Salut und herzlich Willkommen zur 453. Ausgabe des Social Media Watchblog Briefings. Heute werfen wir einen Blick auf Googles Entwicklerkonferenz, die Abhängigkeiten von Medienunternehmen zu Google und algorithmische Vielfalt. Viel Vergnügen bei der Lektüre, Martin & Team
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Googles Entwicklerkonferenz
Was ist: Google hat zur alljährlichen Entwicklerkonferenz geladen – bei The Verge gibt es einen Überblick mit allen Ankündigungen.
Warum ist das interessant? Nun ja, Google ist zwar nicht so richtig Social Media, aber da wir uns ja hier im Newsletter stets auch an der Schnittstelle Technologie / Gesellschaft / Journalismus bewegen, möchte ich gern zwei Ankündigen von der #io18 aufgreifen:
1. Google News wurde komplett überarbeitet:
- Fortan können Google-News-Nutzer über die App auch ihre Bezahl-Abos lesen, respektive neue Abos abschließen.
- Auch werden eben jene Bezahl-Abos in der Google Suche höher gerankt.
- Zudem bietet Google News jetzt auch eine Form der Personalisierung an: So bietet Google News dem Nutzer künftig ein Briefing mit den für ihn vermeintlich fünf wichtigsten Nachrichten.
- Auch gibt es eine neue „For You“-Rubrik, die sich aus den Interessen des Nutzers speist. Mit anderen Worten: aus dem, was wir Google als Interessen nennen, und dem, was wir an Spuren im Web hinterlassen. Wie viel Google über uns weiß, erklärt übrigens dieser Artikel.
- Um nicht komplett in der Filterblase zu verschwinden, gibt es künftig bei Google News die „Full Coverage“ – dort sollen dem Nutzer via künstlicher Intelligenz die wichtigsten weiterführenden Artikel, Videos und Kommentare serviert werden.
2. Google springt auf den „Time Well Spent“-Zug auf:
- Ursprünglich hatte ein ehemaliger Google-Mitarbeiter, Tristan Harris, die eigentlich ziemlich wertvolle Debatte rund um die Frage, ob Tech-Unternehmen eigentlich nicht auch im Wohle der Nutzer ihre Dienste konzipieren könnten, in Gang gebracht.
- Die Debatte wurde von Harris und weiteren Strategen als „Time Well Spent“ gebrandet und nahm im Zuge der Tumulte rund um die Berichterstattung über psychologische Kniffe, die Nutzer dazu verleiten sollen, maximal oft, die entsprechenden Plattformen zu nutzen, etc., richtig an Fahrt auf.
- Es dauerte aber nicht lange, bis der Begriff von Mark Zuckerberg höchstpersönlich gekapert wurde und zu Facebook-PR-Sprech mutierte.
- Daraufhin erfolgte nicht ganz zufällig auch die Umbenennung der Mission in Center For Humane Technology.
- Nun springt Google auch auf den Zug auf und nennt es natürlich nicht „Time Well Spent“ (es dürfte ja noch der eine oder andere einigermaßen sauer auf Harris sein), sondern Digital Wellbeing.
- So zeigt Android etwa künftig, wie es um das Nutzungsverhalten bestellt ist – ähnlich zu Apps wie Moment oder Forest.
- YouTube schlägt dir vor, ruhig mal eine Pause zu machen. Aber nur dann, wenn auch vorher ordentlich geglotzt wurde.
Ansonsten hat Google natürlich noch eine neue Version von Android vorgestellt, smartere Assistenten und sowieso geht eigentlich alles nur noch mit Künstlicher Intelligenz. Aber wie heißt es so schön:
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Zur Abhängigkeit von Google
Was ist: In den letzten Wochen und Monaten haben wir Medienschaffende uns mit großem Eifer an Facebook abgearbeitet – häufig auch völlig zurecht, keine Frage. Allerdings sollten wir unseren Blick auch auf Google richten – nur fällt uns das womöglich insgesamt sehr viel schwerer.
Wie abhängig Medienschaffende von Google sind, bringt Jim VandeHei von Axios auf den Punkt:
We write about Google. We Google to write about everything, including Google. We trade notes about stories on Google’s Gmail, Google Hangouts and, for some, Gchat. Then we stick our plans into our Google Calendars.
We optimize our website so every story shows up on Google search. To make sure we are getting it right, we use Google Data Studio (from time to time), Google BigQuery, and Google’s Search Console to measure search health.
We hope and wait for our stories to also show up on Google Newsstand, Google News or in Google Chrome suggestions.
How do we know where traffic is coming from? Google, of course: using Google Analytics 360.
We sell ads to Google. Guess how we serve them: Using Google’s DFP (DoubleClick For Publishers). Why is it called DFP, you ask? Because Google also has DFA (DoubleClick for Advertisers), which every company that buys ads with Axios and other publishers uses.
For video, we sometimes use the YouTube player — owned by Google — and then post our videos directly on YouTube. Where does the video team store those damn videos? In their Google Drive.
Oh, when we want to get people to subscribe to our newsletters, which many get via Gmail, we pay for Google AdWords to sell ads off Google search.
Some media companies store all of their information and data in Google Cloud Platform. We don’t: We use Amazon. But, the vast majority of people consume Axios on mobile phones — about half on Androids, which is, of course, a Google technology.
Be smart: In deinem Unternehmen sieht es wahrscheinlich nicht wirklich anders aus – auch wenn nicht alle Punkte zutreffen müssen. Wie schwierig es ist, die Plattformen zu kritisieren, die für den eigenen Erfolg genutzt werden sollen, beschreibt dieser Artikel von Zeit Online, wenn auch mit etwas anderem Fokus:
Internetaktivismus: Digitales Stockholm-Syndrom — www.zeit.de
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Algorithmische Vielfalt für eine aufgeklärtere Welt
Was ist: Dass Algorithmen (oder im Volksmund gesprochen: der Facebook-Algorithmus) über die Verteilung von Informationen entscheiden, dürfte mittlerweile jedem klar sein.
