Ausgabe #889 | 27.6.2023
Zuck vs. Elon: Die Tech-Bros steigen in den Ring
Was ist
Auf den ersten Blick ist der mögliche Cage Fight zwischen Mark Zuckerberg und Elon Musk eine Posse, die nicht mehr Aufmerksamkeit verdient, als wir ihr im vergangenen Briefing gegeben haben: zwei Sätze ganz am Ende (#888). Doch dahinter stecken mehr als PR und archaische Vorstellungen von "Männlichkeit". Tatsächlich versucht Zuckerberg seit Monaten, sein öffentliches Image zu verändern. Der Meta-Chef möchte wieder cool werden.
Was war
- Kurzer Newsflash für alle, die es verpasst haben: Instagram wird unter dem Codenamen "Project 92" Mitte Juli einen Twitter-Konkurrenten veröffentlichen (The Verge). Intern sagte Produktchef Chris Cox: "“We’ve been hearing from creators and public figures who are interested in having a platform that is sanely run."
- Dieser Seitenhieb scheint Musk genervt zu haben. Vergangene Woche schrieb er mit Bezug auf Zuckerberg (Twitter): "I’m up for a cage match if he is lol"
- Der Meta-Chef antwortete im gleichen Stil per Insta-Story: "send me location", Musk reagierte prompt (Twitter): "Vegas Octagon". Bei allem, was man Musk vorwerfen kann (und das füllt nicht nur ganze Briefings, sondern Bücher), ist sein Tweet dann doch ganz lustig: "I have this great move that I call 'The Walrus', where I just lie on top of my opponent & do nothing"
- Musks Mutter Maye will ihren Sohn offenbar nicht kämpfen sehen (Futurism). Aktuell scheint es aber darauf hinauszulaufen, dass sich die beiden Multimilliardäre treten, würgen und wrestlen werden (Insider). Oh, what a world we live in!
Was das über Zuckerberg sagt
- Selbst wenn der Kampf noch abgesagt wird, passt das zu Zuckerbergs neuer Selbstdarstellung. Während der Corona-Pandemie begann der Meta-Chef mit Brazilian Jiu-Jitsu (BJJ), teilte verschwitzte Fotos auf Instagram, nahm erfolgreich an Wettkämpfen teil (CNN), wurde angeblich bewusstlos gewürgt (NYT) – stimmt gar nicht, sagt Zuckerberg selbst (Daily Beast) – und ließ die Welt per Spiegelselfie samt Gewichtsweste wissen (Instagram), dass er eine harte Fitness-Challenge der US-Navy-Seals in einer beeindruckenden Zeit geschafft habe (Guardian).
- Über seine Leidenschaft für Kampfsport spricht er in Podcasts von Martial-Arts-Kommentator Joe Rogan (selbst ein BJJ-Schwarzgurt) oder Lex Friedman und sagt dabei Sätze wie: "The crazy thing is it really is the best sport. There’s something that’s just so primal about it."
- Fairerweise muss man sagen: Obwohl Zuckerberg früher eher als Roboter im Anzug bekannt war, hat er schon immer viel und gern Sport gemacht. Er war und ist ein guter Läufer und probiert ständig neue Sportarten aus (Insider), die er angeblich als "super-fun side quests" begreift (NYT).
- Hunderte Millionen Menschen machen Sport, weil es ihnen Spaß macht. Vermutlich gilt das auch für Zuckerberg. Nur, weil er ein sehr reicher und mächtiger Mensch ist, muss trotzdem nicht hinter allem, was er macht, Kalkül stecken.
- Zumindest nicht ausschließlich. Denn natürlich ist es eine bewusste Entscheidung, sweaty Selfies zu teilen oder eben einem Kampf mit Musk zuzustimmen.
- Musk scheint sein mediales Image weitgehend egal zu sein. Er trollt gern, legt sich mit Journalistïnnen an und verlässt sich darauf, dass es genug Menschen gibt, die ihn trotzdem oder gerade deshalb gut finden.
- Zuckerberg ist anders. Er will gemocht und bewundert werden, sehnt sich nach Respekt und Anerkennung. Es ist kein Zufall, dass Meta seine Sympathiewerte per Umfrage ermitteln ließ, Zuckerberg immer wieder lange Interviews gibt und fast alle wichtigen Produktänderungen persönlich verkündet.
- Naomi Nix und Nitasha Tiku schreiben, dass Zuckerberg seit Jahren versuche, seine öffentliche Persona neu zu erfinden (WaPo):
The strategy to pitch Zuckerberg as visionary innovator to a tech-savvy audience losing its enthusiasm for his social media empire has been years in the making, according to people familiar with the matter who spoke on the condition of anonymity to discuss sensitive internal matters. But Zuckerberg has really ramped it up over the past year, one of the people said, courting the same “tech bros” who have been captivated by Musk — who is suddenly Zuckerberg’s competition in more ways than one.
- Da passt der mögliche Kampf mit Musk perfekt ins Bild. Das lenkt von der miesen Stimmung und dem internen Vertrauensverlust bei Meta ab (NYT) und könnte gute PR für P92 sein (Slate).
- Zumindest Zuckerbergs Image scheint die neue Edginess nicht zu schaden. Dieser Vergleich ist übertrieben, aber ein Körnchen Wahrheit steckt doch drin (Twitter / Nabeel S. Qureshi)
Pre-2023 Zuck: earnestly tries to explain why Meta is good, wears a suit to Congress, donates to schools/hospitals. Everyone hates him.
2023 Zuck: gets jacked, challenges Elon to a fight, stops caring about justifying Meta. Everyone becomes a fan.
Funny PR lesson in there.
Wie die Reddit-Revolte weitergeht
- Vergangene Woche beleuchteten wir den Aufstand bei Reddit (#887). Tausende Subreddits machten dicht, um gegen die Monetarisierung der API zu protestieren.
- Am Ende schrieben wir:
Wie es weitergeht? Um ehrlich zu sein: Wir wissen es nicht. Bis vor einigen Tagen hätten wir noch gesagt: Reddit sitzt das aus. Ein Subreddit nach dem anderen beendet den Protest, in ein paar Wochen spricht kaum noch jemand darüber, nur Apollo ist verschwunden. Schließlich zeigt die Geschichte, dass Unternehmen meist doch am längeren Hebel sitzen. Sie stellen die Plattform zur Verfügung, auf der Menschen sich austauschen. Für viele ist das ein echter Mehrwert, auf den sie ungern verzichten. Gerade Reddit gibt es in dieser Form und Vielfalt nirgendwo sonst im Netz.
- Aktuell sieht es so aus, als könnte sich das bewahrheiten. Die Wut ist zwar weiter groß, doch die mei…