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Musk will nichts mehr von seinem Twitter-Kauf wissen

Was ist

Was interessiert mich meine Unterschrift von gestern? Zur großen Überraschung von exakt niemandem hat es sich Elon Musk mal wieder anders überlegt und will Twitter nun doch nicht mehr besitzen. Er möchte mit hanebüchenen Argumenten aus dem Kaufvertrag aussteigen – und könnte damit sogar durchkommen.

Wir fassen die Ereignisse der vergangenen Tage zusammen, erklären den anstehenden Gerichtsprozess, blicken auf Musks gebrochene Versprechen zurück und beleuchten, wie es weitergehen könnte.

Warum das wichtig ist

Elon Musk ist ein Troll, Dummschwätzer, Sexist und generell ein Typ, dem wir lieber weniger Aufmerksamkeit schenken würden. Er ist aber auch: ein begnadeter Unternehmer mit gewaltiger Strahlkraft und vielen Millionen Fans, der nicht zufällig mehr Aktienvermögen besitzt als alle anderen Menschen auf der Welt.

Twitter ist ein im Vergleich zu Instagram oder TikTok nischiges Netzwerk, das seit Jahren nicht richtig vom Fleck kommt, seit Beginn des Musk-Dramas einen führenden Angestellten nach dem nächsten verliert und unter gewaltigem wirtschaftlichem Druck steht (Axios). Es ist aber auch: eine Kommunikationsplattform mit politischen und popkulturellen Einfluss, die trotz stagnierender Reichweite und miesen Quartalszahlen große gesellschaftliche Bedeutung hat.

Warum Musk angeblich aussteigen will

This is all just a very expensive way of saying "you promised us to provide us everything we needed, so we kept asking for more and more ridiculous, and impossible-to-actually-deliver information until we could claim you weren’t giving us what we needed, and so now we can claim you’re in breach."

Warum Musk wirklich aussteigen will

I also want to make Twitter better than ever by enhancing the product with new features, making the algorithms open source to increase trust, defeating the spam bots, and authenticating all humans. Twitter has tremendous potential – I look forward to working with the company and the community of users to unlock it.

Twitter’s employees continue to find a kind of dark comedy in the whole thing, rolling their eyes at the absurdity of it while sincerely lamenting what Musk is doing to the company and their coworkers.

"I was reallllllly looking forward to carrying multiple children for him," one current employee joked to me Friday.

I feel like there’s real overlap in what "bots" do for Elon and what "Obama’s birth certificate" did for Trump … a conspiracy theory that rallies partisans, justifies bad behavior, and can never be disproven to the huckster’s satisfaction.

Wie Twitter reagiert

Welche Szenarien möglich sind

Gleich acht mögliche Enden der Musk-Twitter-Saga zählt Alex Sherman auf (CNBC). Noch ausführlicher und inklusiver aller juristischen Feinheiten analysiert Matt Levine den anstehenden Prozess. Der Bloomberg-Kolumnist war zuvor Goldman-Sachs-Banker und ein auf M&A spezialisierter Rechtsanwalt bei jener Kanzlei, die nun Twitter vertritt – wenn sich ein Journalist mit dem Fall auskennt, dann er.

Wir versuchen, die Szenarien übersichtlich und kompakt darzustellen:

  1. Musk bekommt vor Gericht Recht: Entweder muss er gar nichts zahlen oder eine Milliarde Dollar Aufhebungsgebühr, die vertraglich vereinbart wurde.
  2. 2) Twitter bekommt vor Gericht Recht: Musk muss die festgesetzten 44 Milliarden Dollar zahlen und kauft Twitter. (Teils heißt es, die Richterïnnen könnten Musk auch verpflichten, als Entschädigung, sagen wir, zehn Milliarden Dollar zu zahlen. Das ist falsch, dieser Ausgang ist angesichts der Vertragsstruktur nicht möglich. Falls es zu einem Urteil kommt, sind die Optionen: 0, eine oder 44 Milliarden.)
  3. Musk und Twitter einigen sich auf einen Vergleich: Entweder zahlt Musk eine Art Schadenersatz und lässt Twitter in Ruhe, oder er kauft Twitter für einen geringeren Preis.
  4. Musk kauft Twitter doch noch: Wenn die vergangenen Monate eines gelehrt haben, dann dass Musk absolut unberechenbar ist. Vielleicht hat er keine Lust auf einen Rechtsstreit und sagt: Take my money and shut up.
  5. Jemand anderes kauft Twitter: In den vergangenen Jahren gerüchtete es immer mal wieder, dass Twitter ein Übernahmekandidat sei. Womöglich wittert ein großer Tech- oder Medienkonzern ein Schnäppchen und schlägt zu.

Unsere Einschätzung

Nothing about this deal has been especially rational so far, and there is no reason to assume that it will settle rationally now. But it would be nice.

Warum Musks Wortbruch erwartbar war

Be smart

Wenn der Name Elon Musk im Spiel ist, gibt es kaum Gewissheiten. Zumindest bei einer Sache sind wir uns aber sicher: Musk hätte Twitter garantiert nicht in einen angenehmeren Ort verwandelt. Als er den Kaufvertrag unterschrieb, analysierten wir sein hochproblematisches Verständnis von Redefreiheit (Briefing #791):

Musk ist der Ansicht, dass alles, was dazu führt, dass er seine Ansichten nicht auf jeder Bühne der Weltöffentlichkeit mitteilen darf, eine illegale Einschränkung der Redefreiheit bedeutet. Deshalb will er die Moderation von Inhalten auf ein Minimum beschränken. Selbsterklärte Free-Speech-Plattformen wie Gab, Parler, Gettr oder der Trump-Flop Truth Social zeigen, wohin das führt: Grenzenlose Redefreiheit endet fast immer in grenzenlosem Hass.

Seitdem hat er keine Gelegenheit ausgelassen, um unter Beweis zu stellen, wie ungeeignet er als Twitter-Besitzer wäre. Er setzte Twitter-Angestellte bewusst und zielgerichtet dem Hass seiner Fans aus, pflichtete rechtsradikalen Verschwörungsideologen bei und ignorierte alle wissenschaftlichen Erkenntnisse über Content-Moderation.

Die Vorstellung, dass ein exzentrischer Multimilliardär eine wichtige Plattform der politischen Kommunikation kontrolliert und nach seinen eigenen Vorstellungen gestaltet, konnte einem Angst machen. Falls es nach dem monatelangen Gezerre nun doch anders kommt, dann hat Twitter massiven Schaden genommen. Langfristig könnte es für Nutzerïnnen und Unternehmen trotzdem das am wenigsten schlechte Ergebnis sein.


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