Salut, auch heute noch einmal aus gegebenem Anlass ein Blick auf die Anhörung von Mark Zuckerberg vor dem US-Kongress. Am zweiten Tag gingen die Abgeordneten deutlich härter mit Zuckerberg ins Gericht, wenngleich der Spielplan insgesamt für Facebook aufgegangen sein dürfte: Ahnungslosigkeit vorspielen und Wissensdefizite der Politiker ausnutzen. Herzlichen Dank für das Interesse, Martin & Team


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Was man über Tag 2 der Anhörungen wissen sollte & Roundup

Was ist: An Tag 2 der Anhörungen wurde Mark Zuckerberg etwas strenger befragt als am ersten Tag. An vielen Stellen schienen die Politiker sehr viel pointiertere Fragen zu stellen, was gefühlt noch häufiger dazu führte, dass Zuckerberg versuchte, Zeit von der Uhr zu nehmen, indem er den Ahnungslosen spielte.

5 Dinge, die wir von den Anhörungen lernen können:

  • Regulierung wird kommen: Zwar ist sich noch keiner so richtig sicher, wie eine Regulierung aussehen soll, aber dass eine Form der Regulierung seinen Weg in den Gesetzgebungsprozess finden wird, scheint ausgemachte Sache. Kollege Ben Thompson hat in gewohnt ausführlicher Art die beiden wichtigsten Lager zum Thema Regulierung beschrieben.
  • GDPR mit Vorbildfunktion: Viele, viele Male wurde während der Anhörungen die neue EU-Datenschutzverordnung als positives Beispiel gelobt in Sachen Datenschutz. Was dabei allerdings nicht wirklich zur Sprache kam, ist die Tatsache, dass die Macht von Facebook und anderen Tech-Giganten womöglich dadurch weiter verfestigt wird. Ich habe mich darüber mit dem Deutschlandfunk gestern ausführlicher unterhalten.
  • Die Nutzer haben es in der Hand: Vielfach wirkte Mark Zuckerberg in den letzten Tagen und Wochen regelrecht überrascht, wie viel die Nutzer freiwillig von sich preisgeben. Und er hat ja recht: Nutzer können nicht erwarten, dass die Politik aus übertriebener Fürsorge für sie jede technologische Neuerungen in Grund und Boden reguliert. Vielmehr ist der Cambridge-Analytica-Skandal ein guter Anlass, sehr viel stärker über das eigenen Nutzungsverhalten im Netz nachzudenken. Du hast keine Kontrolle darüber, ob du etwas öffentlich teilst oder nicht – mit Facebook teilst du immer deine Daten.
  • Die Politik hat herzlich wenig Ahnung: Die vermeintliche deutsche Wissenselite macht sich ja gern über die Ahnungslosigkeit von deutschen Politikern in Sachen Technologie lustig. Ich persönlich finde diese Form der Auseinandersetzung selbstgerecht und wenig zielführend. Vielmehr sollte man gerade als Journalist dafür Sorge tragen, dass jeder bestmöglich infomiert ist: egal ob Nutzer oder Politiker oder sonstjemand. Dass die Herren und Damen Politiker in den USA zum größten Teil genauso wenig gut aussehen, wenn es um technische Details geht, dürfte vielen bewusst geworden sein in den letzten Tagen. Aufklärung ist elementar.
  • Facebook selbst ist nicht wirklich an Aufklärung interessiert: Zwar hat sich Mark Zuckerberg freiwillig diesem Anhörungs-Marathon gestellt, aber dass er und seine Kollegen wirklich daran interessiert gewesen wären, die Öffentlichkeit über das Geschäftsgebaren Facebooks vollumfänglich aufzuklären, konnte nicht beobachtet werden. Viel zu oft stellte sich Zuckerberg dumm, spielte den Ahnungslosen, verwies bei relativ einfachen technologischen Fragen darauf, dass sich sein Team darum kümmern würde – mit anderen Worten: öffentlich würde es auf die Frage keine Antwort geben.

5 Rechercheraufträge, die wir aus den Anhörungen mitnehmen können:

  • Die Rolle von AI: Mark Zuckerberg hat gerade hinsichtlich der Frage, wie „hate speech“ und dergleichen auf seinen Plattformen entdeckt werden soll, immer wieder auf die künftige Rolle von AI – also Machine Learning / Künstlicher Intelligenz – verwiesen. Bereits in fünf bis zehn Jahren wäre man soweit, dass das automatisch funktionieren würde – wohlgemerkt: entdecken und löschen. Dafür bedarf es meiner Meinung nach strenge Regulierungen und ein genaues Hinschauen, wie Facebook etwa „hate speech“ und Ähnliches definiert.
  • Mehr als Cambridge Analytica: Zuckerberg hat angegeben, dass der Wissenschaftler Kogan die Daten auch an andere Unternehmen weitergereicht haben könnte. Welche Unternehmen sind das?
  • Haben staatliche Akteure Nutzerdaten abgeschöpft? Wenn ich richtig aufgepasst habe, dann wurde bislang noch nicht die Frage gestellt, ob eigentlich auch staatliche Akteure Nutzerdaten von Facebook massenhaft abgeschöpft haben. Dies könnte eine mehr als spannende Recherche darstellen.
  • Schattenprofile aus Sicherheitsgründen: Zwar hat Mark Zuckerberg erklärt, dass er mit dem Begriff „Shadow Profiles“ nicht vertraut sei, sehr wohl aber hat Zuckerberg angegeben, dass Facebook Daten von Menschen sammeln würde, die gar keinen Facebook-Account hätten. Das würde aus Sicherheitsgründen passieren, heißt es. Was genau meint er damit? Wie funktioniert das? Und wo werden diese Daten zu welchem Zweck gespeichert?
  • Wem gehört das „Virtuelle Ich“: Mark Zuckerberg wurde in der Anhörung danach gefragt, wem eigentlich das „Virtuelle Ich“ gehören würde. In seiner lapidaren Antwort darauf verwies er lediglich auf die Möglichkeit der Nutzer, jederzeit seine Inhalte wieder löschen zu können. Das ist natürlich mit Blick auf die Frage ein wunderbares Täuschungsmanöver. Schließlich ging es um die Frage, wie Nutzer all die Informationen löschen können, die Facebook aus etwa werberelevanten Gründen über einen gesammelt hat. So sehr die Frage also auch philosophisch anmutet, kann und sollte ihr ganz lebensnah begegnet werden.

Be smart: Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten weiter ein PR-Feuerwerk von Facebook erleben. Die Botschaft wird sein: Wir haben verstanden, wir stellen uns der Kritik, wir reagieren. Die Aufgabe wird darin bestehen, sehr genau hinzuschauen und sich nicht von den blumigen Aussagen einlullen zu lassen. Dass Facebook weiß, wie PR funktioniert, haben sie in dieser Woche eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Lesetipps

  • Zuckerberg survived Washington but what is Washington going to do about Facebook? [Recode]
  • 43 Themen, auf die Zuckerbergs Team noch Antworten geben muss [Wired]