Salut und herzlich Willkommen zur 573. Ausgabe des Social-Media-Watchblog-Briefings. Heute staunen wir darüber, dass mittlerweile jede zweite Google-Suche zu keinem Klick mehr führt. Ferner beschäftigen wir uns mit TikToks Algorithmus (und all den Gerüchten darum). Zudem schauen wir auf Facebooks und YouTubes Pläne, eine Abo-Optionen für Video-Inhalte einzuführen, um im Wettbewerb mit Disney+ und Netflix nicht ins Hintertreffen zu geraten. Wir bedanken uns für das Interesse und senden herzliche Grüße aus Bonn, Berlin und Göttingen, Martin & Team
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Wenn Google die Antwort selbst liefert
Was ist: Jede zweite Google-Suche führt zu keinem Klick mehr. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von SparkToro, einer Agentur, die an der Schnittstelle von Software und Marketing arbeitet.
Warum ist das interesant? Google bietet Suchenden mitterweile auf eine Vielzahl an Fragen direkt Antworten. Das passiert etwa per „knowledge panels“, „instant answers“ oder „carousel results“. So erhalten Menschen direkt bei Google Infos, ohne dass sie sich auf Websites weiterklicken müssen. Bei der Suche nach der Wettervorhersage oder bei Lyrics dürfte das jedem schon einmal begegnet sein.
Be smart: Was für den Nutzer äußerst komfortabel ist, ist natürlich für alle, die auf Website-Traffic via Google setzen, eine bedenkliche Entwicklung. Wenn das Unternehmen so gut darin wird, die Antworten von dritten Websites zu scrapen, um sie dann selbst aufzubereiten, können die Unternehmen, die die Info eigentlich auf ihrer Website zur Verfügung stellen, ihre Arbeit nicht mehr finanzieren. Klingt nach dem Streit ums Leistungsschutzrecht? Stimmt. Allerdings mit dem Unterschied, dass bei einer Vielzahl der Infos, die hier aufbereitet werden, weder ein Werbeeffekt für die originäre Seite, noch auch nur ansatzweise nennenswerter Traffic entsteht. Warum sollte ich etwa jemals wieder bei Genius vorbeischauen, wenn Google die Lyrics direkt raushaut?
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„Der“ TikTok-Algorithmus
Was ist: Erst war es der Facebook-Algorithmus. Dann haben sich Nutzer über Instagrams Algorithmus den Kopf zerbrochen. Jetzt kursieren über TikToks Algorithmus die wildesten Gerüchte (Vice).
So versehen Nutzer ihre Videos derzeit etwa mit den Hashtags #fyp, #foryou oder #foryoupage, um vom Algorithmus berücksichtigt zu werden – was ungefähr genau so hilfreich sein dürfte, wie das Teilen von Tafeln, auf denen vermerkt wird, dass man den neuen Facebook-Richtlinien widerspricht ¯\_(ツ)_/¯
Warum ist das interessant?
- Wer TikTok öffnet, landet im sogenannten „For You“-Feed. Dieser Strom an Videos wird automatisch mit Inhalten befüllt. Der Feed besteht dabei sowohl aus Inhalten von Accounts, denen man folgt, als auch aus solchen, denen man nicht folgt.
- Es ist genau dieser Mix aus Inhalten, der dafür sorgt, dass die App bei so vielen (jungen) Menschen so schnell so populär geworden ist.
- Videos, die im Feed landen, können schnell Hundertttausende Views / Likes erzielen.
- Wie der Algorithmus funktioniert, der die Videos für den Feed aussucht, ist bislang aber nirgends transparent kommuniziert worden. Und wird es womöglich auch nie.
Ich hatte TikTok dazu befragt: „Content-Creator erklären, dass sie aus den ihnen zur Verfügung gestellten Zahlen, keine Strategie ableiten können – manchmal ergattern Videos Abertausende Views, manchmal überhaupt nicht. Woran kann das liegen?“
Die Antwort fiel sehr vage aus:
„TikTok wird von den Inhalten angetrieben, die seine Community erstellt und teilt. Die Ansichten einzelner Videos hängen daher stark davon ab, wie gut der jeweilige Inhalt von TikTok-Nutzern wahrgenommen wird. Dies ermöglicht es jedem und jeder auf TikTok, Creator von Inhalten zu sein und diese zu teilen und zu präsentieren.“
Be smart: Bislang musste noch jedes Unternehmen ein Stück weit offenbaren, wie der Algorithmus funktioniert. Das war bei Facebook so. Und bei Instagram letztlich auch. Das liegt einerseits daran, dass die jeweilige Plattform die Kreativen nicht vergraulen möchte und ihnen ein Stück weit mehr „Planungssicherheit“ geben möchte. Andererseits werden die Rufe aus der Politik immer lauter, die Verteilungsmechanismen deutlicher zu erklären – nicht zuletzt aus Angst vor „Fake News“ und der Popularität von Inhalten aus dem extrem rechten Lager. Somit könnte sich auch TikTok irgendwann gezwungen sehen, mehr Transparenz zu wagen.
