Zum Inhalt springen
7 Min. Lesezeit

Bekiffte Content Moderatoren, Custom Audiences illegal, Adpocalypse

Bekiffte Content Moderatoren, Custom Audiences illegal, Adpocalypse

Salut und herzlich Willkommen zur 527. Ausgabe des Social-Media-Watchblog-Briefings. Heute blicken wir auf die Arbeit von Content Moderatoren bei Facebook. Zudem beschäftigen wir uns mit der heimlichen Weitergabe von Daten an Facebook und der Einschränkung des „Custom-Audience-Features“ in Bayern. Ich wünsche eine gewinnbringende Lektüre und bedanke mich für das Interesse an unserer Arbeit, Martin

[line][gap size=“40px“]

Bekiffte Content Moderatoren

Was ist: Der sehr geschätzte Kollege Casey Newton hat für The Verge einen detaillierten Artikel über die Arbeit von Content Moderatoren bei Facebook geschrieben. Zwar gab es schon eine Reihe anderer Artikel darüber (etwa diesen hier von WIRED), aber bislang hatte noch kein Kollege Zugang zu einem Content-Moderatoren-Büro in den USA.

Warum ist das interessant? Die Arbeit der Content Moderatoren besteht darin, Inhalte zu überprüfen, die entweder von Nutzern oder aber von einer Art automatischen „Filter“ geflaggt wurden. Letztlich richten somit die Content Moderatoren darüber, was auf Plattformen wie Facebook, YouTube und Twitter veröffentlicht werden darf und was gelöscht wird.

Was sind die Key Findings?

Der größere Zusammenhang: Die Content Moderatoren erfüllen eine enorm wichtige Aufgabe in unserer Gesellschaft. Das von Casey beschriebene Arbeitsklima zeugt jedoch nicht von der Wertschätzung, die sie eigentlich verdient hätten (siehe Twitter/JayTSack). Auch wird deutlich, wie wichtig die Auswahl der Content Moderatoren für die Ausübung ihrer Tätigkeit ist. Was nützt es, wenn Verschwörungstheoretiker über Inhalte von Verschwörungstheoretikern entscheiden?

Be smart: Facebook hat im vergangenen Jahr mehrfach betont, dass sie das Personal massiv aufgestockt hätten, um Desinformationen und anderen fraglichen Inhalten zu begegnen. Das ist gut und löblich. Die Diskussion um Content Moderatoren verdeutlicht, dass Facebook eigentlich gar nicht genug in ihre Arbeit investieren kann.

Auf der anderen Seite richtet hier aber auch ein Heer von ca. 15.000 nicht-demokratisch legitimierten Internet-Polizisten über die veröffentlichten Inhalte von Milliarden Menschen. Das bereitet mir enorme Bauchschmerzen.

Tiefgang: Wer sich intensiver mit der Arbeit von Content Moderatoren beschäftigen möchte, sollte unbedingt die Dokumentarfilm The Cleaners schauen.

[line][gap size=“40px“]

Wenn Facebook weiß, dass Du schwanger werden möchtest

Was ist: Eine WSJ-Recherche zeigt, wie Drittanbieter-Apps äußerst sensible Nutzerdaten an Facebook weiterreichen, ohne dass die Nutzer dem zugestimmt hätten, respektive darüber aufgeklärt wurden.

Um was für Apps und Daten geht es?

Der größere Zusammenhang: Die hier vom WSJ aufgeführten Apps sind bei weitem nicht die einzigen, die ungefragt Daten mit Facebook austauschen. Vielmehr ist das Problem systemimmanent. Der Grund besteht in sogenannten Software Development Kits, kurz SDK. Gerade das Facebook-Kit ist extrem populär bei App-Entwicklern, weil es dabei hilft, die eigenen Nutzer besser zu verstehen – was klicken sie, welche Funktion nutzen sie, etc.

