Salut und herzlich Willkommen zur 510. Ausgabe des Social Media Watchblog Briefings. Heute schauen wir aus gegebenem Anlass auf die Verantwortung von YouTubern. Zudem widmen wir uns einer neuen PEW-Studie zur Rolle von Social Media für News und den neuesten Features der Plattformen. Ich wünsche eine gewinnbringende Lektüre und bedanke mich für das Interesse, Martin

[line]
[gap size=“40px“]

PewDiePie: Zur Verantwortung von YouTubern

Was ist: Felix Kjellberg , besser bekannt als PewDiePie, ist mit 76 Millionen Abonnenten YouTube's Top-Videokünstler. Vor allem Kids gucken seine Videos. Am Sonntag hat er in einem Video im Rahmen eines Shoutouts an 28 unterschiedliche Video-Creator auch den Kanal eines Rassisten und Antisemiten empfohlen (Minute. 15:07). Der Kanal verzeichnete daraufhin 15k neue Abonnenten (Siehe: Right Wing Watch).

War da nicht schon einmal was? Bereits im Februar 2017 hatte Disney die Zusammenarbeit mit PewDiePie aufgekündigt, nachdem er Menschen dafür bezahlte hatte, ein Schild mit der Botschaft „Death to all jews“ in die Kamera zu halten. Das Original-Video ist gelöscht – hier ein Re-Upload. Das Wall Street Journal hat weitere Beispiele ähnlich zweifelhaftem Verhaltens dokumentiert.

Warum ist das interessant? Menschen wie PewDiePie tragen mit Blick auf ihre galaktischen Reichweiten eine enorme Verantwortung. Genau dieser werden sie aber häufig nur bedingt gerecht. Da sie selbst Herr über ihre Kanäle sind, bedarf es einer wachen Zivilgesellschaft, um entsprechende Verfehlungen anzuprangern.

Was sagt denn Kjellberg selbst dazu? Standesgemäß nimmt Kjellberg in einem weiteren Video Bezug auf die aktuelle Berichterstattung. Darin verweist er zunächst noch einmal darauf, dass er ja bereits vor 1.5 Jahren öffentlich bekundet hätte, sich künftig klarer von rechtsradikalen und antisemitischen Sprüchen zu distanzieren. Auch kann er offenkundig nicht verstehen, dass Dritte sich daran stören, wenn er einen Kanal empfiehlt, auf dem Botschaften wie die 14 Words geteilt werden. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das gespielte Arroganz ist oder ob er es wirklich nicht versteht. Aber immerhin erreicht ihn die Kritik überhaupt.

Was sagen die Fans? Auf meinen Tweet gab es zahlreiche Reaktionen, die vor allem darauf abzielen, Kjellberg in den Schutz zu nehmen. Die Argumentation: a) ist er nicht rassistisch, b) konnte er ja nicht wissen, was der Betreiber des besagten Kanals noch so veröffentlicht. Genau das halte ich aber für sehr gefährlich. Wenn wir uns nur noch völlig entkontextualisiert in der Welt bewegen, blicken wir niemals auf das volle Bild, sondern immer nur auf Ausschnitte. Dadurch schaffen wir nicht nur unsere eigene Meinung, sondern auch unsere eigenen Fakten – der perfekte Nährboden für die grundsätzliche Empfänglichkeit für „Fake News“.

Be smart: Natürlich sind nicht nur die Zuschauer, Politgruppen und Journalisten gefragt, entsprechende Ereignisse zu hinterfragen, auch YouTube steht in der Verantwortung, „sein“ Spitzenpersonal besser im Blick zu haben. Aber wie es nun einmal so ist, macht man lieber das genaue Gegenteil: im Jahresrückblick Rewind spielt PewDiePie trotz seiner Prominenz keine Rolle. Genauso wenig wie etwa Logan Paul, der mit einem Video über Suizid-Opfer auf YouTube für Schlagzeilen gesorgt hatte. Anstatt eben auch selbstkritische Töne anzuschlagen, dient der Jahresrückblick einzig der Selbstvermarktung. Alles so schön bunt hier.

