Salut und herzlich Willkommen zur 486. Ausgabe des Social Media Watchblog Briefings. Heute möchte ich zunächst einige Eindrücke von der DMEXCO18 mit dir teilen. Danach schauen wir u.a. auf die Relevanz von News bei Facebook, respektive in Messengern, stellen ein spannendes neues Feature von Snapchat vor und geben Tipps fürs Wochenende. Vielen Dank für das Interesse an unserem Newsletter, Martin & Team
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Eindrücke von der DMEXCO18
Was ist: Ich habe zum ersten Mal die Fachmesse für digitales Marketing – die DMEXCO – besucht. Gern möchte ich an dieser Stelle mit dir kurz meine Eindrücke von der Messe teilen.
Beobachtungen:
- Video wird weiterhin hart gepusht von den Unternehmen. Egal ob Facebook, Snapchat, Instagram, YouTube oder HQ Trivia – alle sehen enormes Wachstumspotential im Bereich Online Video.
- Auch das Stories-Format spielt für die Unternehmen eine große Rolle.
- Sowieso ist alles mobil. An Desktop denken die Plattformen nun wirklich nicht mehr. Während in vielen Unternehmen noch darüber diskutiert wird, ob wirklich ein Kulturwandel hin zu „mobile first“ gestaltet werden könne, sind die Nutzer schon viel weiter: für eine täglich wachsende Zahl an Menschen gibt es gar keine andere Realität mehr als die mobile Mediennutzung – für sie gilt „mobile only“. Getrieben wird diese Entwicklung von einer Generation, die von Haus aus nie mit einem Desktop-Computer in Berührung gekommen ist, das Smartphone seit jeher für sie das alles dominierende Werkzeug ist – um zu kommunizieren, zu spielen, sich zu informieren, Medien zu konsumieren oder zu shoppen.
- Instagram und Facebook arbeiten derzeit an Shoppable Videos – also der Option, direkt in Videos auf Dinge zu klicken, um sie zu kaufen.
Einschätzungen:
- Die DMEXCO stand dieses Jahr unter dem Motto Take C.A.R.E. Davon war für mich persönlich aber wenig zu spüren. Von einer Verantwortung der Unternehmen gegenüber der Gesellschaft / dem Nutzer / den Konsumenten habe ich in den Präsentationen eigentlich nichts gehört. Vielmehr ging es weiterhin primär darum, ihr Produkt, also uns Kunden, bestmöglich an den Mann / die Frau zu bringen. Den Werbetreibenden hat es gefallen. Voller Stolz (und ohne jeden kritischen Selbstzweifel) fielen dann z.B. Sätze wie:
Wir haben die größte Datenbank menschlichen Sehverhaltens.
… dass dies genau der Grund ist, sich über die Macht von YouTube Gedanken zu machen – dafür ist auf der DMEXCO kein Platz.
- Auch wurde für mich auf der Messe einmal mehr deutlich, dass die Plattformen nicht gleichermaßen für Werbung und Journalismus taugen – sie sehr wohl aber beiden Seiten der Medaille die gleichen Instrumente verkaufen wollen. Das kann aber – im Sinne des Journalismus – nicht funktionieren. Nachrichten und Information sind nicht primär darauf ausgelegt, Freude zu verbreiten und Engagement zu fördern.
Mimimimi: Ja, klar. Es ist eine Marketing-Messe. Dort politisches Bewusstsein zu erwarten, ist vielleicht etwas naiv. Aber in Zeiten, in denen die Plattformen so eine elementare Rolle in unserer Gesellschaft einnehmen, erwarte ich auch bei solchen Veranstaltungen mehr Demut und Respekt vor den Folgen ihres Handelns.
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Social Media & News
Was ist: Das Reuters Institute of Journalism hat eine Studie zur Frage publiziert, welche Rolle News auf Social-Media-Plattformen spielen. Das Ergebnis: Facebook ist weiterhin der Ort, an dem News gefunden werden. Geteilt und diskutiert werden die Nachrichten dann aber via Facebook Messenger und WhatsApp. (Reuters)
Warum ist das interessant? Bis zur Umstellung des News Feeds im Januar diesen Jahres, optimierten Medienmacher ihre Inhalte für Facebook vor allem derart, dass sie möglichst den Algorithmus befriedigen. Konkret ging es ihnen darum, Inhalte zu liefern, die im News Feed prominent auftauchen, und die von den Nutzern geteilt, geliked oder kommentiert werden (was sich natürlich gegenseitig bedingt). Mit Blick auf die Ergebnisse dieser Studie (und die eigenen Erfahrung, die man seit Beginn des Jahres gemacht hat) könnte sich diese Herangehensweise nun weiter ändern.
Welche Lehren lassen sich ziehen?
