Wie Creator Geld verdienen können (Part 2)

Was ist

In Ausgabe 703 haben wir uns damit beschäftigt, wie Creator auf Plattformen Geld verdienen können – jenseits von Markenkooperationen. Im ersten Teil analysierten wir, wie Kreative auf Facebook, YouTube, Instagram, Snapchat und TikTok Geld verdienen können. Heute geht es um einige neue Apps, die Menschen dabei unterstützen wollen, von ihren Inhalten zu leben.

Warum ist das interessant?

In Ausgabe 703 schrieben wir:

Wir erleben aktuell einen spannenden Wettbewerb um Talente. Der Grund: Facebook, Instagram, YouTube, Twitter, Snapchat und TikTok haben zunehmend die gleichen Features. Den wirklichen Unterschied machen die Inhalte. Die Inhalte aber kommen eben nicht von den Plattformen, sondern von einer kleinen, aber enorm wertvollen Nutzergruppe: den Creator.

Um keine Nutzerïnnen zu verlieren, müssen die Plattformen also sicherstellen, dass Creator mit ihren Inhalten Geld verdienen können. Die etablierten Plattformen hielten es lange Zeit nicht für nötig, Kreativen entsprechende Optionen zu geben.

Seit gut einem Jahr versuchen immer mehr Start-ups, dieses Versäumnis für sich zu nutzen. Damit meinen wir Plattformen wie Substack, Clubhouse, Patreon, Steady, OnlyFans und Gumroad. Der Erfolg dieser Unternehmen ist der Grund, warum gerade ständig von der "Passion Economy" die Rede ist.

Das Geschäftsmodell ist simpel: Die Plattformen helfen Creators, aus ihrer Popularität Kapital zu schöpfen – und verdienen daran mit. Ein Beispiel: Die Soziologie-Professorin Zeynep Tufekci hat auf Twitter fast eine halbe Million Follower. Jetzt setzt sie mit ihrem Newsletter bei Substack Zehntausende Dollar im Monat um (siehe Post von der Professorin, brand eins).

So wird aus Aufmerksamkeit Einkommen. Derzeit ist es nicht möglich, Reichweite auf den Plattformen selbst zu monetarisieren, wenn man nicht gerade zum Influencer werden und bezahlte Kooperationen eingehen wollte. Twitter arbeitet zwar an solchen Produkten, bislang existieren sie aber nur als Versprechen.

Substack

  • Substack ermöglicht es, sowohl kostenlose als auch bezahlte Newsletter zu verschicken.
  • An sich ist Substack für Creators gratis. Wenn sie für ihre Newsletter aber Geld verlangen, behält Substack einen Anteil von zehn Prozent.
  • Die Autorïnnen bleiben unabhängig und sind Eigentümer ihrer Mailinglisten und Inhalte. Damit können sie auch zu anderen Plattformen weiterziehen.
  • Auf der Startseite bekommt man einen Eindruck davon, wie viel besonders erfolgreiche Publikationen umsetzen: Die Autorin von "Letters from an America", Heather Cox Richardson, und das Team von The Dispatch erwirtschaften mehrere Hunderttausend Dollar im Jahr mit Substack.
  • Ende vergangenen Jahres schrieb die New York Times gar, dass Richardson bald mehr als eine Million Dollar pro Jahr auf Substack umsetzen werde.
  • Um der Plattform mehr Aufmerksamkeit und Schub zu verschaffen, hat Substack mit ausgewählten Autorïnnen sogenannte Pro-Deals abgeschlossen:

Bei Substack Pro zahlen wir einem Autor einen Vorschuss, der sein erstes Jahr auf der Plattform abdeckt. Die Idee ist, dass die Zahlung für einen Autor attraktiver sein könnte als ein reguläres Gehalt. Im Gegenzug für diese finanzielle Sicherheit erklärt sich ein Pro-Autor damit einverstanden, dass Substack im ersten Jahr 85 % der Abonnementeinnahmen behält. Nach diesem Jahr dreht sich der Deal um, so dass der Autor keine Mindestgarantie mehr erhält, sondern von da an 90% der Abonnementeinnahmen behält.

  • Wer diese Vorschüsse erhält, behält Substack für sich.
  • Medien-Twitter wirft Substack deshalb vor (Vox), undurchsichtige redaktionelle Entscheidungen zu treffen.
  • Substack selbst sagt, dass es die Entscheidung den jeweiligen Autorïnnen überlassen wolle, ob sie den Pro-Deal offenlegen wollten.
  • Insgesamt hätten mehr als 30 Autorïnnen solche Verträge abgeschlossen. Mehr als die Hälfte seien Frauen, mehr als ein Drittel People of Color.
  • Das entkräftet zumindest den oft geäußerten Vorwurf, Substack bezahle in erster Linie weiße, konservative Männer.

