finanziell in den Schatten stellt, übernimmt Salesforce die Kommunikationsplattform Slack (Wall Street Journal).

Salesforce wettet vor allem darauf, dass sich die Trends, die durch die Corona-Pandemie katalysiert wurden, weiter verstärken werden: eine Software, die es ermöglicht, remote zu arbeiten, ist da natürlich ein zentraler Baustein. Aber letztlich bietet Slack ähnliches Potential wie Zoom: auch Slack könnte sich zu einer echten Plattform mausern – ganz so wie es dem anderen Shootingstar des Jahres vorschwebt (Techcrunch).

Wer sich intensiver mit dem Thema beschäftigen möchte, sollte Ben Thompsons Analyse lesen: Salesforce Acquires Slack, Salesforce’s Reasoning, Salesforce’s Opportunity (Paywall).


Kampf gegen Desinformation

Telegram: Schlechter als sein Ruf

Telegram gilt vielen als sichere Alternative zu WhatsApp. Mit Blick auf die weniger umfassende Verschlüsselung und das undurchsichtige Firmengeflecht hinter der App ist Telegrams guter Ruf allerdings kaum zu rechtfertigen. Im HR Inforadio habe ich mit Kollege Tobias Klein ausführlich über die wenigen Vor- und vielen Nachteile der App diskutiert. Auch die Kollegïnnen vom Deutschlandfunk haben sich mit Telegram in der Sendung mediasres beschäftigt – sehr hörenswert.

Facebook: Whitelists haben Verbreitung von Desinfos begünstigt

Facebook hatte sich zur US-Wahl überlegt, Politikerïnnen von Faktenchecks auszunehmen. Eine interne Untersuchung zeigt, dass diese Whitelists die Verbreitung von Desinfos begünstigt haben (The Information, Paywall). Der Grund: Nutzerïnnen seien besonders anfällig, Falschinformationen zu glauben, wenn sie von öffentlichen Personen wie Politikerïnnen geteilt werden. No shit, Sherlock!

Desinfos bei Twitter Fleets

Twitterst du noch oder fleetest du schon? Viele haben sicherlich in den vergangenen Tagen Twitters neue Stories-Funktion ausprobiert. Was zunächst einmal sehr vertraut anmutet, hat auf einer Plattform, die dafür bekannt ist, massenhaft Falschinformationen zu verbreiten, enormes Potential auch an dieser Stelle missbraucht zu werden. Die Frage lautet also: Was tut Twitter gegen die Verbreitung von Falschinformationen in Fleets? Mother Jones zeigt, warum Twitter Fleets ein Desinformations-Desaster werden könnten.


Follow the money

Spotify: King of Podcast durch Millionen kleinerer Podcasts

Ja, Spotify hat einige Blockbuster-Podcasts im Angebot. Der größte Einzellieferant des Spotify-Katalogs und maßgeblicher Treiber der Popularität von Podcasts bei Spotify ist aber Anchor. Die Plattform, die Spotify im Februar 2019 für 100 Millionen Dollar übernahm, ermöglicht es Kreativen, Podcasts so niedrigschwellig wie möglich zu produzieren und bei Spotify einzuspeisen. Anchor ist laut Spotify für rund 80 Prozent neuer Podcasts verantwortlich. Allein 2020 kamen über Anchor 1 Million neue Podcasts hinzu. Damit ist Anchor für mehr Listening Hours verantwortlich als z.B. NPR und New York Times. Du hast noch keinen Podcast? Macht nix! Wir auch nicht 🙂

Facebook investiert in Customer Service

Facebook hat laut Wall Street Journal das auf Customer Service spezialisierte Startup Kustomer übernommen. Ein Kaufpreis ist nicht bekannt. Das Startup wird aber mit rund einer Milliarde Dollar bewertet. Facebook verspricht sich von der Übernahme eine bessere Positionierung in Sachen Kundenbetreuung – vor allem hinsichtlich neuer E-Commerce-Features bei WhatsApp und Instagram. Hier geht es zu Facebooks Pressemitteilung.


Zahl der Woche

52 Millionen

So viele Nutzerïnnen verbuchte Reddit eigenen Angaben zufolge (WSJ) täglich im Jahr 2020. Das sind zwar deutlich weniger als bei Facebook (1,82 Milliarden) und Twitter (152 Millionen). Gleichwohl ist die Zahl spannend: Noch nie zuvor hatte Reddit Angaben zur täglichen Nutzung gemacht.


Schon einmal im Briefing davon gehört

Apple vs. Facebook 😡

Apple und Facebook mögen sich nicht sonderlich. Immer wieder schießen die Chefs der Unternehmen in öffentlichen Interviews gegeneinander. Facebook wirft Apple vor, seine marktbeherschende Stellung auszunutzen. Apple wift Facebook vor, systematisch die Privatsphäre der Nutzerïnnen zu verletzen. Die BBC zeigt, was hinter dem Streit steckt, warum der Streit jetzt noch einmal eskalieren könnte und warum die Fehde eigentlich totaler Quatsch ist: beide Unternehmen würden extrem stark voneinander profitieren, so die These.

Interaktive Live-Reality-Show-Game-Dingsbumms

Ganz im Ernst: Ich habe noch nicht wirklich gecheckt, was Rival Peak sein soll. Eine Art Fernseh-Show, bei der ich als Zuschauer bestimmen kann, wie es weitergeht? Aber ohne Call-in, sondern indem ich … genau was mache? Es mutet jedenfalls spannend an. Vielleicht gönne ich dem Quatsch am Wochenende mal eine Stunde. Falls jemand von euch das neue Facebook Game bereits getestet hat, bitte melden!

Alles gleich

In Ausgabe #686 hatten wir darüber geschrieben, dass sich die Plattformen immer stärker angleichen. Axios hat dafür nun die perfekte Übersicht gebastelt. Facebook kopiert Snapchat kopiert TikTok kopiert Twitter kopiert YouTube kopiert LinkedIn kopiert Spotify…


Neues von den Plattformen

TikTok


Tipps, Tricks und Apps

TikTok-Timeline

Techcrunch hat einen nützlichen Überblicksartikel zu TikTok produziert. Wer sich für die Historie der noch jungen App interessiert, wird hier bedient. Garantiert ein Bookmark wert.

Instagram Hacks

Socialbakers gibt einen Überblick über gängige Instagram Hacks. Viele werden die meisten Tipps und Tricks bereits kennen. Für andere steckt da sicher noch einiges an praktischem Know-How drin.

Instagram Guides

Die Kollegïnnen von Social Media Examiner haben einen Leitfaden für Instagram Guides veröffentlicht. Ebenfalls ein Blick wert.


One more thing

Myspace Revival

Vermisst du auch manchmal die gute alte Zeit als Myspace noch die heißeste Social-Anwendung im World Wide Web war? Nun, eine 18-Jährige hat mit SpaceHey eine voll funktionsfähige Myspace-ähnliche Website gebaut. Der „Ich habe das mit HTML gebaut"-Vibe ist auf jeden Fall sofort wieder da. 🤗


Header-Foto von Asher Ward bei Unsplash