- Nutzer setzen zwar nach wie vor darauf, dass sie News auf Facebook präsentiert bekommen, teilen diese dann aber lieber in geschützteren Räumen wie WhatsApp oder dem Facebook Messenger. Bedeutet also: Die Signale, die vormals vom News Feed genutzt wurden, um Inhalte höher zu ranken, existieren so nicht mehr. Welche News den Nutzern also künftig angezeigt wird, wenn sie sie nicht mehr auf Facebook selbst teilen, darf mit Interesse verfolgt werden. (Oder wird das Teilen im Messenger gar bereits als Signal im Rahmen der sogenannten Meaningful Conversations gemessen?)
- Auch dienen News-Inhalte womöglich nicht mehr dazu, von sich selbst ein Bild zu zeichnen. Wurde das Teilen & Liken von Inhalten vor der Umstellung des News-Feeds häufig noch als identitätsstiftend wahrgenommen, scheint dies so nicht mehr länger der Fall zu sein.
- Last but not least ist es für Medienmacher sehr viel schwieriger nachzuvollziehen, was mit ihren Inhalten geschieht. Erfahrungsgemäß können Inhalte, die im Messenger geteilt werden, respektive Klicks, die via Messenger zustande kommen, sehr viel schlechter erfasst werden. Auch finden Diskussionen zu Artikeln dadurch nicht mehr öffentlich / auf den Fanpages statt, sondern mehr im Privaten – in Chats und WhatsApp-Gruppen. Medienmacher können so u.U. schlechter verstehen, welche Inhalte beim Nutzer reüssieren. Plus: Auch die Öffentlichkeit kann an sich sehr viel schlechter nachvollziehen, wie Themen diskutiert werden – im Zeitalter von „Fake News“ und Hetze, keine schöne Vorstellung.
Be smart: Natürlich sind solche Studien immer nur Momentaufnahmen. Grundsätzlich unterstreicht diese Untersuchung aber dennoch eine unter Branchenbeobachtern weit verbreitete Annahme, die von Facebook so bislang aber nicht öffentlich kommuniziert wurde: Nutzer teilen einfach immer weniger auf Facebook selbst. Das könnte aber, so stellt sich nun heraus, für Facebook womöglich auch gar nicht so tragisch sein, wird Facebook doch nicht ersetzt, sondern durch andere (hauseigene) Apps erweitert. Also Facebook: alles eine Frage des Framings, immer raus damit.
One fun thing: Nutzer sollten in einer Studie vom @risj_oxford den Social-Media-Plattformen Attribute zuschreiben. Das Ergebnis ????
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Kampf gegen Desinformation
Zuckerberg Notiz: Mark Zuckerberg hat mal wieder was gebloggt. (Facebook) War ja auch fast ein bissl ruhig geworden auf seiner Fanpage. In seinem neuesten Post beschreibt er, wie ernst er es mit der Sicherheit bei den anstehenden Wahlen meint. Ein „election meddling“ dürfe schließlich nicht erneut passieren, das scheint Zuckerberg verstanden zu haben. Dass er aber nun mit seinem Artikel exakt an Passagen aus dem New-Yorker-Porträt anknüpft, wirkt leider wahnsinnig berechnend. Genau deshalb verzichte ich auch an dieser Stelle zunächst auf eine eigene Analyse seiner Vorhaben und verweise auf den Artikel von Techcrunch.
Debatte über Fact Checker: In den USA ist derzeit eine politisch motivierte Debatte über Fact Checker entbrannt. Im Prinzip geht es um die Frage, wer eigentlich die Fact Checker fact checked. Klingt erst einmal etwas meta, ist aber eigentlich eine legitime Frage. Jedenfalls dann, wenn Fact Checker eine wirkliche Relevanz hätten. Mit Blick auf die limitierte Wirkung ihrer Arbeit ist die Debatte aber letztlich auch nur ein weiteres Mosaik-Steinchen im Kampf um die Deutungshoheit darüber, welche Ideen im Netz kursieren (dürfen) – und welche nicht. (Netzpolitik)
Fotos & Videos melden: Speaking of which: Facebook lässt die ausgewählten Fact-Checking-Partner künftig auch Fotos & Videos überprüfen. Jedenfalls können Nutzer künftig eben jene Inhalte auch flaggen. Bislang war das Fact Checking nur auf Link-Posts ausgelegt. Ziemlich irre eigentlich, bedenkt man doch, wie häufig einem Fotos begegnen, die den unsäglichsten Quatsch verbreiten. (Facebook)
Via Crowdtangle Inhalte melden: Facebook testet derzeit die Funktionalität, direkt via Crowdtangle „Fake News“ zu melden. Was Crowdtangle überhaupt ist? Nun, mit Crowdtangle lässt sich u.a. verfolgen, welche Story gerade im Begriff ist, auf Facebook viral zu gehen. Wer sowas nutzt? Naja, vor allem Medienprofis. Allen voran Journalisten. Ob die dann dafür bezahlt werden, dass sie Facebook den Laden sauber halten? Hahaha. Nein. Wohl eher nicht. (Poynter)
