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9 Min. Lesezeit TikTok

17 Fragen zum TikTok-Deal

Was ist

Nach monatelangem Drama scheint eine Saga zu Ende zu gehen, deren Absurdität die Pumuckl-Anspielung in der Überschrift nur unzureichend Rechnung trägt. Am Wochenende hat Donald Trump einer Vereinbarung "seinen Segen" erteilt, die mehr Fragen offen lässt, als sie beantwortet – aber das sind wir bei diesem Thema ja gewohnt.

Die endgültige Zustimmung des Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) und der chinesischen Regierung stehen noch aus. Doch es gilt als nahezu ausgeschlossen, dass das CFIUS dem US-Präsidenten in den Rücken fällt, nachdem dieser sich öffentlich festgelegt hat. Und da TikTok sich bereits "erfreut" und "begeistert" geäußert hat, dürfte sich auch China nicht mehr querstellen.

Was der Deal beinhaltet

Noch sind nicht alle Details bekannt. Teils stützen sich die Informationen auf anonyme Quellen, die etwa mit Bloomberg und The Information gesprochen haben. Derzeit wissen wir:

Was davon zu halten ist

Die beste Zusammenfassung liefern ein Statement von Walmart und eine Aussage von Trump. Am Wochenende schrieb Walmart in seinem offiziellen Newsroom zwischenzeitlich (Archive.org):

This unique technology eliminates the risk of foreign governments spying on American users or trying to influence them with disinformation.ekejechb ecehggedkrrnikldebgtkjkddhfdenbhbkuk

Die Hervorhebung stammt von uns, der Rest ist O-Ton Walmart. Ähnlich verwirrt wirkte Trump, der stolz verkündete (Twitter / Aaron Rupar):

I said, could you put up five billion dollars into a fund for education, so we can educate people as to real history of the country. The real history, not the fake history. (…) My only problem ist, they did it so fast, I should have asked for more.

Selbst wenn wir das hochgradig problematische "Patriotic Education"-Programm (Politico) ignorieren, auf das Trump anspielt, bleibt das Unsinn. Wie ByteDance kurz darauf mitteile, existiert diese Zusicherung nicht.

Offenbar verwechselte Trump die Ankündigung von ByteDance, in Zukunft rund fünf Milliarden Dollar Steuern in den USA zu zahlen (allerdings ist das nur eine Prognose, und der genaue Zeitraum ist unklar), mit dem Versprechen von Oracle und Walmart, in eine Bildungsinitiative und KI-gestützte Programme zum digitalen Lernen zu investieren.

Kurzum: Der US-Präsident hat keine Ahnung, und ein Milliardenkonzern hat offenbar niemanden, der seine Blogeinträge gegenlesen kann. Das entspricht ziemlich genau dem Deal: It's a hell of a mess.

Was Trump sagt

Was ByteDance sagt

Die Chinesen reagieren kühl auf die Behauptungen von Trump: "Explanation of some false rumors on TikTok" lautet der Titel einer Richtigstellung (Toutiao). Darin macht ByteDance drei Dinge klar:

Was wir uns fragen

Wir sitzen nicht am Verhandlungstisch und haben keine Quellen im Weißen Haus. Deshalb formulieren wir nur Fragen. Davon haben wir einige:

Be smart

In Ausgabe #667 empfahlen wir einen Essay von Eugene Wei zum TikTok-Algorithmus. Der Text erklärte, was den Algorithmus so einzigartig macht und wie maschinelles Lernen half, den tiefen kulturellen Graben zu überwinden, der zwischen China und den USA klafft.

Nun hat Wei nachgelegt, und sein zweiter Longread ist genauso lesenswert wie der erste. In "Seeing Like an Algorithm" beschreibt er, wie TikTok seine App so gestaltet, dass es möglichst viele Daten und Interaktionen sammeln kann, um den Algorithmus fortlaufend zu optimieren:

The actual magic is how every element of TikTok's design and processes connect with each other to create a dataset with which the algorithm trains itself into peak performance.

Außerdem gibt Wei einen vielversprechenden Ausblick:

But there’s one final reason I find TikTok such a fascinating and anomalous case study. It has to do less with software and algorithms and more with something that the cultural determinist in me will never tire of studying: the network effects of creativity. That will be the subject of my third and final part of this series on TikTok.

Sein Blog hat einen RSS-Feed – Abonnieren dringend empfohlen. Aber keine Sorge: Auch Weis dritter TikTok-Text wird in diesem Briefing auftauchen.


Kampf gegen Desinformationen

Neue Regeln für Facebook Groups

Menschen versammeln sich bekanntlich zunehmend lieber um digitale Lagerfeuer, als öffentlich auf Facebook oder Instagram zu posten. Für Facebook ist die Gruppen-Funktion daher (mindestens seit Frühjahr 2019) ein zentraler Baustein, um bei Nutzerïnnen weiterhin relevant zu bleiben. Das Problem: Viele Menschen nutzen die vermeintliche Privatsphäre von Gruppen, um Spam, Falschinformationen und Aufrufe zu Gewalt zu teilen. Experten sehen darin seit Jahren eine der zentralen Herausforderungen, wenn es um die Gefahren von Filterblasen und Echokammern geht. Um diesen Herausforderungen besser zu begegnen, hat Facebook einige neue Regeln veröffentlicht. Ein Überblick:


Neue Features bei den Plattformen

Facebook

Spotify


Tipps, Tricks und Apps

  1. Consistently delivering value in your core service
  2. Consistently delivering value in your membership program
  3. Providing opportunities for participation
  4. Putting in place smart tech defaults and customer service that prevent easily avoidable member losses

Wir sind beim Social Media Watchblog übrigens sehr stolz, dass wir bei unserem ganz persönlichen Membership-Puzzle schon so viele Teile richtig legen konnten – noch einmal herzlichen Dank für das Vertrauen an dieser Stelle!


One more thing

Mark Zuckerberg Reckoning: Achtung, das hier verlinkte Video ist ein Fake! Sogar ein Deep Fake, wenn man der Künstlerin, die das Video produziert hat, folgen möchte. Warum wir es trotzdem teilen? Nun, weil wir uns wünschen würden, es wäre kein Fake, sondern tatsächlich ein Video von Mark Zuckerberg, in dem er zugibt, was bei Facebook alles falsch läuft, und in dem er darlegt, was er künftig alles anders machen möchte. Leider zu schön, um wahr zu sein. Oder wie die Stephanie Lepp es ausdrückt:

"The project seeks not to deceive nor demean, but to imagine and inspire…Deep Reckonings explores the question: how might we use our synthetic selves to elicit our better angels?"


Header-Foto von Andrew Keymaster bei Unsplash