Social Media & Politik

1/ Don’t call it fake news

Die russische Invasion lebt von einer Desinformationskampagne sondergleichen. Die Erzählung, die Ukraine müsse entnazifiziert werden (Tagesschau), wurde über Jahre gezielt aufgebaut. Es ist daher – bei all dem Wahnsinn – gut zu sehen, dass die deutsche Politik in weiten Teilen den Begriff #fakenews meidet und stattdessen den schärferen Begriff Desinformation verwendet. Hier noch einmal die Unterscheidung zwischen Des-, Fehl- und Malinformation.

  • Desinformation (Englisch: Disinformation): Falsche Informationen, die mit der Absicht in Umlauf gebracht, Menschen zu täuschen oder Schaden anzurichten. Dazu zählen etwa erfundene Inhalte (Lügen, Gerüchte), aus dem Kontext gerissene Inhalte (verkürzte Zitate, fehlerhafte Statistiken) und manipulierte Inhalte (Photoshop-Fakes, Deepfakes).
  • Fehlinformation (Englisch: Misinformation): Falsche Informationen, die unabsichtlich und ohne Täuschungsabsicht verbreitet werden. Darunter verstehen wir unter anderem journalistische Fehler, falsche Interpretationen und teils auch reißerische Überschriften oder Satire, falls diese bei den Rezipientïnnen ein falsches Bild erzeugen.
  • Malinformation: Zutreffende Informationen, die gezielt veröffentlicht werden, um Schaden anzurichten. Beispiele sind Leaks, Doxing (das Zusammentragen und Veröffentlichen persönlicher Daten gegen den Willen der Betroffenen), Revenge Porn und dekontextualisierte Fotos oder Fakten, die Hass oder Angst schüren sollen.

Hier findest du eine Grafik, um diese Unterscheidung Kollegïnnen an die Hand zu geben. Wer tiefer in das Thema einsteigen möchte, findet in Ausgabe #742 unseren Deep Dive dazu.

2/ So kannst du deine Online-Identität schützen

Egal ob Journalist, Aktivist, Politiker oder Bürger – alle, die unmittelbar mit dem Ukraine-Konflikt zu tun haben, sind derzeit gut beraten, ihre Online-Identität vor Dritten zu schützen. Es gibt dafür einige sinnvolle Tools und Kits, die wir an dieser Stelle teilen möchten:

3/ Die Rolle von TikTok beim Kampf um Bilder

Viele von euch haben bestimmt in den letzten Tagen TikTok-Videos in den Nachrichten gesehen. Das hat es so bislang eher noch nicht gegeben. Wir werden uns diesem Thema in der kommenden Woche sicherlich noch einmal ausführlicher annehmen. Kollege Bösch bietet in seinem Newsletter einen ersten guten Überblick zur Rolle von TikTok in diesem Krieg. Wer sich selbst ein Bild vom Kampf um Bilder rund um die russische Invasion auf TikTok machen möchte, sollte diesen Reportern, Accounts und Hashtags folgen:

Weitere Schlagzeilen an der Schnittstelle Social Media & Politik

  • Big Tech und russische Propaganda: Es gibt bereits die ersten Rufe (techpolicy), Big Tech möge nicht länger als Katalysator für russische Propaganda dienen. Protocol hat zum Thema einen Überblicksartikel publiziert. T-Online berichtet, dass Anonymous lieber die Dinge selbst in die Hand nimmt und RT attackiert hat.
  • Trumps Truth Social startet mit Schwierigkeiten: Donald Trumps Social-Media-Angebot Truth Social hat einen ziemlich holprigen Start hingelegt (Washington Post). Technische Fehler hatten es einigen Nutzerïnnen erschwert, Konten zu erstellen. Zudem wurden einige Accounts anscheinend in ihrer Redefreiheit beschnitten, weil sie sich über den CEO der Plattform lustig machten. Ironie off.

Creator Economy

Meta beteiligt Creator testweise an Werbeeinnahmen von Reels

Damit Meta nicht von TikTok abgehängt wird, muss das hauseigene Kurz-Video-Angebot Reels ein Erfolg werden. Ein Erfolg wird es aber nur dann, wenn genügend Nutzerïnnen spannende Dinge mit Reels anstellen. Allen voran sollen Creator davon überzeugt werden, dass Reels das richtige Format für sie ist. Um diesem Plan mehr Nachdruck zu verleihen, gibt es Reels jetzt weltweit. Zudem testet (Meta Newsroom) Facebook die Option, Creator an den Werbeeinnahmen, die mit Reels erzielt werden, zu beteiligen. Diese Vorgehensweise ist bereits von YouTube bekannt. TikTok hingegen beteiligt Creator bislang nicht an Werbeeinnahmen. Zunächst ist der Test auf Creator in USA, Kanada und Mexiko begrenzt. In den kommenden Wochen wird der Test auf weitere Länder ausgeweitet.

  • Creator können auf zwei Arten mit Reels Geld verdienen: Einerseits mit Bannerwerbung am unteren Rand des Videos. Andererseits mit Stickerwerbung, also einem statischen Bild, das an beliebiger Stelle auf einem Reel platziert werden kann.
  • Creator behalten 55 % der Werbeeinnahmen, während Meta die restlichen 45 % einstreicht.

Wichtig: Der Test ist zunächst auf Reels bei Facebook beschränkt. Creator, die bei Instagram Reels nutzen, müssen sich demnach noch gedulden. Ob das so schlau ist, um im Wettbewerb mit TikTok zu bestehen? Mmmmmmh.