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Social Media & Politik
EU-Entscheid: Das EU-Parlament hat sich also dafür ausgesprochen, dass Tech-Unternehmen wie Facebook, Twitter oder YouTube künftig verbindlich alle Inhalte auf Copyright-Verletzungen überprüfen müssen, bevor sie wirklich hochgeladen werden dürfen. Was zunächst einmal sinnvoll anmutet, ist in der Praxis nicht nur fast unmöglich zu realisieren, sondern bedeutet womöglich auch ein Ende der Remix-Kultur. Der sehr geschätzte Kollege Patrick Beuth bringt es in seinem Kommentar auf den Punkt. (SPON) Übrigens: Wer sehen möchte, welcher Abgeordnete für den Feenstaub votiert hat, kann sich hier einen Überblick verschaffen. (Twitter)
Fanpages und die DSVGO: Ganz im ernst: ich habe diesen ganzen Wahnsinn rund um die Fanpages und die DSVGO noch nicht so ganz verstanden. Sehr wohl verstehe ich, dass Fanpage-Betreiber eine gewisse Mitverantwortung dafür tragen, wenn sie Statistiken nutzen, die über die Besucher der entsprechenden Fanpage erhoben werden. Wie sie sich nun aber – wie von Datenschützern gefordert – davon freimachen sollen, ohne die Fanpage komplett zu löschen, ist mir schleierhaft. Hier wäre eigentlich Facebook selbst gefordert. Die bessern zwar nach, aber einige Fragen und Risiken bleiben. (Thomas Schwenke)
Altes Google-Video erneut „geleakt“: In dieser Woche hat ein Video die Runde gemacht, das Google-Mitarbeiter (samt Chef Pichai) dabei zeigt, wie sie sich unmittelbar im Anschluss an die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten Sorgen um die Zukunft des Landes machen. Das Video ist mindestens seit einem halben Jahr bekannt, ist aber jetzt trotzdem Wasser auf die Mühlen all jener Konservative in den USA, die derzeit lautstark einen Bias der Tech-Unternehmen vermuten. Ach so: Wer das Video wieder rausgekramt hatte? Nun, das war natürlich Breitbart. (New York Times)
Potentielle Sanktionen: US-Präsident Trump verschärft die Sanktionsmöglichkeiten hinsichtlich jener Akteure, die via digitaler Desinformationskampagnen US-Wahlen zu beeinflussen suchten. Zwar wird Russland nicht explizit genannt, aber mit Blick auf die Enthüllungen rund um die Netzwerke, die Facebook, Twitter und Google jüngst öffentlich machten, ist klar, auf wen die primär finanziellen Sanktionsmöglichkeiten abzielen. (Washington Post)
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Fürs Wochenende
How Facebook has shaped democracy: Das Porträt von Mark Zuckerberg im New Yorker wurde ja diese Woche vielfach rumgereicht. Grund genug für NPR mit dem Verfasser des Artikels, Evan Osnos, noch einmal über Facebooks Bedeutung für Gesellschaft und Politik zu sprechen. Hörenswert. (NPR)
ONA 2018: Es ist schon wieder so weit: die Konferenz der Online News Association zur Gegenwart und Zukunft des Online Journalismus findet derzeit in Austin statt. Wer nicht dabei sein kann, also vermutlich so ziemlich wir alle, kann viele Sessions entweder live oder als Konserve anschauen (ONA Live) – mit Blick auf das Programm (ONA) und die Speaker (Twitter-Liste) dürfte sich das sehr, sehr lohnen.
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Neues von den Plattformen
- AI für Memes: Facebook hat eine neue Machine Learning Software entwickelt, die dabei helfen soll, Memes auf Hate Speech zu überprüfen – Rosetta heißt das Stück Code. No pun intended. (The Verge)
- Neigbourly: Was im Westen nicht klappt, kann ja im Osten noch werden: Google testet in einigen Städten Indiens ein soziales Netzwerk, das auf den Namen Neighbourly hört. Das Konzept klingt spannend. (The Guardian)
YouTube
- Schlanke YouTube-Variante für Afrika: Fast alle großen Apps entwickeln derzeit wesentlich schlankere Versionen für all jene Märkte, in denen die Mobilfunknetze noch nicht so ausgebaut sind, respektive die Datennutzung zu teuer ist. Nein, wir reden nicht von Deutschland. YouTube Go ist jetzt jedenfalls auch in Afrika erhältlich. (Quartz)
Snapchat
- Our Stories: Snapchat integriert in der Discover-Section künftig Stories, die zwar Inhalte von regulären Snapchat-Nutzern zeigen, aber von professionellen Medienunternehmen kuratiert werden. Dieses neue Feature hört auf den Namen „Our Stories“ und startet zunächst mit 20 ausgewählten Medienpartner. (Techcrunch)
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