Clubhouse

  • Clubhouse ermöglicht es, mit bis zu 5000 Menschen in einem digitalen Raum zu quatschen.
  • Anfang des Jahres löste der Dienst einen Hype bei Medien- und Kommunikationsprofis aus. Wer ein iPhone und eine Einladung hatte, lud zum Clubhouse-Talk.
  • Mittlerweile hat sich das Interesse an Clubhouse deutlich abgekühlt (@ ShaanVP). Die meisten Menschen ohne Job in der Kommunikationsbranche haben ohnehin noch nie davon gehört, allen aufgeregten Schlagzeilen zum Trotz.
  • Das Unternehmen selbst blickt aber voller Zuversicht in die Zukunft und präsentiert ein Accelerator Programm.
  • Das “Creator First Accelerator Program“ richtet sich an Clubhouse-Hosts. Unterstützen möchte das Unternehmen mit Equipment, Kontakten, Sichtbarkeit und einer Art Stipendium.
  • Wie viel Geld es gibt und wie viele Menschen in das Programm aufgenommen werden, ist bislang nicht bekannt.
  • Wer sich bewerben möchte, kann dies über dieses Formular bis zum 31.3. tun.
  • Bereits Mitte Januar kündigte Clubhouse neue Funktionen an, die es ermöglichen sollen, Clubhouse-Creator direkt zu bezahlen.
  • Bislang ist es bei dieser Ankündigung geblieben.
  • Allzu lang sollte sich Clubhouse nicht mehr Zeit lassen, denn die Konkurrenz ist groß: Von Facebook über Twitter bis Telegram basteln gerade alle an der Social-Audio-Plattform der Zukunft.

Patreon / Steady

  • Plattformen wie Patreon und Steady ermöglichen es, Mitgliedschaften zu verkaufen.
  • Bei Patreon kann man Inhalte direkt auf der Plattform hinter einer Paywall veröffentlichen.
  • Das Plug-in des Berliner Unternehmens Steady lässt sich auf externen Webseiten einbinden. Außerdem bietet Steady seit einigen Tagen die Möglichkeit, Newsletter zu verschicken.
  • Beide Plattformen positionieren sich als Rückgrat der Passion Economy.
  • Auch wir nutzen beim Social Media Watchblog Steady, um Abos zu verkaufen. Steady behält eine Provision von 10 Prozent, zudem fallen Kosten für die Zahlungsabwicklung an.
  • Solange über Steady keine Mitgliedschaften verkauft werden, kostet der Dienst nichts.
  • Genau wie Substack verdient Steady nur, wenn du auch verdienst. Folglich hat das Unternehmen ein Interesse daran, mit seinen Nutzerïnnen gemeinsam zu wachsen.
  • Bei Patreon verhält es sich ähnlich. Allerdings variiert der Anteil, den das Unternehmen einbehält, von 5 bis 12 Prozent.

OnlyFans

  • Das Unternehmen OnlyFans ermöglicht es, Inhalte nur für zahlende Mitglieder anzubieten.
  • Die Plattform unterscheidet sich von Seiten wie Patreon oder Steady inhaltlich (Refinery29) und bietet zusätzliche Möglichkeiten: Creator können über OnlyFans Abos verkaufen oder sich für einzelne Inhalte bezahlen lassen. Zudem ist es möglich, Trinkgeld zu geben.
  • Mitgliedschaften können von 4,99 bis 49,99 Dollar angeboten werden.
  • OnlyFans nimmt Berichten zufolge einen Anteil von 20 Prozent am Umsatz.

Gumroad

  • Eine weitere Option, als Creator Geld zu verdienen, besteht darin, digitale Produkte zu verkaufen.
  • Plattformen wie Gumroad machen dies möglich, ohne dass ein Shop über eine eigene Website aufgesetzt werden muss.
  • Egal ob Kurs, Code oder Kunstwerk: Mit Gumroad lassen sich schnell und simpel digitale Dienste und Produkte zu Geld machen.
  • Gumroad nimmt pro Verkauf 8,5 Prozent des Umsatzes und eine Pauschalgebühr von 30 US-Cent.
  • Wer regelmäßig auf Gumroad verkauft, kann Premium-Nutzerïn werden, zahlt zehn Dollar im Monat und bei Verkäufen nur noch 3,5 Prozent Provision.

