Salut und herzlich Willkommen zur 467. Ausgabe des Social Media Watchblog Briefings. Heute diskutieren wir die Frage, ob wir derzeit einen Peak Screen Time erleben. Zudem schauen wir auf die neuen Optionen bei Facebook, die es ermöglichen, die Werbeanzeigen der Konkurrenz zu studieren. Das und viele weitere Themen – sorgfältig ausgewählt und aufgeschrieben – im heutigen Briefing. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, demnächst dann auch per Voice, Martin & Team

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Peak Screen Time

Was ist: Die letzten Jahre waren davon geprägt, Nutzer so oft und so lange wie möglich vor Screens zu locken – egal ob Fernsehen, Computer, Konsole oder Smartphone. Die New York Times stellt die Frage, ob wir aktuell vielleicht den Höhepunkt dieser Entwicklung erleben.

Warum ist das interessant? In der Debatte um Time Well Spent ging es vor allem auch darum, Nutzer zu einem bewussteren Umgang mit Medien zu bewegen. Notwendig wurde diese Debatte vor allem deshalb, so die Initiatoren, weil die großen Tech-Unternehmen noch sehr viel stärker als traditionelle Medienunternehmen alles daran gesetzt hatten, Nutzer maximal zu triggern: der berühmte Kampf um eyeballs hatte nicht nur Gutes im Sinn.

Was kommt als nächstes? Wir erleben derzeit spannende Diskussionen und sehen Kämpfe um neue Felder, auf denen sich die Tech-Konzerne die Stirn bieten – Amy Webbs Vortrag zeigt die wichtigsten auf. Vor allem Voice scheint tatsächlich bereits in den kommenden Monaten ein wesentlicher Trend zu werden, der vieles von dem, was bislang am Screen geschehen ist, ablöst.

Wofür wird Voice genutzt? Bereits jetzt zeigt sich, dass sich Voice für Internetsuche, Reservierungen, Notizen oder die Steuerung von Anwendungen (Spotify, YouTube, etc…) prima nutzen lässt. Sollte sich der Trend fortsetzen, würden diese und ähnliche Aufgaben womöglich künftig nicht mehr primär via Screen, sondern mehrheitlich via Stimme erledigt. Diese absurd lange Info-Grafik zeigt die Trends in Sachen Voice.

Be prepared: Für Medienschaffende ist der potentielle Trend zu weniger Screen-Time natürlich eine Herausforderung, da noch nicht konkret ersichtlich ist, wie sich etwa eine Internetsuche per Stimme mit Blick auf die Anbieter von Nachrichten oder Werbung darstellen wird. Wer sich aber bereits heute erste Gedanken darüber machen möchte, schaut/hört noch einmal den Vortrag von Amy Webb von der ONA17.

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Welche Ads schaltet die Konkurrenz?

Was ist: Facebook hat ein neues Feature auf Fanpages freigeschaltet, das es ermöglicht, alle aktuellen Werbeanzeigen der jeweiligen Fanpageanzuschauen.

Warum macht Facebook das? Facebook hatte sich im Zuge der Aufarbeitung der US-Wahl 2016 dazu verpflichtet, mehr Transparenz in Sachen Werbeanzeigen zu wagen. Jetzt geht Facebook die ersten Schritte in dieser Angelegenheit.

Was genau kann man erfahren? Auf Facebook Fanpages gibt es jetzt ein Tab „Info & Werbung“. Dort gibt es vorerst nur alle aktuellen Werbeanzeigen der jeweiligen Fanpage zu sehen. Angaben zu Laufzeit, Zielgruppe und Budget werden nicht gemacht – anders als etwa bei den politischen Werbeanzeigen, die dies (wenn auch nur oberflächlich) leisten. Kollege Fanta erklärt drüben bei netzpolitik die shortcomings.

Warum ist das für Medienschaffende interessant? Journalisten können sicherlich spannende Einblicke in die Werbestrategien einzelner Firmen oder Politiker bekommen. Medienprofis können sich anschauen, mit welchen Ads die Konkurrenz auf Facebook unterwegs ist – und wie die „customer journey“ nach dem Klick auf die Werbung gestaltet ist.

Was sagt die Werbeindustrie? Naja, die fanden das zum Teil nicht so prickelnd, dass ihre Werbeanzeigen nun für alle aggregiert auffindbar sind. Aber was will man machen, wenn Sheryl Sandberg das für eine gute Idee hält.

