Guten Morgen, das ging dann jetzt doch schneller als gedacht: Facebook ändert erneut seine News Feed Spielregeln und wird künftig sehr viel stärker Posts von Freunden den Vorzug geben. In einem Blogpost teilen Mark Zuckerberg und Adam Mosseri, Facebooks News Feed Chef, mit, dass sich Publisher auf enorme Einschränkungen gefasst machen müssen. Auf zum monothematischen Briefing! Kopf hoch, M

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NEWS FEED VERÄNDERUNGEN

Was ist: Facebook verändert die Spielregeln für seinen News Feed. Künftig wird „bedeutungsvollen“ Interaktionen der Vorrang gegeben – mit einem klaren Fokus auf Posts von Freunden und Verwandten.

Was bedeutet das konkret? Facebook möchte versuchen vorherzusagen, mit welchen Posts der Nutzer wahrscheinlich am meisten interagieren wird. Diese Posts werden dann höher im News Feed angezeigt. Das können Posts sein, die Diskussionen auslösen oder Posts, die man teilen oder auf die man reagieren möchte. Laut Facebook ist es dabei egal, „ob es sich um einen Post von einem Freund handelt, der einen Ratschlag braucht oder Empfehlungen für einen Trip erfragt, ob es sich um ein News-Artikel oder ein Video handelt, das für Diskussionen sorgt“.

Warum macht Facebook das? Facebook steht vor einer ganzen Reihe von Herausforderungen:

  • User posten immer weniger, nutzen Facebook sehr viel passiver als es Facebook recht ist 
  • Die Kritik am sozialen Netzwerk hat 2017 ungeahnte Höhen erreicht: Fake News, Filterblasen, Echokammern, Einflussnahme durch pol. Akteure, Diffamierung, Hass, Verleumdung, mentale Gesundheit der Nutzung, Diskriminierung, etc. sind alles Themen, die unmittelbar mit dem News Feed zusammenhängen. Zu diesem Phänomen habe ich hier und hier bereits ausführlich geschrieben.

Interessanterweise gibt Mark Zuckerberg Publishern direkt eine Mitschuld dafür, dass Facebook mittlerweile zu passiv genutzt wird. Zitat: „Too often today, watching video, reading news or getting a page update is just a passive experience.“ Passive Facebooknutzung aber sei ja bekanntlich ein Problem für das Wohlergehen der Facebook Nutzer – darauf hatte das Unternehmen jüngst bedeutungsschwanger in einem Video und Blogpost hingewiesen. Folglich sollen Nutzer via News-Feed-Tweak nun dazu ermutigt werden, wieder selbst aktiver zu werden. Ist ja besser für die Gesundheit. Und für Facebook.

Was bedeutet das für Publisher, Fanpages, etc? Ehrlich gesagt: Seriös beantworten kann man das erst, wenn man die Zahlen nach ein paar Monaten auswertet. Aber: Es sieht nicht so gut aus für all jene, die sich vor allem Traffic von Facebook erhoffen. Es wird künftig noch viel stärker um Engagement gehen. Mit seinem Blogpost macht Zuckerberg klar, dass es ihm in aller erster Instanz um die Interessen seiner regulären Nutzer geht und nicht um die Sorgen, Bedürfnisse und Erwartungen von institutionellen Inhalte-Anbietern, die Facebook als Reichweiten-Bringer nutzen. Im Gegenteil: Wer zwischen den Zeilen liest, sieht einen Zuckerberg, der Publisher dafür verantwortlich macht, das Facebook in so großen Schwierigkeiten steckt – keine gute Ausgangslage für eine vertrauensvolle Partnerschaft.

Wäre ich… Social Media Verantwortlicher, dann würde ich zusehen, meine Chefs darauf einzuschwören, dass sie sich von Traffic-Zielen via Facebook schnell verabschieden (oder künftig sehr viel Geld dafür bereitstellen müssen). Vielmehr sollte man sich in jedem Haus nun die Frage stellen, ob man denn wirklich eine Community auf Facebook hat oder ob man eigentlich nur Traffic von Facebook erwartet. Wer nur Traffic erwartet, sollte sich fragen, ob er eine Community auf Facebook will. Wer eine Community will, der sollte seine Strategie ändern. Alle anderen sollten darüber nachdenken, wo sie künftig ihren Traffic herbekommen wollen.

Wann kommt die Umstellung? Es wird Zuckerberg zufolge einige Monate dauern, bis der Umbau des News Feeds abgeschlossen ist.

Be smart: Im besten Fall, so die Logik von Facebook, wird die Zeit, die Nutzer auf Facebook verbringen, dadurch zu einer „time well spent“ – Hallo Tristan Harris! Für Marken, Verlage, Facebook-Stars, etc. aber wird es eher schwieriger, Facebook unmittelbar gewinnbringend einzusetzen. Klar, der Aufbau einer Community ist sicherlich reizvoll und kann auch zu einer größeren Markenbindung und dadurch eventuell zu zahlenden Nutzern führen – solange man ein funktionierendes Subscription- bzw. Bezahlmodell hat. Aber vor allem führt dieser News-Feed-Tweak wohl auch dazu, dass Nutzer noch stärker Inhalte auf Facebook selbst erleben, diskutieren und konsumieren werden, stärker an Facebook gebunden werden, mehr Zeit auf der Plattform verbringen und Facebook dadurch u.U. noch stärker zu einem geschlossenen Raum wird.

Persönliche Einschätzung: Ich erkenne im News Feed Update für Verlage, Sender und Medienhäuser aber durchaus einige Chancen. Zwar wird es kurzfristig zu einigen Einschnitten kommen, gerade mit Blick auf den Traffic, mittelfristig aber könnte das News Feed Update journalistischen Anbietern durchaus helfen. Wenn künftig nicht auf Klick und Like optimiert wird, sondern darauf, sich eine loyale Community aufzubauen, dann wäre viel gewonnen.

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