Salut und herzlich Willkommen zur 513. und damit ersten Ausgabe des Social Media Watchblog Briefings im neuen Jahr. Ich wünsche Dir ein wunderbares 2019! Für mich beginnt nun eine aufregende Reise und ich freue mich sehr, dass Du ein Teil davon sein magst: herzlichen Dank für das Interesse an unserem kleinen Internetangebot und recht herzlichen Dank für die Wertschätzung unserer Arbeit!

Ich freue mich sehr darauf, Dich fortan in Vollzeit über die wichtigsten News und Debatten rund um Social Media informieren zu dürfen – per Newsletter, Twitter (@smwatchblog) und Slack. Falls Du übrigens noch kein Mitglied unseres Slack-Channels bist, lade ich Dich hiermit noch einmal herzlich ein: folge einfach diesem Link und schließe Dich unserer Gruppe mit derzeit dreihundert Social-Media-Profis aus dem gesamten deutschsprachigen Raum an. Wäre toll, Dich dort begrüßen zu dürfen!

So wie das Jahr begonnen hat, sieht es ja ganz danach aus, als würden uns auch dieses Jahr die Themen in Sachen Social Media nicht ausgehen. Im Gegenteil: Soziale Medien rücken kontinuierlich mehr in den Fokus der Gesellschaft und der Politik. Die jüngsten Nachrichten rund um den Datenklau und Robert Habecks Entscheidung, Facebook und Twitter den Rücken zu kehren, zeugen davon.

Dieser Newsletter soll Dir in den kommenden Monaten im besten Fall dabei helfen, stets den Überblick zu behalten, ohne dass Du selbst die ganze Zeit „on“ sein musst. Wir verstehen unser Briefing als Service: wir wühlen uns durch Hunderte Artikel und Meldungen pro Woche, bereiten die wichtigsten davon journalistisch sauber auf und Du bist bestens informiert, um informierte Entscheidungen zu treffen oder um in Sachen Social Media den Überblick zu behalten.

Übrigens: Falls Du das Briefing auch auf unserer Website lesen möchtest, kann ich Dir gern ein Steady-Login schicken. Einfach kurz auf diese Email antworten und Bescheid geben.

Überhaupt: Für Feedback, Rückfragen und Vorschläge zur Zusammenarbeit stehe ich jederzeit zur Verfügung – via Twitter (@martinfehrensen) und per Email (socialmediawatchblog@posteo.de).

Ich wünsche eine angenehme und gewinnbringende Lektüre!

Herzlichst, Martin

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Was zwischen den Jahren so passiert ist

Was ist: Eigentlich dachte ich, dass zwischen den Jahren nicht viel passieren würde. Ich wurde eines Besseren belehrt. Ein Überblick:

Facebook

  • Die New York Times hat eine ganze Reihe an Artikeln publiziert, die sich mit Facebook auseinandersetzen – etwa über den privilegierten Zugang zu Facebooks Datenschatz für Microsoft, Amazon oder Spotify oder Facebooks zweifelhafte Rolle bei der Selbstmord-Prävention.
  • Der wichtigste Artikel aus dieser Serie widmet sich allerdings Facebooks Policies und der Arbeit der Content Moderatoren – also jenen mittlerweile 30.000 Mitarbeitern, die sich um die Einhaltung der Policies kümmern. Im Artikel wird beschrieben, wie eine kleine Anzahl an Programmierern und Juristen wöchentlich beim Arbeitsfrühstück darüber entscheidet, was die mehr als 2.200.000.000 Menschen auf der Plattform sagen und posten dürfen – und was eben nicht. Ein absurdes Szenario. Und ein Albtraum für die Demokratie. Inside Facebook’s Secret Rulebook for Global Political Speech (New York Times)
  • Neben den Artikeln hatte die New York Times übrigens auch eine recht detaillierte Anleitung publiziert, wie Mensch sein Facebook-Konto löscht. Soweit nicht ganz ungewöhnlich – macht die Tagesschau ja auch. Aber die New York Times hatte für den Artikel zusätzlich bei Facebook eine Anzeige geschaltet. Das scheint dann für Zuckerberg und Co das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben: sie wittern eine Verschwörung der Times gegen Facebook (Byers Market).
  • Der Guardian hat Experten befragt, welche Challenge Mark Zuckerberg sich für 2019 vornehmen sollte. Die Antworten sind voll von abschätzigen Bemerkungen und Aufrufen, er möge doch bitte als CEO abtreten.
  • BuzzFeed hat eine Liste erstellt mit den Top-Fake-News-Artikeln, die bei Facebook 2018 die Runde gemacht haben. Demnach hätten die Top-50-Artikel insgesamt rund 22 Millionen Interaktionen eingesammelt hätten. Das ist natürlich eine stattliche Hausnummer – keine Frage. Allerdings muss dazu auch aufgeschrieben werden, dass die Top-Publisher bei Facebook diese Anzahl an Interaktionen jeden Monat einfahren (Newswhip). Das soll das „Fake-News“-Problem bei Facebook nicht klein reden, aber dabei helfen, die Zahlen einzuordnen.