Weitere Schlagzeilen aus der Rubrik „Creator Economy“

  • Twitch will Streamer zuverlässiger bezahlen: Mit einem sogenannten Ad Incentive Program wird Twitch Streamern künftig einen garantierten Mindestbetrag an Werbeeinnahmen pro Monat (The Verge) zahlen. Das klingt doch erst einmal ganz spannend. Mal sehen, wie sich das in der Realität darstellt.

Audio / Video

  • LinkedIn startet Podcast Netzwerk: Weil bei LinkedIn definitiv noch nicht genug über die Arbeit gesprochen wird, startet die Microsoft-Tochter nun ein eigenes Podcast-Angebot. Zu den ersten Shows gehören unter anderen: Brown Table Talk von Dee C. Marshall & Mita Mallick, Rethink Moments von Rachel Botsman und Big Technology von Alex Kantrowitz. Die Shows werden bei Megaphone gehostet und sind zum einen direkt bei LinkedIn, zum anderen bei Apple Podcasts und Spotify abrufbar. Wer in das Thema tiefer einsteigen möchte: Business Insider hat mit LinkedIns Head of Content gesprochen.
  • Spotify startet „Bookcasts“: Spotify möchte nicht nur in Sachen Podcasts ganz vorne mit dabei sein. Auch Hörbücher scheinen künftig eine sehr viel wichtigere Rolle bei der Plattform einzunehmen. Um diese Ambitionen zu unterstreichen, startet Spotify ein neues Format mit dem Namen Bookcast (Engadget) – ein Hybrid aus Hörbuch, Musik und Audio.

AR / VR / AI / WEB3 / Metaverse

  • Meta arbeitet an Übersetzungstools: Damit sich die Menschen in Metas Metaverse besser miteinander unterhalten können, arbeitet das Unternehmen derzeit an neuen universellen Text- und Sprachübersetzungstools für über 100 Sprachen. Das Ding soll dann in Echtzeit funktionieren (Heise).
  • Metas VR-Plattform Horizon verzeichnet 300.000 Nutzerïnnen: Das ist zwar eine Verzehnfachung in nur drei Monaten (The Verge). Gleichzeitig sind es bislang eben auch nur 300.000 Menschen. Ist der ganze Buzz also überhaupt gerechtfertigt?
  • Vertrauen in AI-Gesichter: Eine Studie hat ergeben, dass Menschen synthetische Gesichter als vertrauenswürdiger einstufen als echte Menschen. Weniger als die Hälfte hat überhaupt erkannt, welche Gesichter echt sind. (singularityhub)
  • YouTube sucht einen Web3-Chefstrategen: Auch YouTube möchte irgendwas mit dem Metaverse machen. Daher sucht das Unternehmen jetzt einen Web3-Enthusiasten.

Neue Features bei den Plattformen

Instagram

  • Weniger Limitierung: Wenn du schon länger unser Briefing liest, dann wirst du dich an die Diskussionen rund um das Thema „Time Well Spent“ erinnern. Tristan Harris und Kollegen hatten vor ein paar Jahren eine Debatte darüber in Gang gebracht, wie Instagram und Co ihre Nutzerïnnen dazu verführen, immer mehr Zeit auf den Plattformen zu verbringen. Als diese Diskussion die Politik erreichte, gelobten Zuckerberg und Co Besserung, ja sie führten sogar die Möglichkeit ein, tägliche Nutzungslimits festzulegen. Genau diese Limits hat Instagram jetzt angehoben (Techcrunch). Still und heimlich. Well, da hat wohl einer kalte Füße bekommen (Techcrunch).

TikTok

  • 5-Minuten-Videos: TikTok ermöglicht Nutzerïnnen nun offiziell den Upload von Videos mit einer Gesamtlänge von 5 Minuten (@stokel). Bislang hatte das Unternehmen die Option nur getestet. Schon strange, wie sich die Plattformen immer weiter annähern. YouTube und Co führen Kurzvideos ein, TikTok wird immer länger. Am Ende geht es allen nur darum, dem guten alten Fernsehgeschäft die Werbegelder abzuziehen. Mehr dazu die Tage noch einmal.
  • Credits geben: Auf TikTok gehen immer mal wieder Tanz-Choreos und Challenges viral, ohne dabei diejenigen zu nennen, die sich das ursprünglich ausgedacht hatten. The Renegade Dance ist sicherlich mit das prominenteste Beispiel (New York Times). TikTok hat dies nun als Problem identifiziert und ein paar Vorschläge veröffentlicht: So sollen Nutzerïnnen in ihrer Caption mittels “inspired by” oder “ib,” bzw. “dance credit” oder “dc” doch bitte nennen, wer sie inspiriert hat. Ähh, nun ja.

Facebook

  • Reels können jetzt bis zu einer Minute lang sein. Zudem gibt es jetzt auch die Option, ein Reel aus einer Story zu machen. Ferner arbeitet Meta an neuen Werkzeugen, damit Reels auch aus Live-Videos und längeren Videos erstellt werden können. Alle Infos hier in Metas Newsroom.

YouTube

  • Mehr Stats bei Shorts: Beim YouTube-Kanal Creator Insider kündigt das Unternehmen neue Statistiken für Musikschaffende an. Künftig können sie auf ihrem YouTube-Dashboard sehen, wie beliebt ihre Songs bei Shorts-Nutzerïnnen sind.
  • TikTok-Style Live-Ring: Wenn Nutzerïnnen bei TikTok live gehen, dann haben sie einen Kreis um ihr Profilbild. Künftig gibt es diesen Ring auch bei YouTube (The Verge).

Header-Foto von Steven Kamener