Facebook erhält dafür im Gegenzug ebenfalls wertvolle Daten, um noch bessere Profile von Nutzern erstellen zu können. Privacy International zeigt hier im Artikel und hier im Video, wie diese SDK funktionieren.

Be smart: Facebook erklärt, die App-Anbieter seien schuld. Sie hätten die Daten nicht an Facebook übertragen dürfen. Die App-Anbieter sagen, sie hätten nicht verschwiegen, dass Daten mit Drittanbietern ausgetauscht würden. So bleibt am Ende der Nutzer wieder der Dumme und kann nur dabei zuschauen, dass seine Daten weder von der einen, noch von der anderen Seite wirklich respektiert werden. Oder wie Zeynep Tufekci schreibt:

Every part of this data chain will say oh look at some other part is doing this or that. They’re all correct. The whole surveillance-industrial complex is corrupt and its mechanisms are not clear to ordinary people.

[line][gap size=“40px“]

Die nächste Adpocalypse?

Was ist: In Briefing 526 hatten wir auf die Recherche von Matt Watson hingewiesen, der in einem Video aufzeigt, dass bei YouTube Videos zirkulieren, die Kinder in Posen zeigen, die für Pädophile reizvoll sind. Watsons Recherchen führten dazu, dass einige Werbetreibende (etwa Disney, Nestle, McDonald’s, AT&T and Epic Games) ihre Budgets von YouTube abgezogen haben (Digiday). YouTuber fürchten nun eine erneute Adpocalypse.

Warum ist das interessant?

Be smart: YouTube hat reagiert und Tausendfach Kommentare abschalten und Kanäle sperren lassen (Engadget). Soweit so gut. Gleichwohl zeigt dieses Beispiel einmal mehr, wie sehr Social-Media-Plattformen von sogenannten „bad actors“ für ihre eigenen Ziele ausgenutzt werden und wie wenig Kontrolle die Tech-Unternehmen über ihre eigenen Plattformen haben.

[line][gap size=“40px“]

Facebooks „Custom Audience“ in Bayern illegal

Was ist: Das Feature „Custom Audiences“ wird bei Facebook gern genutzt, um Nutzer zielgenau mit Werbung zu erreichen. Die bayerische Datenschutzaufsicht schränkt diese Praxis nun solange ein, bis seitens der Werbetreibenden eine ausdrückliche Einwilligung der Kunden eingeholt wurde.

Wie funktioniert das Feature „Custom Audience“?

Was ist daran problematisch?

Be smart: Facebook könnte ein Muster für eine Datenschutzbestimmung zur Verfügung stellen, die Unternehmen einsetzen können, um sich die notwendige Zustimmung vom Kunden einzuholen. Bislang gilt die Einschränkung nur für Bayern. Sie könnte aber anderen (Bundes-) Ländern als Vorbild dienen. Mehr dazu bei Netzpolitik.

[line][gap size=“40px“]

Schon einmal im Briefing davon gelesen

Email-Tracking: Wir reden permanent über Social-Media-Plattformen, die ihre Nutzer tracken und Profile erstellen. Dabei vergessen wir oft, dass Email-Anbieter ganz ähnlich vorgehen. Motherboard hat @MacLemon gefragt, welche Anbieter etwas taugen. Hier der Überblick:

Disclaimer: Ich nutze für den Versand des Newsletters Posteo und Mailchimp. Während Posteo großartig ist, was den Datenschutz angeht, bietet Mailchimp eine Reihe von Tacking-Optionen an. Ich nutze davon lediglich die Optionen, die Öffnungsraten zu tracken und zu schauen, welche Links für meine Leser relevant sind. Hier geht es zu den Datenschutzbestimmungen von Mailchimp.

[line][gap size=“40px“]

Neues von den Plattformen

Android Messages:

Instagram

[line][gap size=“40px“]

One more thing

Der Tatort neulich vermittelte ja den Eindruck, Göttingen sei so ein krasses Provinznest. Ist natürlich totaler Quatsch. 🙈😂