Be smart

  • Etablierte Plattformen wie Twitter und Facebook haben die Zeichen der Zeit erkannt und nachgebessert.
  • Twitter hat den Newsletter-Anbieter Revue übernommen, um Substack Paroli bieten zu können. Das Unternehmen bastelt an weiteren Funktionen, damit Kreative auf der Plattform Geld verdienen können. Bekannt sind bereits Super Follows, eine Art Abo-Modell (siehe Briefing #706), und Tipping-Funktionen bei Spaces, eine Form von Trinkgeld für Hosts von Twitters Clubhouse-Konkurrenten (9to5Mac).
  • Auch Facebook will Kreativen solche Werkzeuge an die Hand geben – darunter Abo-Funktionen, Newsletter-Optionen und das Betreiben von Website-ähnlichen Publikationen.
  • Normalerweise kündigen weder Twitter noch Facebook frühzeitig an, woran sie arbeiten. Nun halten sie es offenbar für nötig, der Welt mitzuteilen, dass sie das Potenzial der Creator Economy erkannt haben. Das zeigt, wie viel Momentum die kleineren Angebote haben.
  • Die etablierten Plattformen wollen damit verhindern, dass alle zur Konkurrenz rennen und dort ihr Subscription-Business aufziehen.
  • Denn so viel steht fest: Mal eben mit den Abonnentïnnen umziehen, ist extrem schwierig. Je mehr Geld und Abos im Spiel sind, desto schwerer wiegt der Lock-in-Effekt.

TikTok: Was über Sicherheit, Datenschutz und Zensur bekannt ist

Was ist

Forscherïnnen des kanadischen Citizen Lab haben sich sehr ausführlich mit TikTok und dem chinesischen Pendant Douyin beschäftigt. Sie durchleuchteten die Apps, um herauszufinden, ob das Misstrauen berechtigt ist, das TikTok und seinem Mutterkonzern ByteDance entgegenschlägt. Bislang gab es wenig umfassende Analysen, entsprechend oberflächlich blieben die meisten Diskussionen.

Warum das wichtig ist

TikTok ist eine der erfolgreichsten und die am schnellsten wachsende digitale Kommunikationsplattform. Vor allem bei Teenagern hat sie Instagram längst überholt. Monatelang dominierte die absurde Posse um das geplante TikTok-Verbot in den USA die Schlagzeilen. Donald Trump bezeichnete die App immer wieder als "nationales Sicherheitsrisiko" – ohne Belege für seine Anschuldigungen zu haben. Andere Länder wie Indien haben TikTok bereits verbannt.

Doch die Vorwürfe sind nicht völlig aus der Luft gegriffen. Es gibt Expertïnnen, die zumindest Vorsicht anmahnen, wenn es um TikTok geht. Zwar landen derzeit wohl keine Daten in China, aber falls die dortige Regierung ByteDance zur Herausgabe zwingen sollte, hat das Unternehmen mit seinem Hauptsitz in Peking wenig Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren.

Dazu kommen Recherchen von Medien wie Netzpolitik, Guardian und The Intercept. Sie deckten auf, dass TikTok zumindest in der Vergangenheit sehr wohl bestimmte Inhalte zensierte und etwa Postings von LGBTQ oder Menschen unterdrückte, die der Algorithmus als dick oder "hässlich" einstufte. TikTok hat diese Fehler zugegeben und Besserung gelobt.

Was das Citizen Lab herausgefunden hat

Die vollständige Untersuchung ist sehr, sehr lang. Zusätzlich veröffentlichten die Forscherïnnen Code auf Github. Wir haben nicht jedes technische Detail gelesen (geschweige denn verstanden), sondern beschränken uns darauf, die zentralen Erkenntnisse zusammenzufassen:

