Salut und herzlich Willkommen zur 482. Ausgabe des Social Media Watchblog Briefings. Heute ist ein besonderer Tag: nach etwa sechs Jahren überführe ich das Social Media Watchblog nun tatsächlich in ein Membership-Modell.

Was einst als ambitioniertes Nebenbei-Projekt begann, hat sich über die Jahre für viele LeserInnen zu einer echten Instanz in Sachen Social-Media-News entwickelt. Für mich persönlich ist das Watchblog von einem Herzensprojekt, in das ich Hunderte Arbeitsstunden investiert habe, zu einem echten Beruf gereift.

Das alles konnte nur funktionieren, weil ich erstens großartige Mitstreiter hatte und habe (vielen lieben Dank Konrad, Christian, Anna, Simon, Jan, Tilman und Isabell) und weil ich zweitens Dich als Leser für unsere Arbeit gewinnen und zu einem großen Teil tatsächlich über all die Jahre halten konnte – herzlichen Dank für diese gemeinsame Reise!

Heute nun schlagen wir ein neues Kapitel auf. Ich bin wahnsinnig gespannt auf das, was kommt, bedanke mich für das Vertrauen und die Honorierung unserer Arbeit, die wir in das Social Media Briefing investieren!

Mein Dank gilt daher insbesondere auch den derzeit 479 Abonnenten, die sich bereits vor der Einführung des Membership-Modells dazu entschieden haben, für das Briefing künftig zu bezahlen.

Und mein Dank gilt der Deutschen Welle, Vice Deutschland, dem ZDF, der Süddeutschen Zeitung, Reichelt Elektronik, dem WDR, den Kollegen aus der Schweiz vom SRF, Gruner + Jahr und den vielen anderen Institutionen, Sendern, Verlagen und Agenturen, die bereits angekündigt haben, ebenfalls das Briefing für sämtliche Mitarbeiter beziehen zu wollen! Das ist ganz großes Kino!

Ich wünsche nun eine gute Lektüre mit dem 482. Briefing und freue mich auf die kommenden Monate! Vielen lieben Dank für das Interesse und die Wertschätzung, Martin & Team

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Freie Meinungsäußerung im Plattformzeitalter

Was ist: Wer darf sich wie online artikulieren? Und welche Artikel sind von welchen Anbietern zu welchem Zeitpunkt wo zu finden? Die Diskussion um die Neutralität, respektive die Rolle der Tech- und Internet-Giganten hinsichtlich „free speech“ ist voll entbrannt.

Warum ist das wichtig? Welche Ideen zirkulieren und welche Nachrichten gelesen werden, darüber entscheiden immer häufiger Technologie-Plattformen, deren primäres Interesse in der Gewinnmaximierung besteht. Ihre Mission besteht nicht darin, die Welt zu einem aufgeklärteren Ort zu machen. Und genau das macht es so schwierig mit Blick auf all die Fragen rund um elementare Grundrechte – wie etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Drei aktuelle Beispiele

  • Googles Operation Dragonfly: Einem Bericht von The Interceptzufolge versucht Google derzeit in China Fuß zu fassen – und zwar mit einer Suchmaschine, die arg den Bedürfnissen der chinesischen Regierung angepasst ist. So würde etwa die „zensierte“ Version dieser Google-Search-Variante Inhalte, die das Regime als sensibel ansieht, etwa „information about political dissidents, free speech, democracy, human rights, and peaceful protest“, von der Suche rigoros ausklammern. Menschenrechtsaktivisten sind von diesen Plänen natürlich nicht begeistert und appellieren in einem offenen Brief an Sundar Pichai, er möge von dem Vorhaben abrücken.
  • Trumps Vorwürfe: Donald Trump ist allem Anschein nach doch ein (fast) ganz normaler Mensch. Jedenfalls ist er sich nicht zu schade, seine Wenigkeit früh morgens zu googeln. Nur die Schlüsse, die er daraus zieht, sind dann doch wieder besorgniserregend. So bekommt Trump laut eigener Darstellung bei seiner Google-Suche nur Ergebnisse angezeigt, die ihn kritisieren würden und sein Handeln hinterfragten. Ein Zustand, der in der Feststellung mündete, die Internet-Riesen hätten eine politische Agenda – und zwar zu Ungunsten der konservativen Kräfte. Genau dies würde er so aber nicht länger hinnehmen. Mal schauen, was bei der Anhörung von u.a. Facebooks Sandberg und Twitters Dorsey in der kommende Woche so herauskommt. Google jedenfalls widerspricht bereits Trumps neuester Verschwörungstheorie. Spiegel Online hat mehr zu dieser Story.
  • Neonazis in Sachsen: Ich bin wirklich schockiert ob der Ereignisse, die sich in Chemnitz zugetragen haben. Was mich obendrein hat den Atem anhalten lassen, war ein Transparent, mit dem Neonazis Stimmung gegen Geflüchtete machen wollten. Auf dem Banner waren Frauen abgebildet, die offenkundig Opfer von Gewalt geworden sind. Allerdings – so zeigt es u.a. die Recherche von Mimikama – nicht durch Geflüchtete, wie die Neonazis mit ihrem Transparent suggerieren wollten, sondern durch prügelnde Ehemänner oder Polizisten. Zudem stammt wohl keine der abgebildeten Frauen aus Deutschland. Das perfide an dieser Geschichte ist also nicht nur, dass Frauen, die bereits Opfer von Gewalt geworden sind, nun auch noch von Neonazis instrumentalisiert werden, sondern dass „fake news“, die sich davor via Social Media verbreiteten auf Bannern bei Demonstrationen wiederfinden.

