Facebooks nächstes Minenfeld: Dating
Was ist: Facebook hat nach Tests in insgesamt 19 Ländern sein Feature Facebook Dating nun auch in den USA lanciert. Zudem hat Facebook das Feature deutlich stärker mit Instagram verschränkt als auf der Entwicklerkonferenz f8 im Mai 2018 angekündigt.
Wie Facebook Dating funktioniert:
- Wer über 18 Jahre alt und in einem der ausgewählten Länder zuhause ist, kann sich bei Facebook ein Dating-Profil zulegen. Das Profil ist laut Facebook strikt vom eigentlichen Facebook-Profil getrennt. (Mein Bauch sagt mir, dass wir darüber zu einem späteren Zeitpunkt noch sprechen werden. 👀)
- Die App schlägt dann andere NutzerInnen vor, die sich ebenfalls für Facebook-Dating angemeldet haben. Diese NutzerInnen können auf Wunsch aus dem eigenen Bekanntenkreis stammen, grundsätzlich sollen sie davon aber getrennt sein. (Auch hier gilt: 👀)
- Grundlage für die Personen, die Facebook beim Dating vorschlägt, sind die Interessen und Präferenzen, die Facebook bereits zuvor über die User gesammelt hat. (Genaures weiß man noch nicht – ergo: 👀)
- Anders als etwa bei Tinder ginge es bei Facebook Dating nicht darum, dass sich beide Seiten aktiv matchen müssen. Vielmehr kann sofort auf dem Profil des anderen kommentiert werden.
- What happens in Vegas, stays in Vegas: Facebook verspricht, dass alle Dating-Aktivitäten auf Facebook-Dating bleiben. (Öhm, yes: 👀)
- Im Frühjahr 2020 soll Facebok Dating auch in Europa verfügbar sein.
Einige Key Features:
- Es ist möglich, Instagram-Posts beim Facebook-Dating-Profil zu hinterlegen.
- Facebook- und Instagram-Stories sollen zudem bald ebenfalls in Facebook Dating integriert werden können.
- Mittels „Secret Crush“ lassen sich auch im eigenen Facebook-/ Instagram-Freundeskreis Dates ausfindig machen – allerdings nur, wenn der Secret Crush den jeweiligen Nutzer ebenfalls gesecretcrushed hat. (👀)
- Aus Sicherheitsgründen ist es möglich, Details eines Dates (also nicht digital, sondern in real world) mit Bekannten via Messenger zu teilen. (👀)
- Auf Wunsch kann Facebook die Dating-Profilseite anhand der geteilten Fotos, etc. automatisch erstellen. Alternativ können NutzerInnen die Profilseite aber auch selbst kreieren.
Warum ist das Thema wichtig?
- Mit Tinder, OKCupid und Match gibt es bereits populäre Dating-Apps am Markt. Facebook allerdings hat das Potential mit seinen über 2,4 Milliarden registrierten Nutzern den Markt ordentlich durchzuschütteln – vor allem mit seiner Verbindung zu Instagram, das vielen sowieso schon seit Jahren als Facebooks Dating-Plattform gilt (siehe hier, hier, hier oder hier)
- Facebook hat seit Bestehen immer wieder wegen Datenskandalen auf sich aufmerksam gemacht (z.B. gerade letzte Woche – siehe Briefing #576). Dass Facebook trotz alledem nun eine Dating-App lanciert (read: sehr sensible Daten sammeln könnte) und diese auch noch an verschiedenen Stellen (Stories, Posts, Interessen, Sicherheitsdetails, etc.) mit anderen Apps aus dem eigenen Hause verschränkt, zeigt, wie sehr sie davon überzeugt sind, dass die NutzerInnen all die Diskussionen um Datenschutz, etc. in der Breite nicht wirklich interessieren.
Be smart: Facebook braucht immer wieder neue Features, um die User bei Laune zu halten. Neue Dating-Optionen könnten dabei helfen, dass Facebook gerade auch in der jüngeren Zielgruppe nicht weiter an Bedeutung verliert. Auch – und das ist mindestens genau so wichtig für das Unternehmen – unterstreicht Facebook mit der Verschränkung der eigenen Angebote einmal mehr, dass eine potentielle Zerschlagung durch die Politik eigentlich kaum möglich ist.