Instagram

  • Bereits in Briefing #509 hatten wir darüber berichtet, dass Instagram an der Option arbeitet, den Feed per Tinder-Swipe steuern zu können, anstatt per vertikalem Scrolling. Zwischen den Jahren hatte Instagram nun für eine nicht näher kommunizierte Anzahl an Nutzern genau dieses Feature ausgerollt – für ein paar Minuten nur, aber der Aufschrei hätte kaum lauter sein können (The Verge). Ein Bug sei dafür verantwortlich gewesen, heißt es. Eigentlich hätte der Test nur an ganz wenige Nutzer ausgespielt werden sollen, liest man. Ich persönlich glaube ja nicht an solche „Fehler“, sondern eher an ein kalkuliertes Vorgehen. Aber bei dem Feedback dürfte jetzt allen klar sein, dass sie dieses Feature lieber wieder begraben.

YouTube

  • Vielleicht erinnerst Du Dich an Logan Paul? Der YouTube-Star hatte im Dezember 2017 weltweit für entsetzen gesorgt, weil er in seinem Vlog ein Suizid-Opfer gezeigt hatte. Nun, ziemlich genau ein Jahr später, hat Paul ein bemerkenswertes Video veröffentlicht, in dem er sich als geläuterten und gereiften Mann inszeniert. Wer sich nicht so genau mit YouTube-Stars auskennt, sollte dieses Video wirklich einmal anschauen – eine irre Welt. Oh Gott, ich höre mich an wie mein Vater. Anyway. Warum ich das erzähle: in Pauls großem Sorry-Video ist auch sein jüngerer Bruder Jake prominent eingebunden. Nicht weiter verwunderlich, ist Jake Paul doch ebenfalls ein YouTube-Megastar. Aber: Eben genau jener Jake zeichnet nun mit verantwortlich für einen YouTube-Trend, der Kids dazu ermuntert, mit verbundenen Augen in den Straßenverkehr zu rennen (The Verge). Grundlage dafür ist die sogenannte Bird Box Challenge, die auf dem gleichnamigen Netflix-Horrorfilm basiert. Ist doch alles so eine Heuchelei.

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Habecks Rückzug von Twitter und Facebook

Was ist: Mit Robert Habeck hat sich einer der bekanntesten und vermeintlich progressivsten deutschen Politiker von Twitter und Facebook verabschiedet. (Robert Habeck)

Warum tut er das? Habecks Entscheidung fußt auf zwei Erfahrungen:

  • Einerseits ist er Opfer des Datenklaus geworden. So wurden etwa zahlreiche Chats zwischen ihm und seiner Frau veröffentlicht. Eine Erfahrung, die man sicherlich niemandem wünscht.
  • Andererseits hatte er sich auf Twitter zweimal zum gleichen „Fehler“ hinreißen lassen: der Veröffentlichung von Wahlkampf-Videos, die in aller Eile aufgenommen wurden, sprachlich unsauber waren und dem Zeitgeist entsprechend den politischen Gegnern als Steilvorlage dienten.

Warum ist Habecks Rückzug überhaupt interessant? Bislang hat sich noch kein Politiker so öffentlichkeitswirksam von Twitter und Facebook zurückgezogen. Im Gegenteil: die allermeisten PolitikerInnen haben in den vergangenen Monaten Twitter und Facebook erst so richtig als Megafone für sich entdeckt.

Was ist von der Entscheidung zu halten?