[line]
[gap size=“40px“]

Studie: Social Media tops Newspaper

Was ist: Zum ersten Mal geben Amerikaner in einer Umfrage zu Protokoll, dass sie News häufiger über Social-Media-Plattformen als über Tageszeitungen erhalten.

Warum ist das interessant? Es wird immer wieder die These verbreitet, alle würden ihre News nur noch via Facebook oder Twitter erhalten. Das ist empirisch nicht haltbar. Sehr wohl aber nimmt Social Media eine zunehmend wichtigere Rolle im Medienmenü ein – insbesondere in der jüngsten Zielgruppe. Spannend dabei: natürlich treffen wir auch mittels Social Media auf Medienmarken, die aus dem Tageszeitungsgeschäft stammen. Aber erstens nicht ausschließlich und zweitens bekommen die Tageszeitungen ihre Inhalte auf Social Media nur zu einem Bruchteil refinanziert.

Be smart: Das Fernsehen ist in den USA weiterhin der wichtigste Kanal für den Nachrichtenkonsum. Vor allem lokale Sender spielen dabei eine enorme Rolle. Während die Älteren weiterhin am liebsten Nachrichten im TV schauen, spielt das Fernsehen für die Jüngsten mit Blick auf ihren News-Konsum hingegen kaum noch eine Rolle. Ob also all jene, die jetzt Nachrichten via Social-Media- oder Video-Plattformen anschauen, später einmal den TV für News anmachen, ist mehr als fraglich.

[line]
[gap size=“40px“]

Kampf gegen Desinformationen

Social Bots: Anfang der Woche war vielerorts die Rede davon, dass Bots die Debatte um den UN Migrationspakt stark beeinflusst hätten. Warum diese Behauptung so nicht haltbar ist, erklärt Markus Reuter für Netzpolitik.

WhatsApp Fact Checking: Falls sich jemand für den Kampf gegen Desinformationen bei WhatsApp interessiert, ist dieser Artikel Pflicht. Das Nieman Lab zeigt, wie Fact Checker in Brasilien dank API-Schnittstelle bis zu 70.000 Tickets abarbeiten konnten.

[line]
[gap size=“40px“]

Denkste mal drüber nach

"Ich finde das ja die viel bedrohlichere Vorstellung, dass wir auf einem Pulverfass sitzen, und das explodiert bloß nicht, weil die Leute alle ihre Zeit auf Twitter mit dem Blocken von Andersdenkenden verplempern. In den USA kommt noch dazu, dass die Leute alle von Opiaten sediert werden, aber ist es wirklich so ein Unterschied, wenn die Leute von Internet und TV sediert werden als von Opiaten?"

Felix von Leitner zur Frage, ob die Gelbjacken-Bewegung in Frankreich wirklich von Facebook massiv beschleunigt wurde.

[line]
[gap size=“40px“]

Neue Features bei den Plattformen

Facebook

  • Search Ads: Facebook muss weiter wachsen. Da die Stories noch nicht so viel Rendite abwerfen wie gewünscht, müssen neben dem News Feed weitere Instrumente gefunden werden, um Geld zu verdienen. So führt Facebook jetzt (wieder) gesponserte Anzeigen in der Facebook-Suche ein (Techcrunch). Wenn dadurch die Suche an sich aufgewertet würde, meinetwegen. Bislang ist die nämlich bei Facebook ein Graus.
  • Future Location: Facebook ist ja eigentlich gerade dabei, verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen. Ob da ein Patent so dienlich ist, das offenbar ermöglicht, vorherzusagen, wo du als nächstes sein wirst? (BuzzFeed News)

Instagram

  • Voice DM: Bei Instagram können jetzt auch Sprachnachrichten verschickt werden. (Techcrunch)

Google

  • Google+ schon früher dicht: Aufgrund eines weiteren Datenlecks bei Google+ wird der Dienst schon vier Monate früher dicht gemacht. (The Verge)

[line]
[gap size=“40px“]

Tipps, Tricks und Apps

Datenschutzkonforme Facebook-Page: Die Einführung der DSGVO sorgte ja bei einigen Social-KollegInnen für Kopfzerbrechen – dieser Artikel in der Süddeutschen zeigt, wie man eine Datenschutz konforme Facebook-Fanpage baut.