Facebook-Gruppen: Raus aus der Schmuddelecke

Was ist

Facebook hat eine Reihe neuer Features für Facebook-Gruppen angekündigt. Einige sind dafür gedacht, Admins das Leben zu erleichtern. Andere sind dafür da, Gruppen-Nutzerïnnen untereinander ins Gespräch zu bringen. Die entscheidenen Neuerungen dienen aber vor allem Facebook selbst. Das Ziel: Gruppen aus der Schmuddelecke, sich selbst aus der Schusslinie holen.

Warum ist das interessant?

Gruppen sind für Facebook ein zentraler Baustein (CNBC), um weiter relevant zu bleiben. Mit Erfolg: Facebook meldet, dass 1,8 Milliarden Menschen jeden Monat in Facebook-Gruppen aktiv sind. Allein 70 Millionen engagieren sich als Gruppen-Admins.

Facebook-Gruppen sind für viele Userïnnen mittlerweile die bessere Alternative zum News Feed. Die Gründe dafür sind vielfältig. Unstrittig ist, dass Gruppen Facebook vor enorme Herausforderungen stellen: viel zu häufig sind sie Keimzelle von Verschwörungstheoretikern, Faschisten und anderen Unsympathen. Diese Auswahl aktueller Artikel zeigt, wo die Probleme liegen:

Facebook is cracking down on groups that give health advice and promote violence

Facebook has removed more than 6,500 militia groups and pages

Facebook suspends environmental groups despite vow to fight misinformation

Facebook Groups Sent Armed Vigilantes to Kenosha. Your Polling Place Could Be Next.

Facebook says it will crack down on QAnon and militia groups that could 'organize violence' as election day nears

Facebook still hosts boogaloo extremist groups, report finds

Fighting fire with fire

Die von Facebook vorgestellten Features sollen dabei helfen, die Probleme in den Griff zu kriegen. Das sagen sie so zwar nicht. Das hören wir aber so raus. Der Plan: Userïnnen mit neuen Perspektiven aus anderen Gruppen konfrontieren und Gruppen wieder salonfähig machen. Zitat:

Public groups are open communities for people to share content related to trends, hobbies and humor. They bring together people with common interests, but they can also introduce people to diverse perspectives on the topics they’re into from others with different backgrounds and experiences. To help more people find and connect with communities, we’re going to start testing new ways for people to discover conversations in Public groups on and off Facebook.

Drei Dinge will Facebook bei Gruppen grundsätzlich verändern

  1. Facebook wird Nutzerïnnen zu Themen, für die sie sich interessieren, ähnliche Diskussionen aus anderen öffentlichen Gruppen in den News Feed einspeisen. Dadurch könnten sie tiefer in ein Thema einsteigen und sehen, was andere zu sagen haben, so Facebook.
  2. Im Gruppen-Tab werden Inhalte von anderen öffentlichen Gruppen angezeigt – etwa die populärsten Posts.
  3. Facebook wird Beiträge und Diskussionen aus öffentlichen Gruppen für Suchmaschinen auffindbar machen.

Die drei Vorhaben zielen in unseren Augen vor allem darauf ab, Menschen aus ihren (häufig auch) selbstgewählten Echokammern zu befreien, die sprichwörtlichen Filterblasen zum Platzen zu bringen. Ob das gelingt, muss der Alltag zeigen. Vorerst handelt es sich bei diesen Neuerungen nur um Tests, die in den kommenden Monaten Stück für Stück ausgerollt werden. Bemerkenswert sind diese drei Ankündigungen in jedem Fall.

Neue Features zur Verwaltung von Gruppen

  • Admin Assist soll Administratoren helfen, Beiträge besser zu moderieren, indem Beiträge, die bestimmte Schlüsselwörter verwenden, automatisch abgelehnt werden.
  • New Topics: Admins können Inhalte jetzt über Hashtags organisieren und oben in einer Gruppen pinnen. So sehen neue Gruppenmitglieder direkt, um welche Themen es in der Gruppe schwerpunktmäßig geht.
  • Branded Content für öffentliche Gruppen: Facebooks Brand Collabs Manager kann jetzt auch von Gruppen-Admininstratoren genutzt werden, um passende Werbepartner zu finden. Bislang war der Manager nur zur Vernetzung mit Influencern gedacht. Jetzt könnten Gruppen ebenfalls zu einer Form Influencer werden.
  • Community Management Certification: Besonders gewiefte Gruppen-Admins können sich ihre Fähigkeiten jetzt über ein von Facebook ausgestelltes Zertifikat bestätigen lassen – natürlich erst nach bestandenem Test.

Neue Features zum Unterhalten von Gruppen

  • Neue Chats: Echtzeit-Gespräche innerhalb einer Gruppe.
  • Neue Prompts: Um Unterhaltungen in Gang zu bringen, können Nutzerïnnen jetzt kollaborative Postings nutzen.
  • Q&A im AMA-Stil: Admins können künftig textbasierte Q&A-Sitzungen veranstalten, an denen sich die Gruppe beteiligen kann.
  • Anpassen des Profilfotos: Nutzerïnnen können jetzt ihr Profil der Gruppe anpassen, indem sie ein benutzerdefiniertes Profilfoto einstellen und Informationen freigeben, die für die jeweilige Community relevant sind.

Be smart

Facebook sieht sich seit Jahren dem Vorwurf ausgesetzt, als Verstärker für Hass, Spaltung und Gewalt zu fungieren. Das Unternehmen wird für die Entstehung von Filterblasen und Echokammern verantwortlich gemacht. Joe Biden nennt Facebook „the nation’s foremost propagator of disinformation“. Dass Facebook nun einige Wochen vor der Wahl ankündigt, Menschen künftig neue Perspektiven aufzeigen zu wollen, ist ein interessanter plot twist. Hoffen wir, dass es dann nicht bereits zu spät ist.