  • Robert Habeck zieht sich (so verstehe ich ihn jedenfalls) von Facebook zurück, damit von der Plattform keine Chats mehr protokolliert werden können, die dann geleakt werden könnten.
  • Das ist natürlich erst einmal richtig und ein No-Brainer: wird die Plattform nicht verwendet, kann auch niemand etwas abgreifen.
  • Allerdings wurde bei dem Datenklau ja nicht die Plattform als solches gehackt, sondern die schwachgeschützten Nutzerkonten. Somit sollte Habeck also nicht der Plattform die Schuld geben, sondern den nur dürftigen Sicherheitsvorkehrungen, für die alleine er, respektive sein Umfeld verantwortlich sind.
  • Von Twitter zieht sich Robert Habeck hingegen zurück, weil die Plattform wie kein anderes digitales Medium „aggressiv“ und voll mit „Hass, Böswilligkeit und Hetze“ sei.
  • Auch das kann ich durchaus nachvollziehen. Twitter ist mitunter ein extrem hässlicher Ort. Auch mir gefällt der Ton dort zumeist nicht besonders gut.
  • Das Problem dabei: Twitter ist nicht das einzige Medium, bei dem einem Hass und Hetze begegnet. Facebook, Instagram und YouTube sind ebenfalls voll davon.
  • Das eigentliche Problem besteht auch nicht im Medium selbst. Vielmehr dienen die sozialen Medien als Spiegel unserer Gesellschaft. Und nur weil man nicht mehr in diesen Spiegel hineinschaut, geht der Hass und die Hetze ja nicht weg. (Siehe dazu den lesenswerten Kommentar von Kollege Dirk von Gehlen für die SZ)
  • Im Gegenteil: im schlimmsten verweigert man sich so der Auseinandersetzung mit eben jenen Gruppen und überlässt die digitalen Räume dann all jenen, die man eigentlich politisch bekämpfen möchte.

Der größere Zusammenhang: Social Media ist zu einem elementaren Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Wir erleben einen fundamentalen Umbruch in der Art und Weise, wie Politik, Wirtschaft, Medien und jeder einzelne kommuniziert. An Facebook, YouTube, Instagram, Twitter und Co kommt seit Jahren kaum jemand vorbei. Die Krux dabei: nur eine Handvoll Unternehmen entscheiden per Design und Policies über die Spielregeln, wie diese Kommunikation funktioniert – häufig nicht zum Wohle der Nutzer und schon gar nicht demokratisch legitimiert. Wenn nun Politik und Gesellschaft endlich anfängt, über diese Prozesse zu diskutieren, ist viel gewonnen. Hohn und Spott reichen da nicht aus.

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Der "Datenklau"

Was ist: Bereits im Dezember wurden nach und nach sensible Daten (Telefonnummern, Adressen, Chats, Dokumente, etc.) von Prominenten und Politikern von einem bis dato unbekannten Täter im Internet veröffentlicht. Erst im Januar wurde die breite Öffentlichkeit auf das Doxing aufmerksam (SZ). Ein Tatverdächtiger wurde nun am Sonntagabend festgenommen, mittlerweile aber wieder auf freien Fuß gesetzt, weil keine Fluchtgefahr bestünde (Tagesschau).

Was muss man darüber wissen?

  • Es handelt sich nach allem, was man bislang weiß, nicht um einen klassischen Hackerangriff. Vielmehr wurden Daten aus unterschiedlichen Quellen „geklaut“ und in beachtlicher Fleißarbeit zusammengetragen. (t-online)
  • Es gibt keine Hinweise auf Unterstützung durch ausländische Geheimdienste.
  • Auch gibt es bislang keine Hinweise auf eine politische Motivation des Täters.
  • Die Daten ließen sich wohl vor allem deshalb zusammentragen, weil entweder die betroffenen Personen selbst oder aber Personen aus ihrem Umfeld (Ehefrau, Kinder, Freundin, etc.) ihre Social-Media- und Email-Accounts nicht ausreichend geschützt hatten. Auch seien Daten aus öffentlichen Quellen zusammengetragen worden.
  • Die Forderungen und Reaktionen der Politik schießen leider weit über das Ziel hinaus. Kein Cyberabwehr-Zentrum hätte diesen Vorfall verhindern können. Für die Sicherheit der Accounts sind imho die Personen selbst verantwortlich.

Wie kann mir so etwas nicht passieren? Wer als Politiker oder Journalist seine Social-Media- und Email-Accounts nicht per 2-Faktor-Authentifizierung und Password-Manager schützt, handelt fahrlässig. Daniel Moßbrucker hat einen lesenswerten Artikel darüber geschrieben, wie man sich besser schützen kann (Medium).