Be smart: Nicht alles, was auf den Social Media Plattformen passiert, kann zwangsläufig den Verantwortlichen in die Schuhe geschoben werden, völlig klar. Allerdings, und da bin ich ganz mit der ehemaligen Reddit-Chefin einer Meinung, ist es auch nicht länger zu akzeptieren, dass wir den CEOs von Facebook und Co abnehmen, sie seien schlichtweg so naiv (gewesen) und hätten sich einfach nicht vorstellen können, für welche Zwecke ihre Plattformen ausgenutzt werden. Vielmehr gilt es sie genau für diese Versäumnisse künftig haftbar zu machen – moralisch und juristisch.

Übrigens: Bei Facebook hat sich einem Bericht der New York Times zufolge eine Gruppe formiert, die mehr Diversität einfordert. Der Grund: konservative Ideen würden kaum gehört im Unternehmen. Das müsse sich ändern. Wenn das mal nicht Wasser auf die Mühlen von den Trumps dieser Welt ist.

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Social Media & Journalismus

Medien-Verbündete verlässt Facebook: Alex Hardiman war bei Facebook als Head of News Product u.a. dafür zuständig, neue Abo-Modelle für Publisher einzuführen. Auch galt sie als Instanz in Sachen „Fake News“-Bekämpfung. Jetzt wechselt sie zu The Atlantic. Für Medienhäuser keine guten Nachrichten, hatten sie in Hardiman doch einer aus den eigenen Reihen bei Facebook in ansprechender Position. Schauen wir mal, wer folgt.

Neue Features für Bing-News: Eigentlich ist Bing ja jetzt nicht dafür bekannt, so wahnsinnig wichtig für unsere Social-Welt zu sein. Aber die neuen Features, die Bing hinsichtlich der Aufbereitung von News im Angebot hat, lassen dann doch aufhorchen: mittels KI und Redakteuren würden Stories jetzt kontinuierlich abgebildet – auch via Einbindung von Social-Inhalten. Ein Blick lohnt sich.

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Wenigstens schon mal gehört

Kartellamt gegen Facebook: Das Bundeskartellamt prüft, wie sie gegen Facebook vorgehen können. Hintergrund ist die offenkundig marktbeherrschende Stellung, die Facebook (read: das Unternehmen) in Deutschland inne hat. Mal schauen, was da auf Facebook zukommt.

Neues Privacy Law: Facebook, Twitter und Co versuchen derzeit hinter den Kulissen für ein neues Privatsphäre-Gesetz in den USA zu lobbyieren. Klingt komisch, ist es aber nicht. Dass etwas Neues kommt, scheint unausweichlich, so die Interpretation der Tech-Riesen. Dann doch aber bitte auch möglichst nach ihren Ideen.

Warum Google & Chartbeat unterschiedlich zählen: Ihr nutzt bei Euch Google Analytics und Chartbeat, um Nutzerzahlen im Blick zu haben? Ihr wundert Euch immer, warum die Zahlen so unterschiedlich sind? Well, Chartbeat got you covered. Dieser Artikel erklärt, wie es zu den Unterschieden kommt.

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Lese-Empfehlungen fürs Wochenende

Starten wir die Lese-Empfehlungen für diese Woche mit drei Artikeln zu Instagram. War gar keine Absicht, Instagram hier so prominent zu featuren. Aber es sagt ja auch viel über den Zeitgeist aus, dass immer mehr Stories rund um Insta erzählt werden – es ist einfach die Plattform aktuell.