  • Weder TikTok noch Douyin tun Dinge, die sie nicht dürfen. Keine der beiden Apps greift auf Adressbuch, Fotos oder Standortdaten zu, ohne dass Nutzerïnnen dies ausdrücklich erlauben.
  • Allerdings lädt Douyin Code dynamisch nach und kann serverseitig die Konfiguration verändern. Das könnte genutzt werden, um potenzielle Datenschutzverstöße zu verschleiern. TikTok enthält keine vergleichbaren Funktionen.
  • Grundsätzlich sind sich die beiden Apps aber sehr ähnlich. Sie basieren offenbar auf demselben Quellcode. Je nach Markt werden die Apps dann angepasst.
  • Inhalte auf Douyin werden zensiert. Daraus macht ByteDance kein Geheimnis, deshalb hat das Citizen Lab die chinesische App in dieser Hinsicht auch gar nicht weiter untersucht.
  • Um die Zensurwürfe gegen TikTok zu entkräften oder zu belegen, fehlt es den Forscherïnnen an aussagekräftigen Daten. Es gab einige Unregelmäßigkeiten, etwa Postings, die schlagartig verschwanden. Es könnte aber auch sein, dass die Absenderïnnen die Inhalte selbst gelöscht haben.
  • Das Fazit bleibt deshalb vage: "In summary, the evidence we collected is inconclusive about whether TikTok employs political censorship of user posts."
  • Zumindest in den vergangenen Monaten sind uns keine Berichte mehr aufgefallen, die TikTok politisch motivierte oder anderweitig fragwürdige Löschpraktiken nachweisen. Vielleicht hat das Unternehmen tatsächlich dazugelernt.
  • Im Vergleich zu anderen Social-Media-Apps wie Facebook sammelt TikTok eine ähnliche Menge an Daten (also sehr viele). Ein Teil davon fließt auch an Facebook und Google, deren SDKs in der App enthalten sind. Das ist eine weitverbreitete Praxis.
  • Es fließen keine TikTok-Daten direkt nach China. Natürlich wäre es aber möglich, dass die Informationen erst auf anderen Servern gespeichert und anschließen nach China geschickt werden.
  • Die bisherigen Transparenzberichte enthalten keinen Hinweis auf Datenanforderungen aus China. Ob es keine Anfragen gab oder der Bericht unvollständig ist, weiß nur TikTok.

Be smart

Die Untersuchung zeigt eindeutig, dass Douyin eine Plattform ist, auf der die chinesische Regierung das letzte Wort behält. Bei ihrer Analyse haben die Forscherïnnen aber keine Anhaltspunkte gefunden, dass TikTok ein Propaganda- oder Spionagewerkzeug ist.

Allerdings könnte die Einflussnahme subtiler ablaufen. Bereits minimale Änderungen des Algorithmus könnten die öffentliche Meinung beeinflussen, ohne dass sich das nachweisen ließe. Diesen Verdacht wird TikTok wohl niemals ganz ausräumen können.

Unabhängig davon gibt es gute Gründe, TikTok zu meiden (genau wie fast alle anderen Social-Media-Apps):

Data collection on TikTok behaves much like Facebook and other popular social platforms and shares the same privacy issues these apps have. TikTok tracks user behaviour for targeted advertising and platform customization and this data is shared with third parties. If you are not comfortable with that level of data collection and sharing, you should avoid using the app.


Teste deine Nachrichtenkompetenz!

Was ist

Zugegeben: Unsere Überschrift ist etwas verkürzt. Denn in dieser Empfehlung geht es nicht nur darum, dass du den News-Test der Stiftung Neue Verantwortung (SNV) machst. Aber wir dachten, dass wir dich damit vielleicht eher für die begleitende Studie "Quelle: Internet" interessieren.

Die ist nämlich ausgesprochen interessant: Die geschätzten Kollegïnnen Anna-Katharina Meßmer, Alexander Sängerlaub und Leonie Schulz haben untersucht, wie es um digitale Nachrichten- und Informationskompetenzen bestellt ist. Das Ergebnis zeigt: Auch 2021 ist das Netz für viele immer noch relatives Neuland.

Warum das wichtig ist

Wir geben den Studienautorïnnen das Wort, die das gut zusammengefasst haben:

Wie gut Menschen in der Lage sind, Nachrichten zu verstehen, einzuordnen und zu hinterfragen, kann Einfluss darauf haben, ob Menschen anfällig für Populistïnnen werden, Vertrauen in Institutionen verlieren oder Falschnachrichten millionenfach an Freundïnnen und Familie verbreiten.

Die Nachrichten- und Informationskompetenz der Bevölkerung hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen und ist zu einem kritischen Faktor für Demokratien geworden. (…) Bürgerïnnen müssen für jede einzelne Nachricht jedes Mal aufs Neue selbst darüber entscheiden, ob eine Quelle oder Information für sie vertrauenswürdig ist. Und ob sie sie lesen, liken, oder sogar teilen beziehungsweise weiterleiten.

