Salut und herzlich Willkommen zur 560. Ausgabe des Social-Media-Watchblog-Briefings. Heute ausnahmsweise eine etwas kürzere Ausgabe – aber das tut nach den heißen Tagen ja auch mal ganz gut. Zunächst beschäftigen wir uns mit ByteDances massiven Werbeausgaben, um den Platzhirschen Facebook, Insta und Snapchat Konkurrenz zu machen. Ferner blicken wir auf Facebooks Civil Rights Audit und das Stories-Format, das jetzt auch auf Websites populärer wird. Wir bedanken uns für das Interesse und wünschen eine gewinnbringende Lektüre! Martin & Team
[line]
[gap size=“40px“]
ByteDance investiert massiv in Expansion
Was ist: TikToks Mutterkonzern ByteDance hat laut Wall Street Journal im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Dollar in Werbung investiert. Am meisten Geld wurde dabei in Werbung auf Snapchat investiert.
Warum ist das interessant?
- ByteDance versucht mit großem Aufwand, TikTok zu einem internationalen Erfolg zu machen. Die schwindelerregenden Werbekosten zeigen, wie tief die Taschen sein müssen, um es mit den Platzhirschen Facebook, Instagram und Snapchat aufnehmen zu können.
- Dass ByteDance dabei vor allem Werbeplätze bei der direkten Konkurrenz bucht, ist doppelt spannend: erstens deshalb, weil sie es dadurch anscheinend geschafft haben, ein passgenaues Publikum anzusprechen und zum Download der App zu bewegen (siehe TikTok Revenue and Usage Statistics 2019). Zweitens ist es deshalb interessant, weil sie die Plattformen quasi mit den eigenen Waffen schlagen. Dem Vernehmen nach gab es daher auch bei Snapchat große Fragezeichen, ob man das Geld von ByteDance überhaupt annehmen sollte. Allem Anschein nach ist Snap-Chef, Evan Spiegel, allerdings ein Bewunderer von ByteDance und hat das Geld (vorerst) gern genommen.
Übrigens:
- TikToks Mutterkonzern ByteDance hat sich in Person von CEO Zhang Yiming 2018 dazu verpflichtet, den "four onsciousnesses” von Chinas Staatschef Xi Jinping gerecht zu werden: dazu gehört auch die "correct guidance of public opinion" – also die korrekte Führung der öffentlichen Meinung.
- Zudem wolle man sich bei ByteDance in China um eine "Vertiefung der Zusammenarbeit mit den maßgeblichen Medien der offiziellen Partei" bemühen.
- Dass sie es ernst meinen, wurde jüngst deutlich: TikToks Mutterkonzern ByteDance zensierte fleißig im Auftrag der chinesischen Führung fast vollkommen automatisiert sämtliche Posts, die in Verbindung mit dem Tian’anmen-Massaker stehen. Nur falls sich jemand für Meinungsfreiheit oder TikTok oder beides interessiert.
- Wobei natürlich gesagt werden muss, dass TikTok selbst von diesen Maßnahmen (wohl) nicht betroffen ist – sondern nur die ByteDance-Apps in China selbst. Aber auch dann stellt sich natürlich die Frage, ob man für ein Unternehmen, das derart auf Linie mit einem solch menschenverachtenden Regime ist, arbeiten, bzw. dafür Inhalte bereitstellen möchte.
Be smart: TikTok hat jüngst mit Borussia Dortmund eine Partnerschaft verkündet. Auch mit Rave-Legende Scooter wurde eine Kooperation vereinbart. Peu à peu kommen immer mehr Marken und Medienunternehmen auf die Plattform und sammeln ihre ersten Herzchen. Laut WSJ ist / war ByteDance auch an einer Übernahme von Snapchat (und / oder Twitter) interessiert. Alles deutet darauf hin, dass ByteDance (TikTok allen voran) gekommen ist, um zu bleiben – ganz anders als Vero und wie sie alle hießen. Um so mehr Zeit und Energie sollte darauf verwendet werden, das Unternehmen kritisch zu begleiten.
[line]
[gap size=“40px“]
Facebook und die Bürgerrechte
Was ist: Facebook hat ein Papier vorgelegt, das aufzeigt, wie es um die Wahrung von Bürgerrechten auf der Plattform bestellt ist. Das Civil Right Audit wurde von über 90 Organisationen durchgeführt und ist in vier Bereiche unterteilt: „Content moderation and enforcement; advertising targeting practices; elections and census; civil rights accountability structure“.