Was weniger klar ist: wie Algorithmen besser konzipiert sein könnten, um gesellschaftliche Integration, konstruktiven Diskurs oder Empathie voranzubringen.
Kollege Konrad Lischka hat spannende Ideen zu dieser Frage zusammengetragen. So ließe sich etwa nach den folgenden Kriterien besser sortieren:
- Relevanzfilter – etwa Lautstärke / Höflichkeit
- Zeitraum und Viralität – etwa wie bei Nuzzel
- Themen und Ressorts
- Textlänge und Informationsdichte
Lischka fasst die Ideen so zusammen:
Um Inhalte im Feed von Plattformen zu sortieren, gibt es viel mehr und viel bessere Signale als stumpfes Engagement. Entscheidend ist, dass Nutzer die Vielfalt der Alternativen einfach ausprobieren und mit der Auswahl experimentieren können. So etwas erlauben die dominierenden Plattformen derzeit nicht.
Das Problem dabei: Menschen, die bei Technologie-Unternehmen arbeiten, werden nicht müde zu betonen, dass all diese Einstellungsmöglichkeiten von den Nutzern nie und nimmer angenommen werden würden. Mag sein. Aber für die, die es möchten, wäre es ein riesiger Gewinn.
5 praktische Beispiele, wie Vielfalt algorithmischer Sortierung aussehen kann • Konrad Lischka — www.konradlischka.info
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Neues von den Plattformen
Wie in meinem Post angekündigt, möchte ich an dieser Stelle künftig gern einen Überblick über wichtige, spannende und interessante News bieten, ohne jede noch zusätzlich ganz ausführlich einzuordnen. Wir können ja mal schauen, wie euch das gefällt. Freue mich über Feedback. On y va:
Twitter has an unlaunched ‘Secret’ encrypted messages feature — techcrunch.com
Allem Anschein nach bastelt Twitter an einer Verschlüsselung für Direktnachrichten. Das wäre natürlich mega!
WhatsApp: Hier könnte ihre Werbung stehen — www.zeit.de
Aktuell ist WhatsApp noch Werbefrei. Aber mit dem Abgang von Gründer Jan Koum könnte das die längste Zeit so gewesen sein.
WhatsApp now lets you play Facebook and Instagram videos within the app — www.theverge.com
Ab sofort können im Messenger direkt Videos von Facebook und Instagram abgespielt werden – also ganz ohne die Plattform zu verlassen
Instagram code reveals upcoming music feature — techcrunch.com
Facebook hatte ja kürzlich eine ganze Reihe Deals mit diversen Majors publik gemacht. Das kommt jetzt auch bei Instagram zum Tragen: Bald können Nutzer wohl Musik zu ihren Stories hinzufügen.
Instagram Gives Email-Like Messaging Tools To Businesses — www.fastcompany.com
Bald kann man auf Instagram in einen Email-ähnlichen Dialog treten. Ob man das möchte? Nun, für professionelle Accounts könnte das ganz interessant sein.
The most engaged sites on Facebook in April 2018 — www.newswhip.com
Eigentlich wollte Facebook ja mit dem Umbau des News Feeds mehr Qualität in den News Feed der Nutzer bringen. Die April-Zahlen hinsichtlich der most engaged sites auf Facebook zeigen allerdings das Gegenteil.
Three-quarters Facebook users as active or more since privacy scandal: Reuters/Ipsos poll — www.reuters.com
Einer Umfrage von Reuters zufolge zeigen sich die Facebook-Nutzer wenig beeindruck vom Datenskandal und all den anderen unschönen Ereignissen. Sie sind genauso aktiv – zum Teil sogar noch mehr.
"Personen, die du kennen könntest": Facebook soll Terroristen vernetzt haben — www.heise.de
Ok, das war irgendwie absehbar und ist dennoch total absurd: Einem Bericht zufolge hat Facebook Terroristen über das Freunde-Empfehlungs-Feature untereinander vernetzt. Hätte Black Mirror besser nicht skripten können.
‘Facebook Avatars’ is its new clone of Snapchat’s Bitmoji — techcrunch.com
Schnarch. Auch vor den von Snapchat bekannten Avataren macht Facebook nicht Halt und kopiert das Feature munter rüber auf die eigene Plattform.
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Für den Talk in der Teeküche
Die weltweit beliebteste iPhone App ist übrigens aktuell weder Facebook noch WhatsApp. Die am meisten heruntergeladene iOS App im ersten Quartal 2018 ist das chinesische Mini-Musik-Video-Social-Network Douyin.
The world’s most popular iPhone app isn’t Facebook or WhatsApp — qz.com
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One More Thing
Es wird viel darüber geredet, dass Tech-Konzerne dafür sorgen müssten, ihre Nutzer besser vor ihren Erfindungen zu schützen. Was in dieser Diskussion etwas untergeht: den Nutzern werden bereits vielfach Tools an die Hand gegeben, die sie aber allem Anschein nach einfach nicht nutzen – wie etwa die Möglichkeit des Nicht-Stören-Features beim iPhone. Mit ein paar leichten Tweaks lässt sich das jederzeit easy nutzen und benachrichtigt sogar all jene, die einen erreichen wollen. Kevin Rose erklärt, wie das funktioniert:
Disconnect and take a break from your iPhone by using this little-known feature. — medium.com
Right now, hidden in your settings, your iPhone has a feature that locks down your phone, making it unusable, while you get a much needed break.
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