Was die Studie untersucht hat

Die Grundlage bildet der News-Test, den du auch selbst machen kannst. Er deckt das gesamte Spektrum der digitalen Nachrichtenkompetenz ab:

  • die Fähigkeit zur Navigation in digitalen Medienumgebungen
  • die Beurteilung der Qualität von Nachrichten und Inhalten
  • das Prüfen von Informationen
  • die Diskursfähigkeit
  • Kenntnisse über die Funktionsweise von digitalen Öffentlichkeiten

Dafür wurden im vergangenen Herbst knapp 5000 Menschen via Online-Interviews befragt und getestet. Die Stichprobe ist repräsentativ für die deutschsprachige Bevölkerung mit Internetzugang in Deutschland ab 18 Jahren.

Was dabei herausgekommen ist

Kathy, Alex und Leonie brechen die Ergebnisse auf acht zentrale Erkenntnisse herunter:

  1. Menschen fällt es schwer, zwischen Desinformation, Information, Werbung und Meinung zu unterscheiden. Mehr als die Hälfte hält ein Advertorial fälschlicherweise für Information. Ein Drittel kann Falschnachrichten nicht identifizieren.
  2. Ein Großteil der Befragten kann gut einschätzen, ob eine Quelle vertrauenswürdig ist. Das gelingt immerhin 59 Prozent. Allerdings fällt es ihnen schwerer, den konkreten Interessenkonflikt zu benennen.
  3. Die Labels, mit denen etwa Facebook Desinformation kennzeichnet oder YouTube auf die Wikipedia verweist, sind kaum wirksam: Nutzerïnnen nehmen sie gar nicht wahr oder können sie nicht deuten. Noch krasser ist das Ergebnis bei gekennzeichneten Advertorials: Nur sieben Prozent der Befragten erkennen das als Werbung.
  4. Menschen zweifeln an Unabhängigkeit des Journalismus von der Politik. Ein Viertel stimmt der Aussage zu, dass Medien und Politik Hand in Hand arbeiten, um die Meinung der Bevölkerung zu manipulieren. Nur die Hälfte der Befragten weiß, dass Nachrichten über einen Bundesminister ohne die Genehmigung des Ministeriums veröffentlicht werden dürfen.
  5. Knapp die Hälfte besteht den Test, nur 22 Prozent der Befragten erreichen insgesamt hohe Kompetenzwerte. Im Durchschnitt werden nur 13,3 von 30 Punkten erzielt.
  6. Jüngere Generationen sind kompetenter als Ältere – allerdings abhängig vom Bildungsabschluss. Besonders nachrichtenkompetent sind die hochgebildeten Befragten zwischen 18 und 39 Jahren. Die schlechtesten Ergebnisse erreichen Menschen unter 40 mit niedriger Schulbildung. Generell gilt: Je höher die formale Schulbildung, desto höher die Kompetenzwerte und desto höher auch das Vertrauen in Journalismus und Politik.
  7. Digitale Nachrichtenkompetenz hängt auch mit demokratischer Grundhaltung zusammen. Dazu zählen die Forscherïnnen etwa die Bereitschaft, sich über Politik zu informieren, die Wertschätzung für unabhängigen Journalismus, ein gewisses Grundvertrauen in Demokratie und Medien sowie die Fähigkeit, auch andere Meinungen zu tolerieren. Wer diesen Einstellungen eher ablehnend gegenüber steht, zeigt eine geringere Nachrichten- und Informationskompetenz.
  8. Die politische Einstellung beeinflusst die digitale Nachrichtenkompetenz. Anhängerïnnen der FDP und der Grünen schneiden am besten ab, es folgen Linke und SPD. Die CDU entspricht dem Gesamtdurchschnitt. Abgeschlagen auf dem letzten Platz liegen Sympathisantïnnen der AfD. Das kann aber auch daran liegen, dass die Parteipräferenz mit anderen wichtigen Faktoren wie Bildung, Alter und demokratischer Grundhaltung korreliert.

Was die Autorïnnen schlussfolgern

Die Befragten schneiden insgesamt in fast allen Kompetenz-Bereichen überwiegend mittelmäßig bis schlecht ab. Oft fehle es an ganz konkreten Kenntnissen und Fähigkeiten. Deshalb stellt die Studie drei Forderungen auf:

  1. Es braucht bessere digitale Schul- und Erwachsenenbildung
  2. Es braucht transparente journalistische Angebote
  3. Es braucht bessere Plattform-Architekturen

Der erste Punkt ist seit Jahren der wohl meistzitierte Satz auf allen Podiumsdiskussionen, die sich mit Falschnachrichten, Medienkompetenz und digitaler Bildung beschäftigen. Deutlich spannender finden wir die anderen beiden Forderungen.