Livestreaming ist das neue Teleshopping
Was ist: In China ist Livestreaming im Gegensatz zu Deutschland unglaublich populär. Sage und schreibe 400 Millionen Livestreaming-Viewer zählte das Hongkonger Tech-Portal Abacus in China Ende 2018. Kein Wunder, dass viele Livestreamer daraus Kapital schlagen wollen – wie sie es tun, verwundert dann aber doch.
Professionelle Livestreamer aus China verstehen sich vor allem darauf, ihr Publikum den ganzen Tag zu unterhalten. Über Werbedeals und virtuelle Zuwendungen der Fans sorgen sie für Umsätze. Häufig fließt dieses Geld aber nicht in ihre eigene Tasche, sondern in das Studio, bei dem sie angestellt sind und von dem sie für ihre harte Arbeit entlohnt werden: 10-Stunden-Livestream-Tage sind nicht selten.
Spannenderweise erfreuen sich vor allem Bauern derzeit zunehmender Beliebtheit in der chinesischen Livestream-Welt. Der Clou: Die Farmer bringen ihre Zuschauer nicht nur auf den Geschmack des Landlebens (ein Großteil der Zuschauer stammt aus der Stadt und holt sich via Livestreams seine Portion Land-Romantik ab), sondern fungieren zugleich als moderne Variante des Teleshopppings:
- So bieten sie ihre Produkte (Obst, Gemüse, etc.) z.B. über Shopping-Apps wie Taobao oder Livestreaming-Apps wie Kuaishou an.
- Das geht deshalb, weil sowohl bei der Shopping-App eine Livestream-Funktion integriert ist als auch bei der Livestreaming-App die Option besteht, einen Shop aufzusetzen.
Da ist Bewegung drin:
- Laut Kuaishou bieten in China mehr als eine Million Livestreamer Produkte aus ländlichen Regionen an.
- Alibaba (Chinas Amazon, sort of) will daher bis Ende des Jahres 1000 Farmer zu Livestreamern ausbilden.
Be smart: Während im Westen Shopping- und Social-Media-Apps noch weitesgehend voneinander getrennt sind, sind die beiden Welten in China stark miteinander verflochten. Ein Trend, der ähnlich wie die Allzweckwaffe WeChat, vielen als Vorbild dienen dürfte. Instagram Check-Out und Facebook Marketplace sind garantiert erst der Anfang der neuen digitalen Konsumtempel.
Social Media & Politik
Russland hat den Spieß umgedreht und warnt vor Einflussnahme von Dritten bei Wahlen. Der Grund dafür ist aber auch nicht ganz ohne: Bei den Regionalwahlen haben Facebook und Google trotz Verbot Wahlwerbung auch am Wahltag selbst angezeigt. Die russische Medienaufsicht prüft den Fall. (Handelsblatt)
Neue Untersuchungen: Eine Allianz mehrere US-Bundesstaaten hat kartellrechtliche Untersuchungen gegen Facebook eingeleitet (Tagesschau). Es gilt herauszufinden, ob Facebook Wettbewerb behindert und Nutzerdaten gefährdet hat. Damit sind sie bei weitem nicht die einzigen, gegen die derzeit ermittel wird – die New York Times hat einen tollen Primer zum Thema: How Each Big Tech Company May Be Targeted by Regulators.
Kampf gegen Desinformationen
Deep-Fake-Wettbewerb: Facebook, Microsoft und eine Gruppe von Wissenschaftlern haben einen Wettbewerb ausgelobt, in dem es darum geht, Deep Fakes zu erkennen. Deep Fakes, die die Gruppe selbst gebaut hat wohlgemerkt. (AI / Facebook)
Mehr Impfos: Anti-Impf-Infos bekommen bei Facebook weniger Sichtbarkeit im News Feed – werden also downgeranked. Künftig sollen zudem all jene, die in der Facebook-Suche, in Gruppen, auf Pages oder via Instagram-Hashtags nach Impf-Infos suchen, ein Pop-Up mit offiziellen Informationen angezeigt bekommen (CNN). Und auch wenn Facebook hier etwas late zur Party ist und etwa Pinterest, YouTube und Amazon schon sehr viel länger den Impf-Gegnern das Leben schwer machen: Ich finde diese News angesichts der enormen Verantwortung die Facebook in diesem Bereich trägt sehr erfreulich.
