Salut und herzlich Willkommen zur 460. Ausgabe des Social Media Watchblog Briefings. Heute u.a. mit einem Blick auf Snapchats und Facebooks Performance bei der Code Conference und vielen Lesetipps fürs Wochenende! Am Freitag fällt das Briefing aus. Wir lesen uns dann nächste Woche wieder. Herzlichen Dank für das Interesse, Martin & Team

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Snapchat vs. Facebook = eine Frage der Werte?

Was ist: Bei der Code Conference konnten Besucher innerhalb weniger Stunden zunächst Snapchat-Boss Spiegel lauschen, um sich dann an Facebooks-Top-Mitarbeitern Sandberg und Schroepfer zu reiben.

Snapchats Pitch: Spiegel sieht Snapchat nicht nur als Bündel von Features, sondern vielmehr als ein soziales Netzwerk ganz anderen Schlags. So würde bei Snapchat nicht so sehr der Kampf um Aufmerksamkeit im Fokus stehen, wie es bei Facebook der Fall wäre. Auch würde Snapchat eine andere Form der Kommunikation katalysieren wollen – eine persönlichere, eine visuellere. Zudem würde Snapchat die Privatsphäre der Nutzer mehr respektieren – ein Feature, das Facebook übrigens sehr gern von Snapchat kopieren dürfe, wie Spiegel höhnisch verlauten ließ.

Facebooks Pitch: Sandberg und Schroepfer hingegen sahen sich nach all dem Wirbel um Cambridge Analytica sehr viel stärker in der Defensive. Sie betonten, welche außergewöhnlichen Rollen Facebook in der Gesellschaft mittlerweile einnehmen würde – etwa nach Katastrophen, etc.

Be smart: Während Facebook sich zwar moralisch in der Defensive befindet, sind ihre Zahlen prächtiger denn je. Bei Snapchat sieht es wirtschaftlich nicht so pralle aus. Wir dürfen also gespannt sein, wie lange Spiegel die Moral noch hochhalten kann.

Nur für Social-Pessimisten und Valley-Kritiker: Am Ende ist Snapchat natürlich auch nur daran interessiert, dass wir maximal oft ihre App nutzen und uns mit witzigen Lenses die Zeit vertreiben, anstatt die Dinger aus der Hand zu legen und uns mit den wirklichen Problemen dieser Welt auseinanderzusetzen – Klimawandel, Fluchtursachen, Auseinanderdriften der Gesellschaften, Populismus, Nationalismus… Von daher ist es bei Spiegel mit der Moral natürlich auch nicht so weit her.

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Kampf gegen Desinformation

Was ist: Facebook möchte im Kampf gegen Desinformationen – insbesondere bei den anstehenden Wahlen in Mexiko, Brasilien und den USA – endlich vorankommen. Deshalb ermöglichen sie Wissenschaftlern Zugang zu Facebooks Datenschatz. Damit Facebook aber kein zweites Cambridge Analytica erlebt, arbeiten die Wissenschaftler mit verschlüsselten Laptops, bei denen jeder Klick protokolliert wird.

Wie genau soll das funktionieren? Die Wissenschaftler haben nur Zugang zu Daten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Fragestellung stehen. Die Wissenschaftler müssen diesen Zugang vorab begründen und beantragen. Facebook selbst wird die Wissenschaftler nicht überwachen – das macht ein extra dafür eingesetztes Expertengremium.

Was soll das alles? Facebook sieht sich immer wieder mit Vorwürfen hinsichtlich der eigenen Transparenz konfrontiert. Gerade Wissenschaftler beschweren sich seit langem, dass sie nur unzureichend Zugang zu Facebooks Daten hätten – um etwa herauszufinden, welche Rolle Facebook bei Wahlen spielt. Der Fall Cambridge Analytica hatte diese Situation noch verschärft (Facebook weiß immer noch nicht genau, welche Daten CA hatte / hat). Jetzt scheint Facebook einen Weg gefunden zu haben, Wissenschaftlern trotzdem mehr und zugleich aber auch sehr viel strenger überwachten Zugang zu gewähren.

Be smart: Die Initiative ist prinzipiell zu begrüßen. Allerdings wäre es auch fantastisch, wenn Wissenschaftler noch einmal mit gleicher Akribie untersuchen könnten, welche Rolle Facebook in der Vergangenheit bei Wahlen gespielt hat – das ist aber nicht vorgesehen. Der Blick gilt einzig und allein der Zukunft.

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Lesetipps fürs Wochenende

Facebook und der Datenschutz: Sebastian Meineck hat für Vice Deutschland ein hübsches Experiment gewagt. Im Nachgang zum Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung hat er ausprobiert, wie der Prozess der Kontoeröffnung bei Facebook abläuft. Sagen wir mal so: Facebook versucht weiterhin alles, damit Nutzer maximal viele Daten freigeben. „Privacy by default“ ist das nicht gerade. 11 Screenshots, die zeigen, das Facebook Datenschutz immer noch nicht ernst nimmt

Alles nur noch Clickbait? Kevin Munger hat sich in seiner Dissertation mit der Frage auseinandergesetzt, wie sich politische Kommunikation online darstellt. Einen Ausschnitt aus seiner Arbeit gibt es in entsprechend redaktionell aufbereiteter Art und Weise bei The Outline zu lesen: How everything on the internet became clickbait.

Lang lebe die Homepage: Neue Zahlen von Chartbeat zeigen, dass bei der mobilen Internetnutzung mehr Menschen direkt eine Website aufrufen als via Facebook Nutzer zu den Angeboten gelockt werden.

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Neues von den Plattformen

Facebook Messenger

  • Abstimmungen: Facebooks Messenger Stories bietet jetzt analog zu den Funktionen bei Instagram auch einen Poll an. Falls das jemand schon immer nutzen wollte, now you can.

Facebooks Messenger Kids

  • Kein Freundschaftszwang: Würde ich jemals in Erwägung ziehen, dass meine Kinder Facebooks Messenger Kids nutzen sollten, würde ich mich über dieses Feature vermutlich freuen: Möchten zwei Kids über den Messenger Kontakt aufnehmen, müssen die Eltern nun nicht mehr bei Facebook miteinander befreundet sein. Makes sense, I guess. Aber wie gesagt, nix für mich. Wobei: Den Kids zu sagen, sie mögen bitte Signal benutzen, ist wahrscheinlich das neue „Du rufst dann an, wenn du da bist“! Total peinlich, Papa!

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One more thing

Danke Gruner+Jahr! Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich für das Sponsoring des Social Media Watchblogs in den vergangenen drei Monaten bedanken! Das wäre alles nicht möglich gewesen, wenn sich G+J CEO Julia Jäkel nicht persönlich dafür eingesetzt hätte. Unglaublich toll, dass das funktioniert hat. Herzlichen Dank!