Medien seien dafür verantwortlich, Grundsätze des journalistischen Handwerks verständlich und transparent zu vermitteln. Plattformen müssten ihre Funktionslogik ändern, die Desinformation eher begünstigt als eingrenzt. Auch das sind keine Breaking News – aber selten waren diese Forderung so gut durchargumentiert und von so vielen Zahlen gestützt, die deutlich machen, wie groß der Handlungsbedarf ist.

Be smart

Endlich passt diese Zwischenüberschrift mal richtig perfekt. Einer von uns hat 26,5 Punkte erzielt. Und du?


Audio Boom

Telegram goes Clubhouse

  • Telegram erlaubt Live-Gespräche ohne Teilnehmerbegrenzung.
  • Inhaber und Gruppenadmins können die Sprachchats aufzeichnen und später veröffentlichen.
  • Analog zu Clubhouse können stummgeschaltete Userïnnen die Hand heben, um zu sprechen.
  • Admins können direkt Einladungslinks versenden, dabei ist zwischen Links für Sprecherïnnen und Zuhörerïnnen zu unterscheiden. So muss Sprecherïnnen nicht erst die Erlaubnis erteilt werden, sprechen zu dürfen.
  • Telegram bietet die Möglichkeit, einem Gespräch mit dem persönlichen Konto oder als eigenständiger Kanal beizutreten.

Twitter: Eigenes Tab für Spaces

  • Laut Reverse-Engineering-Profi Jane Manchun Wong tüffelt Twitter an einem eigenen Tab für TwitterSpaces.
  • Sieht ganz danach aus, dass Twitter es wirklich ernst meint mit seinen Ambitionen, Clubhouse ordentlich Konkurrenz zu machen.

Social Media und Journalismus

TikTok-Fund für Publisher

  • Der Creative Learning Fund kommt mit neuem Namen zurück – dem Instructive Accelerator Program (Digiday). Das Programm ist an Publisher gerichtet, die von TikTok dafür bezahlt werden, lehrreiche und informative Videos zu produzieren. Dabei stehen vor allem die Themen psychische Gesundheit, Sport, Mode, Videobearbeitung und Musik im Fokus.
  • Die Anzahl der Teilnehmerïnnen wird zunächst auf 25 beschränkt. In der Planung steht aber, das Angebot um Themen wie Wissenschaft, Bildung und DIY auszubauen.
  • Welchen Betrag TikTok den Creatorïnnen zahlt, ist bislang nicht bekannt. Im letzten Jahr wurde einzelnen Creatorïnnen 50.000 $ ausbezahlt, um 35 Beiträge über einen Zeitraum von sieben Wochen zu veröffentlichen.
  • Das diesjährige Programm umfasst vier achtwöchige Zyklen, in denen die Publisher viermal pro Woche Videos bringen müssen.
  • Partner, die den Anforderungen von TikTok nicht genügen, können durch einen anderen Partner ersetzt werden. TikTok berücksichtigt bei der Auswahl der Bewerber nicht nur den Auftritt auf der eigenen Plattform, sondern zieht auch die Präsenz auf Instragram, YouTube und Facebook in Betracht.

Neue Features bei den Plattformen

YouTube

  • Echtzeit Counter für YouTube-Abos: YouTube fügt einen Live-Counter für Abos in die Channel Analytics ein. Bisher waren die annäherungsbasierten Informationen nur über Drittanbieter möglich. Der Abozuwachs wird nun grafisch in einem Diagramm dargestellt. Dabei lässt sich der Verlauf in unterschiedlichen Zyklen rastern (Woche, Monat, seit Start des Kanals). Bisher gab YouTube noch kein Statement ab, ob die Funktion für alle oder nur für bestimme Kanäle zugänglich ist.

Twitter

  • YouTube Videos direkt in der Twitter App: Seit kurzem ist es möglich, YouTube-Videos direkt in der Twitter App zu schauen (The Next Web). Bislang wurde man umständlich zur YouTube-App weitergeleitet. Vorerst steht die Funktion nur einigen iOS-Benutzerïnnen zur Verfügung. Ob Android-Userïnnen nachrücken werden, ließ Twitter bis jetzt nicht verlauten.

Header-Foto von Kate Oseen bei Unsplash