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Kampf gegen Desinformation
Satire? Welche Satire?: Klar, du erkennst sofort, wenn es sich um Satire handelt. Das Problem ist bloß: viel zu viele Menschen erkennen auch bei den beklopptesten Stories nicht, dass es sich dabei um Satire handelt: Too many people think satirical news is real (The Conversation)
Fact Checking bei Instagram: Künftig gibt es auch bei Instagram Faktenchecks. Dafür wird die Meldefunktion erweitert. Künftig kann ein Post mit “Gefällt mir einfach nicht", "Hate Speech", "Falschinformation“, "Mobbing" und „Selbstverletzung" geflaggt werden. Eine externe Stelle überprüft dann die markierten Posts. (Poynter)
Twitter unterbindet Werbung durch State Media: Nachdem die chinesische Regierung auf Twitter Anzeigen geschaltet hatte, die ganz eigene Deutungen der Dinge in Hongkong aufwiesen, hat das Unternehmen beschlossen, künftig staatsnahen Medien gänzlich zu untersagen, Anzeigen zu schalten. (Twitter / Blog)
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Video Boom
YouTube und Facebook testen allem Anschein nach Abo-Optionen für Video-Inhalte. So hat Facebook in der vergangenen Woche bekannt gegeben, dass die Publisher CollegeHumor, MotorTrend Group und Tastemade im Rahmen eines Tests Videos offerieren, die nur gegen eine Extra-Gebühr angeschaut werden können – dafür dann allerdings auch werbefrei. Digiday berichtet über die Ambitionen, im Wettbewerb mit Netflix und Disney+ nicht ins Hintertreffen zu geraten: Facebook’s video subscription sales program: No-brainer or no dice? ($) und YouTube is testing a members-only videos feature ($).
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Schon einmal davon im Briefing gehört
Suchmaschinen in China sind bei weitem nicht so populär wie in der westlichen Welt. Das liegt vor allem daran, dass die Inhalte aus den alles dominierenden Apps (WeChat, etc.) von externen Suchmaschinen nicht gefunden werden können. Die Walled Garden machen es vielmehr erforderlich, dass NutzerInnen jeweils einzelne Suchen auf Baidu, WeChat, Weibo oder z.B. Zhihu anstellen. Die neue Suchmaschine von ByteDance möchte genau hier ansetzen und sowohl Inhalte von den eigenen Plattformen als auch Inhalte von Dritten auffindbar machen. Mehr: TikTok's creator has a search engine, but the real challenge isn't Baidu (Abacus News)
Fake Story Views: Instagram hat gerade mit einer Fake-Story-Views-Seuche zu kämpfen. Allem Anschein nach ist das Hochschrauben der Views das neue Fake-Follower-Kaufen. Instagram says growth hackers are behind spate of fake Stories views (Techcrunch)
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Studien & Statistiken
Die Europawahl und die AfD: Eine Studie der George Washington University macht auf verdächtige Pro-AfD-Facebook-Interaktionen im Rahmen der Europawahl aufmerksam. Zitat:
„A large network of suspicious accounts was active in promoting AfD Facebook pages in the lead up to the 2019 European Parliament elections.
Our analysis of suspicious accounts should be considered conservative, as our focus was only on a small set of the strongest predictors that are easiest to gather at scale. The true number of fraudulent accounts is likely higher.“
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Neues von den Plattformen
- Gruppen-Settings: Facebook hat die Einstellungen für Gruppen überarbeitet (FB Newsroom). Künftig gibt es nur noch die Option, Gruppen „public“ oder „private“ zu nutzen. Zusätzlich kann ausgewählt werden, ob die Gruppe in der Suche gefunden werden kann oder nicht. Bislang war das alles miteinander verkuddelmuddelt. Dem ist nun ein Ende bereitet. Das sorgt für mehr Klarheit. Gut so.
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One more thing
Mit dem Smartphone Science-Fiction-Filme drehen. Kann man machen. Was für coole Jungs aus Nigeria!
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Header-Foto von Gede Suhendra bei Unsplash
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