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Was 2019 auf Facebook zukommt

Was ist: Die gute Nachricht für Facebook lautet: 2018 ist vorbei. Die schlechte Nachricht für Facebook lautet: 2019 muss nicht unbedingt viel besser werden. Ein Ausblick auf das, was das neue Jahr für Facebook bereithalten könnte:

  • Strafzahlungen: Sowohl die Irish Data Protection Commission als auch die US-amerikanische Federal Trade Commission prüfen derzeit, wie hoch die Strafen für Facebook im Zusammenhang mit diversen Nutzerdaten-Skandalen ausfallen. Experten rechnen damit, dass die Strafzahlungen jeweils oberhalb von einer Milliarde Dollar liegen könnten.
  • Diskussion um Zerschlagung: Während 2018 noch nicht all zu genaue Vorschläge vorlegt wurden, wie Facebook „zerschlagen“ werden könnte, dürften in diesem Jahr die ersten konkreten Papiere dazu veröffentlicht werden. Ob und wie es wirklich dazu kommt, ist zwar bislang reine Spekulation. Die Diskussion darüber aber wird Facebook nicht zur Ruhe kommen lassen. (BBC)
  • Nutzerzahlen: Am 30. Januar legt Facebook die nächsten Quartalszahlen vor. Mit Spannung wird man dann vor allem auf die Entwicklung der Nutzerzahlen blicken – schließlich hatte Facebook doch 2018 zum ersten Mal einen leichten Rückgang der Nutzer in Nordamerika verzeichnet. Es wird erwartet, dass sich diese Tendenz aufgrund der neuerlichen Datenskandale auch im vierten Quartal 2018 fortgesetzt hat.

Be smart: Mark Zuckerberg hatte sich in seiner „End of Year Note“ ziemlich stolz gezeigt – so viel hätten sie 2018 erreicht, um Facebook zu reparieren. Facebooks Rolle bei der Vertreibung der Rohingya, WhatsApps Rolle bei den Lynchmorden in Indien oder die erst jetzt nachgewiesene Verwicklung Instagrams in die Manipulation von Wählern bei der US-Wahl 2016 (Bloomberg) – all das wurde von Zuckerberg darin natürlich nicht angesprochen.

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Money Quote

Resigning from Facebook – and bringing Sheryl Sandberg with him, so she can spend all her time convincing women that patriarchy is really just a posture problem. Then he should reorient his charitable foundation. It should stop trying to end all disease and refocus on healing the plague that Facebook has become. It should stop trying to transform education and refocus on educating billionaire techies with huge power but limited moral imaginations.

Anand Giridharadas zur Frage, was die Challenge von Mark Zuckerberg 2019 sein sollte.

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Neue Features bei den Plattformen

Facebook Inc

  • WhatsApp Stablecoin: So wie es aussieht, arbeitet Facebook tatsächlich an einer eigenen Bitcoin-Lösung – zunächst wohl vor allem für WhatsApp-Überweisungen. (Bloomberg)
  • Clear History: Als Facebook gerade der Cambridge-Analytica-Skandal um die Ohren flog, gab es allerlei Ideen und Verheißungen, wie die Nutzer ihre Daten künftig noch viel stärker selbstbestimmt verwalten könnten. Eine Idee lautete damals: Clear History – also die Option, sämtliche Spuren, die Facebook einem Nutzer zuordnen konnte, zu beseitigen. Jetzt stellt sich heraus, dieses Feature wird es so wohl doch niemals geben. (Recode)

Snapchat

  • Lense Challenges: Weil bei TikTok die Challenges so populär sind und Snapchat TikTok offenkundig als extrem großen Herausforderer einstuft, bietet Snapchat jetzt seine eigene Variante der Challenges an. (Techcrunch)

Gfycat

  • Gifs mit Sound – jedenfalls fast: Wer im Netz nach Gifs sucht, nutzt wahrscheinlich vor allem Giphy. Jetzt hat der Mitbewerber Gfycat allerdings ein neues Feature in Petto, das durchaus seinen Reiz hat: Gifs mit Sound. Das einzige Manko daran: es sind keine Gifs, sondern mp4s. Aber das stört ja wohl nur Puristen. (Techcrunch)

WeChat

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Tipps, Tricks und Apps

Google Playbook: Google hat ein Playbook für Nachrichten-Websites veröffentlicht. Darin (neben unvermeidlichen Tipps zur Implementierung von Google-Produkten) viele praktische Tipps und Best Practices zur Gestaltung von Websites. Hier ist das PDF!

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One more thing

Schuluniformen mit GPS: In China sind sie ja bereits beängstigend weit, was die Implementierung von Überwachungstaktiken- und techniken im Alltag angeht. Der Citizen Score fällt einem da natürlich ein. Oder WeChat. Aber auch vor Kleidung wird anscheinend nicht Halt gemacht: so können Eltern an bestimmten Schulen Uniformen für ihre Kinder erwerben, die mit einem GPS-Chip ausgestattet sind, um somit die Kids jederzeit tracken zu können. Schwänzen war gestern.