Facebooks Messenger-Pläne

Was ist:

Seit Januar 2019 ist bekannt (Briefing 519), dass Facebook plant, die hauseigenen Messaging-Apps (Instagram Direct, WhatsApp und Messenger) miteinander zu verzahnen. Jetzt hat Facebook die erste Hürde genommen und die Integration des Facebook Messenger mit Instagram abgeschlossen.

Warum ist das interessant?

  • Messaging is huge! Jeden Tag werden über 100 Milliarden Nachrichten via Facebook Messenger, WhatsApp und Instagram Direct verschickt.
  • Menschen verbringen zunehmend mehr Zeit in Gruppen und Messaging-Apps. Der Rückzug ins Private ist real (siehe Foresight-Studie des BMBF, PDF).

Warum macht Facebook das?

  • Das vordergründige Ziel besteht darin, den Nutzeriïnnen die Kommunikation zu vereinfachen. Bislang waren Facebooks Messaging-Apps strikt voneinander getrennt, das Verschicken einer Nachricht von Instagram Direct zu Facebook Messenger bisher unmöglich.
  • Das zweite Ziel besteht darin, Facebook weitere Marktanteile im Segment Messaging-Apps zu verschaffen. Zwar hat Facebook mit WhatsApp und Facebook Messenger bereits die mit Abstand populärsten Messaging-Apps der Welt (Statista). Laut Instagrams CEO Adam Mosseri ist aber in den USA Apples iMessage der am meisten genutzte Messenger. Wohl vor allem auch deshalb, weil iMessage auf iPhones vorinstalliert und der Default-Messenger ist. Wogegen sich Facebook derzeit übrigens zur Wehr setzt (The Information).
  • Drittens beseitigt Facebook mit der Integration Doppel, bzw. Dreifachstrukturen. Warum sollten die drei Messaging-Apps auf unterschiedlichen technischen und organisatorischen Einheiten basieren? Instagram z.B. kann jetzt von Features profitieren, die bei Messenger längst implementiert sind.
  • Viertens wird Facebook nachgesagt, dass sie mit der Verzahnung der Messaging-Apps einer möglichen Zerschlagung entgegenwirken wollen. Die durchaus plausible Erzählung geht so: Bis die Politik soweit ist, die Abspaltung Instagrams und / oder WhatsApps einzufordern, könnten die Apps "unter der Motorhaube" so stark verzahnt sein, dass eine Trennung technisch äußerst schwierig wäre.

Wie die Integration funktioniert

  • Nachrichten und Anrufe von Freunden und Familie, die Instagram verwenden, bleiben in der Instagram-App.
  • Die Neuerung besteht darin, dass Personen, die die Messenger-App benutzen, Freunde und Bekannte jetzt auch über Instagram erreichen können, ohne dass eine neue App heruntergeladen werden muss. Umgekehrt funktioniert das natürlich auch.
  • Nutzerïnnen können in neuen Privatsphäre-Einstellungen festlegen, wo sie Nachrichten und Anrufe erhalten, etwa in Chats, in Nachrichtenanfragen oder gar nicht.
  • Zahlreiche Features, die bereits von Messenger bekannt sind, sind jetzt auch bei Instagram Direct verfügbar: Watch together, Vanish Mode, Selfie Sticker, Chat Colors…
  • Die angekündigte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wurde hingegen noch nicht umgesetzt 👎

Be smart

Instagram Direct wird bislang vor allem viel von Kids genutzt. Durch die Verzahnung mit Messenger und perspektisch auch mit WhatsApp schlägt Facebook nicht nur Apple ein Schnippchen sondern vor allem Facebooks anderem großen Konkurrenten: Snapchat. Aber vielleicht ist das am Ende auch gar kein Thema und Team Weißes Gespenst ist eh ganz froh, wenn es unter sich bleiben kann. Garantiert ein Thema wird hingegen die Frage, ob Facebook zerschlagen werden soll oder nicht: das Thema läuft im Wahlkampf gerade heiß (WSJ).

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Social Media & Politik


Video Boom

  • Mehr Auswahl bei Facebook Watch: Durch neue Deals mit Sony Pictures Entertainment, Warner Bros. und Lionsgate können Messenger-Nutzerïnnen künftig noch mehr Filme und Serien – etwa Reservoir Dogs, Karate Kid, Dawson’s Creek, Community oder The Blair Witch Project – via Watch Party gucken. Ähm, nun ja.
  • TikTok-Partnerschaft mit Ligue 1: Waren es in der letzten Ausgabe nur einzelne Fußballvereine, mit denen TikTok eine Partnerschaft eingegangen ist, haben sie diesmal direkt eine ganze Liga schanghait (WERSM).

Schon einmal im Briefing davon gehört

  • Mit der Hand bezahlen: Amazon hat ein genauso besorgniserregendes wie spannendes neues Feature gelauncht: Amazon One ermöglicht es, beim Einkaufen mit der Handfläche zu bezahlen (VOX). Wir sind gespannt, wie sich das entwickelt.

Neue Features bei den Plattformen

Reddit

  • Reddit x NewsWhip: Das Tool Spike aus dem Hause NewsWhip ermöglicht es, Trends und Themen auf Facebook, Twitter, Instagram und YouTube im Blick zu behalten. Jetzt wird das Werkzeug um Reddit erweitert.

Twitch


One more thing


Header-Foto von Clay Banks bei Unsplash