Salut! Facebook hat überraschend angekündigt, den Explore Feed zu begraben. Damit einhergehend haben sie sich wohl grundsätzlich von der Idee verabschiedet, überhaupt zwei separate Feeds zu haben – einen für Freunde und einen für Medien. Die Zahlen müssen wirklich mies gewesen sein, wenn sie das direkt nach nur vier Monaten Testing wieder eindampfen. Nun denn. Das und mehr in unserem heutigen Briefing. Merci, Martin & Team

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FACEBOOK BEGRÄBT EXPLORE FEED

Was ist: Facebook beendet den viel diskutierten Explore Feed Test.

Was war das noch einmal genau?

  • Bei Variante 1 wurden in sechs ausgewählten Ländern News und andere öffentliche Fanpage-Updates nur noch in einem separaten News Feed ausgespielt – das Soziale von den Medien also getrennt. Das sorgte für enorme Diskussionen.
  • Bei Variante 2 wurde Nutzern weltweit in einem separaten Tab mit dem Namen Explorer Feed (Entdecker-Feed) die Möglichkeit geboten, öffentliche Inhalte auf Facebook zu entdecken, die vermeintlich spannend für den Nutzer sind.

Warum wurden die Tests beendet?

  • Begründungen zu Variante 1: Nutzer möchten keine zwei getrennten Feeds. Auch hätte die Trennung vom Sozialen und den Medien nicht dazu geführt, dass Nutzer mehr mit Freunden und Verwandten interagiert hätten.
  • Begründung zu Variante 2: Der Entdecker-Feed stelle keine effektive Möglichkeit dar, neue Inhalte auf Facebook zu entdecken.

Warum das spannend ist:

  • Facebook sagt nichts darüber, wie viele Leute den zweiten News Feed genutzt haben.
  • Die Vermutung liegt nahe, dass es nicht all zu viele User gewesen sein dürften. Das widerum zeigt, wie schwer sich Nutzer damit tun, gewohnte Pfade zu verlassen. Selbst dann, wenn sie nur einen Klick entfernt sind.
  • Paradoxerweise versucht Facebook nun mit Facebook Watch genau das – einen Ort kreieren, den Leute direkt bei Facebook bewusst aufsuchen. Dem Vernehmen nach klappt das bislang auch nur so lala. Ich bin gespannt, wie sie das hinkriegen wollen.
  • Facebooks Top-Prio besteht darin, das Engagement der Nutzer wieder hochzuschrauben
  • Facebook denkt, dass sie dieses Ziel durch den Umbau des News Feeds besser erreichen können als durch einen separaten Feed.
  • Facebook macht mit der Beendigung des Test deutlich, dass sich Medienunternehmen nun wirklich darauf einstellen sollten, dass ihnen von Facebook auf absehbare Zeit kein separater Platz zugestanden wird wie es etwa mit Discover bei Snapchat der Fall ist.
  • Bislang hatten einige Kollegen sicherlich darauf gehofft, dass sie sich künftig nicht mit den ach so meaningful conversations rumschlagen müssen und einfach einen separaten Feed bekommen.
  • Zonk-Geräusch

Be smart: Für Snapchat ist Facebooks Feststellung, dass Nutzer keine zwei Feeds möchten, oberflächlich betrachtet ein Schlag ins Gesicht – hat Evan Spiegel doch genau darauf gerade seine App neu ausgerichtet. Bei genauerer Betrachtung könnte aber genau das einds der größten Unterscheidungsmerkmale zwischen den Plattfomen sein – und entsprechend Nutzer zu Snap locken.

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VIRAL PUBLISHER LITTLETHINGS MACHT DICHT

Was ist: Der extrem populäre Viral-Publisher LittleThings macht aufgrund des Newsfeed-Umbaus bei Facebook dicht.

Warum ist das interessant? LittleThings hatte sich maximal darauf verstanden, über Facebook Traffic für die eigene Seite zu generieren. Die sich bereits in den vergangenen sechs Monaten anbahnende Minderung der Reichweite auf Facebook, die sich nun mit der offiziellen Verkündung des News-Feed-Umbaus gar noch verstärken wird, hat bei LittleThings dazu geführt, dass sie nun den Stecker ziehen.