Die Clickbait-Parodie-Page Reductress wurde von Facebook für zu viel Clickbait abgestraft (The Verge). Diese Maschinen sind manchmal einfach zu smart 😂
Follow the money
WeChat Face Pay: WeChat hat auf einer Messe ein Gerät vorgestellt (Pandadaily), mit dem sich künftig in Läden auch via Gesicht zahlen lässt. Also in Kombination mit deinen bei WeChat hinterlegten Kontodaten natürlich. Und wir streiten in Deutschland noch die Zukunft des Bargelds (was ich persönlich nicht so schlecht finde, den großen Unterschied aber so wunderbar anschaulich macht.)
Studien & Statistiken
Die ARD/ZDF-Studie zu Massenkommunikation-Trends 2019 zeigt, dass die zeitlich und örtlich ungebundene Mediennutzung stark zunimmt – vor allem bei den 14- bis 29-Jähringen. In der Gesamtbevölkerung sieht es hingegen noch so aus, wie bei meinen Eltern im Wohnzimmer. Die Key-Facts im Überblick:
- Insgesamt werden 7 Stunden mit Medieninhalten verbracht, bei den unter 30-Jährigen ca. 6 Stunden.
- Die meiste Zeit entfällt auf Videos sehen und Audios hören.
- In der Gesamtbevölkerung dominiert dabei nach wie vor die lineare TV- und Radionutzung: Von 165 Netto-Minuten „Fernsehen“ entfallen 157 auf lineares Programm und lediglich 6 Minuten auf Mediatheken. 🙈
- Bei den 14- bis 29-Jährigen verhält es sich anders: In der jungen Altersgruppe werden nur noch 33 Prozent mit Fernsehen, live zum Ausstrahlungszeitpunkt, verbracht – 67 Prozent entfallen auf die zeitversetzte Nutzung von Fernseh- und Videoinhalten.
- Fernseh- und Radiosendern erwächst zunehmend Konkurrenz durch Streamingdienste wie Netflix, Amazon und Spotify sowie durch Videoportale wie YouTube. Facebook hingegen spielt bei der Nutzung von Video-Inhalten nur eine geringe Rolle.
Studie zu Technostress: Wenn man von der Nutzung von Technologie gestresst ist, spricht man von Technostress, habe ich in dieser Studie der Universität Erlangen-Nürnberg gelernt. Das Perfide an Technostress ist vor allem, dass sich mensch gern ebenfalls mit Technologie von seinem Stress ablenkt. Wenn man also z.B. von Instagram gestresst ist, weil alle ein viel schöneres Leben haben als man selbst, dann greift man gern zu Twitter, um sich abzulenken. In der Regel keine gute Idee, so die Studie – ein Teufelskreis. Bislang dachte ich bei Technostress übrigens immer an den Siegeszug von Minimal. Aber das ist wohl ein anderes Thema.
Neues von den Plattformen
- What to watch: Pünktlich zum Start in die Herbstsaison kündigt Google ein neues Feature für die Google-Suche an. So erhalten NutzerInnen bald Antwort(en) auf die Frage: Was soll ich gucken? (Blog / Google)
Snapchat
- Spotify & Snapchat machen gemeinsame Sache. Fortan können NutzerInnen Musik von Spotify – sowohl einzelne Songs als auch ganze Alben – auch bei Snapchat in einzelnen Nachrichten und/oder in Stories empfehlen. (For the record / Spotify)
Apps, Tricks und Tipps
Snapboard: Alle, die beruflich darauf angewiesen sind, Übersichten aus allen möglichen Quellen zu erstellen, dürften dieses Tool lieben: snapboard.io.
Summarize: Read & Remember: Wer viele Bücher liest, kennt vielleicht den Impuls, die wichtigsten Fakten, die inspirierendsten Sätze, etc. an einem Ort zu sammeln. Ich persönlich nutze dafür seit längerem die App Notion. Jetzt bin ich aber über Summarize gestolpert und werde die App definitiv mal ausprobieren.
One more thing
Twitter ist jetzt auf Instagram – und wie sie es machen, ist einfach nur pures Gold: instagram.com/twitter
Header-Foto von lwzee bei Unsplash