Was ist

In den USA laufen aktuell sechs Kartellverfahren gegen große Tech-Konzerne:

  • DOJ vs. Google: Monopolvorwürfe bei Websuche
  • DOJ vs. Google: Monopolvorwürfe im Online-Werbemarkt
  • FTC vs. Meta: Übernahmen von Instagram und WhatsApp
  • DOJ vs. Apple: Monopolvorwürfe im iPhone-Ökosystem
  • FTC vs. Amazon: Monopolvorwürfe im E-Commerce
  • FTC vs. Microsoft: Übernahme von Activision Blizzard

Wir fokussieren uns auf die ersten drei Verfahren, also zweimal Google und einmal Meta. Dort gibt es jeweils wichtige aktuelle Entwicklungen. Die weiteren Verfahren landen frühestens im Sommer (Microsoft) oder kommendes Jahr vor Gericht.

Mit diesem Newsletter möchten wir dir einen Überblick geben, der dir hilft, die teils komplexen Verfahren zu verstehen. Deshalb gehen wir nicht auf die juristischen Details ein, sondern erklären kompakt, wer warum gegen wen klagt und was dabei auf dem Spiel steht.

In den USA laufen Strafprozesse und Kartellverfahren in zwei Phasen ab. Zunächst entscheidet ein Gericht, ob die beschuldigte Person oder das angeklagte Unternehmen schuldig ist. Im Fall eines Freispruchs endet das Verfahren. Falls die Richterin oder die Geschworenen auf schuldig plädieren, folgt die zweite Phase, in der das Strafmaß bestimmt wird.

Über die beiden Klagen gegen Google wurde bereits im Grundsatz entschieden:

  • Im vergangenen August urteilte der Richter Amit Mehta, dass Google seine Suchmonopol-Position rechtswidrig aufrechterhielt. Gestern begann die zweite Phase.
  • Am vergangenen Donnerstag entschied die Richterin Leonie Brinkema, Google nutze sein Monopol über Teile des digitalen Werbemarktes illegal aus. Der Prozess wird im Laufe des Jahres fortgesetzt.

Dagegen wurde das Verfahren gegen Meta Anfang vergangener Woche erstmalig verhandelt. Dort geht es zunächst um die Frage: schuldig oder nicht? Über das Strafmaß würde erst danach entschieden.

Warum das wichtig ist

In allen drei Fällen fordern die US-Handelsbehörde oder das Justizministerium drastische Maßnahmen, die bis zur Zerschlagung reichen. Das hätte massive Auswirkungen auf das Machtverhältnis im Netz und wäre historisch: Seit mehr als 40 Jahren wurde in den USA kein Tech-Konzern mehr zerschlagen, damals traf es AT&T.

Die komplette Aufspaltung von Meta ist eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Für Google geht es um alles, besonders der Werbe-Prozess könnte mit einer Entflechtung enden. Auch wenn die Richterïnnen hinter den Maximalforderungen der Kläger zurückblieben, könnten die möglichen Sanktionen die Konzerne empfindlich treffen.

Neben den potenziell weitreichenden Auswirkungen sind die Verfahren aus einem weiteren Grund bemerkenswert: Ihre Existenz zeigt, dass die Unterwerfung des Silicon Valleys vor Donald Trump nur begrenzte Wirkung hatte (The Verge). Insbesondere Mark Zuckerberg hat seit Monaten alles dafür getan, den US-Präsidenten zu besänftigen, der ihn noch im vergangenen Jahr ins Gefängnis werfen wollte.

Der Meta-Chef biederte sich sprachlich und inhaltlich bei Trump an, sprach von angeblicher "Zensur" auf Druck der Demokraten und will gemeinsam mit der US-Regierung gegen Regulierung in der EU vorgehen. Kürzlich überzeugte Meta Trump mit 25 Millionen Dollar, die Klage gegen die Sperrung seines Accounts einzustellen. Anfang April besuchte Zuckerberg den Präsidenten im Weißen Haus und versuchte, ihn persönlich zu überzeugen, das Verfahren der FTC zu stoppen.