  • 1) Sponsored Posts als Ferienjob: Früher ™ hat man in den Sommerferien ja Erdbeeren verkauft. Oder man war mal sechs Wochen auf dem Bau und hat richtig mit angepackt. Doch diese Zeiten scheinen für viele Kids nun endgültig der Kategorie „Opa erzählt vom Krieg“ zugehörig. Wer heute im Sommer ein bissl sein Taschengeld aufbessern möchte, macht Sponsored Posts auf Instagram.
  • 2) Teens diskutieren News auf Insta: Ja, wirklich! Es gibt Teenager, die Instagram dafür nutzen, um sich über aktuelle Nachrichten zu informieren. Also vielleicht tauchen da jetzt nicht 1:1 die Themen auf, die auch in der Tagesschau verhandelt werden, aber Insta ist für sie eben auch weit mehr als nur ein Schaufenster ins (vermeintlich echte) Leben ihrer Freunde.
  • 3) Geteilte Instagram-Accounts: Man kennt das: Wer als Pärchen die ganze Zeit die gleichen Situationen erlebt, knipst auch permanent die gleichen Fotos. Warum also nicht einen Instagram-Account teilen? Genau das scheint sich gerade als Trend zu etablieren – nicht nur bei Pärchen.

Neben diesen drei Geschichten zu Instagram möchte ich noch kurz die folgenden beiden Artikel empfehlen:

  • Wie Social Media bei Katastrophen hilft: Wir sind ja beim Social Media Watchblog häufig nicht zimperlich, was Kritik an den sozialen Netzwerken angeht. Das liegt aber eigentlich nur daran, weil wir Social Media an sich total großartig finden – jedenfalls dann, wenn sie wirklich gewinnbringend eingesetzt werden. So wie im Falle von Katastrophen etwa, wo Social Media wirklich helfen kann, Leben zu retten.
  • A Day in the Digital Life of Africa: Afrika ist mit Blick auf die Nutzung von Technologie super spannend. Der Grund dafür liegt auf der Hand – also im wahrsten Sinne des Wortspiels: Während die Menschen in der westlichen Welt ihre ersten Computer-Erfahrungen mit stationären Geräten machten, überspringen in Afrika die allermeisten Menschen diesen Schritt und haben als erstes Device ein Smartphone. Wie sich der digitale Alltag vielerorts in Afrika darstellt, zeigt dieser Artikel vom Guardian.

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Neues von den Plattformen

Facebook

  • Facebook Watch: Nach einem Jahr voller Tests und Piloten wird Facebook Watch nun international ausgerollt. Ab sofort können also bei Facebook sowohl auf dem Desktop, als auch auf iOS und Android-Geräten Serien, Shows und Sport geschaut werden, die zum Großteil exklusiv für Facebook Watch produziert / lizenziert wurden. Der Clou: Facebook Watch ist auch bei Apple TV, Samsung Smart TV, Amazon Fire TV, Android TV, Xbox One, und Oculus TV zu sehen. Mal gucken, ob das den Views gut tut – bislang sind die ähnlich zu denen von Instagram TV noch nicht wirklich überragend.
  • Things in Common: Um mehr Leute miteinander zu verbinden, zeigt Facebook seinen Nutzern testweise in den Kommentaren Dinge an, die sie vermeintlich miteinander teilen. Kollateralschäden und Fremdscham garantiert inklusive.
  • Pin Comments: Um bessere Diskussionen und wertvollere Communities zu katalysieren, gibt es für Gruppen-Admins nun die Option, Kommentare in Threads zu pinnen. Da kann ich mir schon gut vorstellen, dass das an vielen Stellen Sinn ergibt.

Instagram

  • Sichererer: Insta möchte gern für seine Nutzer ein sicherer Ort sein. Jetzt, wo es gerade so schön läuft. Dafür haben sich Systrom und Krieger drei neue Features einfallen lassen. Erstens können User künftig bei den einzelnen Accounts auf About this account klicken und erfahren z.B., wann der Account Instagram beigetreten ist, aus welchem Land der Account stammt und ob es jüngst Namensänderungen gegeben hat. Ferner können Nutzer sich nun um eine Verifikation ihres Accounts bemühen und bald auch Third-Party-Apps als Authentifizierungsoption nutzen.

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Apps, Tipps und Tricks

WhatsApp-Backup: WhatsApp hält künftig für seine Nutzer in der Google Cloud unendlich viel Platz fürs Backup bereit. Allerdings sind Android-Nutzer gut beraten, wenn sie jetzt noch schnell ein entsprechendes Backup durchführen, um nicht Bilder und Fotos zu verlieren. Der BR erklärt, wie es geht.

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One more thing

Wenn die Silicon-Valley-Elite ihre Kinder systematisch vor zu viel Tech und Social Media schützt, dann sollte man hellhörig werden. Nur so als Tipp, falls Du deinem Zehnjährigen demnächst ein iPhone kaufen wolltest. Hier geht es zum ganzen Artikel.