Warum ist das interessant?
- Facebook sieht sich schon lange mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würden den Ideen und Meinungen von Konservativen zu wenig Raum geben – ihnen womöglich sogar, so die Kritik (Reuters), anhand von Algorithmen weniger Reichweite geben, wenn nicht gar unterdrücken.
- Auch sieht sich Facebook mit der Kritik konfrontiert, sie würden Minderheiten diskriminieren – hier ein Überblick über die Vorwürfe (Color of Change, PDF).
- Mit dem Civil Right Audit versucht Facebook nun aufzuzeigen, dass dies nicht der Fall ist. Zudem will Facebook aufzeigen, welche Fortschritte sie in den vier o.g. Bereichen erzielt haben. Ferner erklärt Facebooks COO Sheryl Sandberg in einem begleitenden Blogpost, das ab Herbst eine neue Policy greifen soll, die vor allem darauf abzielt, Desinformations-Kampagnen im Rahmen der Gouverneurswahlen in den Vereinigten Staaten zu unterbinden.
Die am Audit beteiligten Organisationen sehen durchaus, dass Facebook sich an einigen Stellen bewegt und insbesondere auch mit Blick auf die Integrität von Wahlen viel Aufwand betreibt. Sehr wohl bedürfe es aber noch viel mehr Arbeit und sehr viel größerer Anstrengungen, Zitat:
„While we appreciate that the company has engaged with the civil rights community on next steps, the report released by Facebook today is still a far cry from the robust audit that groups in our coalition have been demanding for our communities. Facebook’s so-called audit is simply too heavy on platitudes and not comprehensive enough. We cannot move forward to protect targeted groups harmed by activity on the platform unless we have both an unvarnished look at the cesspools of hate and misinformation growing and spreading on Facebook with the company’s detailed plan for action to be taken on an urgent timeline, and this update provided the public with neither.“
Be smart: Auch wenn nun ein Report vorliegt, ist die Arbeit längst nicht abgeschlossen. Vielmehr handelt es sich um eine Wasserstandsmeldung – das wissen die beteiligten NGOs und das weiß vor allem auch Facebook selbst.
[line]
[gap size=“40px“]
Inspiration
Embracing Stories: Das Format Stories hat wirklich einen bemerkenswerten Siegeszug hingelegt. Was bei Snapchat zwar nicht erfunden, aber extrem populär wurde, ist heute ein Standard-Feature auf allen großen Social-Media-Plattformen. (Sorry, Twitter, es geht um große Plattformen.) Dass sich Stories natürlich auch eignen, um auf traditionellen Websites Geschichten mobil-nativ zu erzählen, liegt eigentlich auf der Hand. Nur ist die technische Umsetzung dabei nicht ganz so leicht zu realisieren. Umso erstaunlicher, wie prominent Vice auf der eigenen Website Stories anpreist.
[line]
[gap size=“40px“]
Schon einmal im Briefing davon gehört
Die Kirche von England hat Social-Media-Guidelines für Christen veröffentlicht. Der Clou: Gläubige mögen doch bitte ein digitales Gelübde in Form eines Posts ablegen, um zu unterstreichen, dass sie sich fortan entsprechend der Guidelines verhalten werden. Die Regeln lauten:
- Do not share sexually explicit, threatening or discriminatory posts.
- Speak to others online as you would speak to them in person.
- Remember that your posts can remain online for ever and you can be held accountable for them.
- Be aware of child safety when posting online.
- Verify the accuracy of anything you share online.
[line]
[gap size=“40px“]
Neues von den Plattformen
- Feature für Top-Fans: Für Facebook Pages mit über 10.000 Fans gibt es bald eine neue Option. Seitenbetreiber können dann Posts ausschließlich für sogenannte Top-Fans posten. Ein Top-Fan wird man dadurch, dass man z.B. sehr viel teilt, kommentiert oder liked (hier die Erklärung von FB). Sinn und Zweck dieses neuen Features ist es, die Top-Fans mit exklusiven Inhalten zu versorgen oder aber dazu aufzurufen, bestimmte Inhalte unters Volk zu bringen.
[line]
[gap size=“40px“]
One more thing
[line]
[gap size=“40px“]
Header-Foto von Alexandre Chambon bei Unsplash
Mitglieder-Diskussion