Das hatte bislang nicht den gewünschten Erfolg. Obwohl Trump kürzlich die beiden demokratischen Kommissionsmitglieder der FTC feuerte und seinen Vertrauten Andrew Ferguson zum Vorsitzenden ernannte, wurde das Verfahren gegen Meta planmäßig eröffnet. Bis zuletzt hatte es Gerüchte gegeben, dass Trump intervenieren könnte.

Natürlich kann Trump trotzdem noch Einfluss nehmen und den neuen FTC-Chef Ferguson öffentlich oder intern unter Druck setzen. Der hat bereits durchblicken lassen, dass er einer Anordnung von Trump folgen würde. Zuckerberg dürfte das gefallen haben – doch allein der Start des Verfahrens ist eine Niederlage für Meta.

FTC vs. Meta

Darum geht es:  Die US-Handelsbehörde FTC wirft Meta vor, Instagram und WhatsApp gekauft zu haben, um widerrechtlich die eigene Monopolstellung zu stärken (PDF). Facebook, wie das Unternehmen damals noch hieß, zahlte 2012 rund eine Milliarde Dollar für Instagram und zwei Jahre später das Zwanzigfache für WhatsApp. Ohne die Zukäufe wäre Zuckerberg heute nicht der Alleinherrscher über einen Großteil der globalen Kommunikationsinfrastruktur, sondern lediglich der Chef eines alternden und kulturell weitgehend irrelevanten Netzwerks.

Das fordert die FTC: An Dutzenden Verhandlungstagen wird die Behörde in den kommenden Monaten versuchen, den Richter James Boasberg davon zu überzeugen, dass Meta Instagram und WhatsApp verkaufen muss. Die FTC argumentiert, Meta dominiere seit Langem den Markt für "persönliche soziale Netzwerkdienste in den USA". Als Konkurrenten sieht die Klage lediglich Snapchat und das weitgehend irrelevante MeWe. 2012 habe Facebook Konkurrenz durch Start-ups befürchtet und Instagram in erster Linie deshalb gekauft, um die eigene Stellung zu festigen. Diese illegale Motivation werde etwa durch Zuckerbergs E-Mails ersichtlich (TechCrunch).

Das sagt Meta: Meta hält das für absurd. "Die Beweise im Prozess werden zeigen, was jeder 17-Jährige auf der Welt weiß", sagt ein Sprecher. "Instagram, Facebook und WhatsApp konkurrieren mit TikTok, YouTube, X, iMessage und vielen anderen Apps." Zudem habe die FTC die Übernahmen vor mehr als zehn Jahren geprüft und genehmigt. Regulierungsbehörden sollten amerikanische Innovation unterstützen, statt zu versuchen, "einen großartigen US-Konzern zu zerschlagen und China einen weiteren Vorteil zu verschaffen". Metas Chefjuristin Jennifer Newstead schürt in einem Blogeintrag ebenfalls Angst vor China und appelliert an den amerikanischen Patriotismus.

So läuft das Verfahren ab: Das Kartellverfahren begann während der ersten Amtszeit von Donald Trump, die Klage wies Boasberg jedoch ab. Unter Joe Biden startete die FTC einen zweiten Anlauf und präsentierte zusätzliche Argumente, die belegen sollen, dass Meta sein Monopol missbraucht. In seltener Einigkeit treiben Demokraten und Republikaner die Klage voran. Boasberg wird parteiübergreifend geschätzt und bewies kürzlich, dass er sich nicht von Trump einschüchtern lässt. Der Richter untersagte Abschiebeflüge nach El Salvador, der Präsident nannte ihn daraufhin einen "linksradikalen Irren". Diese Unabhängigkeit könnte im Laufe des Verfahrens noch wichtig werden, falls Trump sich einmischt.

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