Sheryl Sandberg: To be clear, we didn’t hear a lot of the feedback but we definitely heard some. I think advertisers for the most part stand behind the ads they’re running. You actually can see a lot of your competitor’s ads and it’s more just like you happen to catch them or they happen to be targeted to you. It’s not that these aren’t public facing things in the first place — advertising is always a public facing piece of content you put into the world. I don’t believe we will see a meaningful change in advertiser willingness to engage in our platform. I don’t expect that — we haven’t heard that.

 

Zahl des Tages: Springers Business Insider ist laut Zählung von Digidaymit über 2100 Werbeanzeigen aktuell auf Facebook aktiv – die allermeisten für redaktionelle Beiträge. Und wie viele habt ihr so geschaltet?

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Neues von den Plattformen

Facebook & Instagram

  • Do not disturb / All caught up: Facebook und Instagram lösen ihre „Time Well Spent“-Versprechen ein und lancieren neue Features, die den Nutzer, die nicht in der Lage sind, sich den Hooks der Plattformen zu widersetzen, ein Stück ihrer Würde zurückgeben. Konkret geht um die folgenden zwei Dinge: erstens wird Nutzern, die sich alle Posts der vergangenen 48 Stunden erscrollt haben, künftig ein Hinweis angezeigt, dass sie nun wirklich vorerst alles gesehen hätten. Zweitens gibt es künftig die Option, Notifications entweder manuell oder für bis zu acht Stunden auszuschalten.

Facebook

  • Abhör-Patent: Ein US-Patentantrag gibt allen Verschwörungstheoretikern neues Futter: Der Antrag deutet darauf hin, dass Facebook dich sehr wohl über das Mikro deines Smartphones abhören könnte. Aber keine Sorge: Facebook gibt flankierend zu Protokoll, dass dieses Feature natürlich niemals Anwendung finden wird. Nun ja. Mit dem Vertrauen in Facebook ist das ja so eine Sache. Aber lassen wir das mal kurz außer Acht: die Technik dahinter ist wirklich interessant, schließlich geht es nicht darum, einzelne Personen abzuhören. Vielmehr ermöglicht das Patent zum Beispiel, bestimmte für das menschliche Ohr nicht hörbare Signale zu registrieren, etwa durch eine TV-Werbung ausgelöst, um daraufhin das Smartphone einzuschalten und deine Reaktion auf die Werbung festzuhalten. Spooky.
  • Facebook Bug: Etwa 800.000 Nutzer von Facebook und Messenger sind von einem Bug betroffen, der dafür gesorgt hat, dass Nutzer, die von Dritten blockiert wurden, kurzzeitig nicht mehr blockiert waren. Bleibt zu hoffen, dass dieser Aussetzer keine gravierende Konsequenzen für einzelne Personen gehabt hat: verrückte Stalker, Trolle, Hater gibt es draußen ja leider genug.
  • Vertrauenswürdige Quellen: Facebooks News-Feed-Umbau geht in die zweite Runde. Nach einigen Tests (u.a. in Deutschland, USA und Kanada) wird der News-Feed-Algorithmus künftig Nachrichten von vertrauenswürdigen Quellen bevorzugen – in aller Regel also von überregionalen Angebote, die den meisten Nutzern ein Begriff sind. Was das mit alternativen Medienangeboten, kleineren Publikationen und Blogs macht, gilt es kritisch zu beobachten. Aber auch wie sich grundsätzlich die Reichweite auf Facebook für die deutschen „Publisher“ entwickelt, ist enorm spannend. Falls mir jemand dazu aus dem eigenen Haus berichten möchte, Email, Signal und DM sind unsere Freunde.

Instagram

  • Musik für Stories: Instagram ist echt im Feature-Rausch: Künftig wird es Nutzern ermöglicht, Stories mit Musik aus einer eigens von Instagram bereitgestellten Bibliothek zu hinterlegen. Ist das nicht toll? Chrr. Nun denn. Feature um Feature um Feature bläht Instagram seine App immer weiter auf. Wenn ihnen das nicht mal auf die Füße fällt.

WhatsApp

  • Gruppen-Nachrichten nur durch Admins: In der neuesten Version von WhatsApp kann künftig eingestellt werden, dass nur Gruppen-Admins Nachrichten an die Gruppe verschicken können. Very much anticipated, I would say.

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Lesetipp

Complicating the Narratives: Dieser Artikel hatte in den vergangenen Tagen so viel Buzz, dass ich ihn unmöglich an dieser Stelle auslassen kann. Zu meiner Schande muss ich aber gestehen, dass ich es noch nicht geschafft habe, die 39 Minuten aufzubringen, um diesen Artikel zu lesen. tl;dr werden per Email gern entgegen genommen.