Ok, interessant. Aber ist doch nicht wichtig. Doch, doch! Sehr sogar. Zwar haben wir in Deutschland kaum Websites, die ein ähnliches Geschäftsmodell verfolgen würden – Hallo Heftig! – dafür zeigt es aber durchaus auf, wie gravierend die Folgen einer zu großen Abhängigkeit zu Drittplattformen wie Facebook sein können.

Beware your frenemy: Die Kunst liegt darin, jede Plattform für die eigenen Zwecke zu nutzen, anstatt sich von der Plattform benutzen zu lassen.

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BITTE RECHT FREUNDLICH

Was ist: Facebook führt nun auch in Europa die optionale Gesichtserkennung ein.

Was muss ich darüber wissen?

  • Nutzer müssen die Verwendung der Gesichtserkennung einschalten – via Opt-in.
  • Die Gesichtserkennung wird von Facebook als Service für die Nutzer beworben: So könne man sehen, wenn Fremde das eigene Bild als Profilbild verwenden würden oder jemand Drittes ein Foto hochlädt, auf dem frau zwar zu erkennen ist, aber nicht getaggt wurde.
  • Für Facebook ist das Thema Gesichtserkennung erstens interessant, weil sie dadurch theoretisch eine enorme Anzahl an Bots eliminieren könnten.
  • Zweitens ist das Thema für Facebook spannend, weil sie in Sachen Visual Computing in den kommenden Jahren anderen Konkurrenten ordentlich das Wasser abgraben wollen – siehe Talk von Amy Webb.

Be smart: Ich finde die Vorstellung, dass Facebook mich anhand meines Gesichts auf jedem beliebigen Foto (künftig und rückwirkend) identifizieren kann, nicht gerade angenehm. Von daher: Naaah, thanks.

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PEAK FACEBOOK

Was ist: Pew Research hat eine neue Studie zum Status Quo der Social-Media-Nutzung in den USA veröffentlicht.

Das sind die wesentlichen Ergebnisse:

  • 68 Prozent aller erwachsenen US-Amerikaner nutzen Facebook. Das war allerdings 2016 auch schon so. Hat Facebook in den USA in Sachen Nutzerwachstum also sein Peak erreicht?
  • Instagram wird von 35 Prozent aller Erwachsenen in den USA genutzt.
  • Pinterest kommt in diesem Segment auf 29 Prozent.
  • Snapchat hingegen auf 27 Prozent.
  • Twitter wird immerhin von 24 Prozent aller Erwachsener in den USA genutzt.
  • Bei den 18-24-Jährigen ist Snapchat Facebook dicht auf den Fersen:
  • 80 Prozent der 18-24-Jährigen nutzen Facebook.
  • 78 Prozent der 18-24-Jährigen nutzen Snapchat.
  • Youtube ist und bleibt das Medium Nummer Eins in der jüngeren Zielgruppe:
  • 94 Prozent der 18-24-Jährigen nutzen YouTube.
  • 73 Prozent aller erwachsenen Amerikaner nutzen YouTube.
  • Am meisten werden Snapchat und Instagram genutzt
  • 82 Prozent der 18-24-jährigen Snapchat-User nutzen die App täglich.
  • 81 Prozent sind es bei Instagram in diesem Segment.

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LESEEMPFEHLUNGEN FÜRS WOCHENENDE

Verfluchte rote Punkte: Wir lassen uns von ihnen vorschreiben, mit wem wir zu welchem Zeitpunkt sprechen, wie wir uns artikulieren, wann wir eine App überhaupt nutzen – die Rede ist von diesen verfluchten, kleinen, roten Punkten, die uns in unserem begleiten Alltag. John Herrman beschreibt wunderschön, wie es um unsere Beziehung zu Notifications bestellt ist. How Tiny Red Dots Took Over Your Life

The Good Room: „Most of my friends who own an Amazon Echo also put tape over the cameras on their laptops. Why bother if you’re going to sit next to a microphone that listens to you all day? The mind is a funny place.“ – Ein großartiger Essay über Technologie & Gesellschaft von einem mir bis dato völlig unbekannten Autoren. Sehr inspirierend: The Good Room

The Tyranny of Convenience: Tim Wu, Autor des großartigen Buchs The Attention Merchants, schreibt für die New York Times auf, warum Bequemlichkeit das alles beherrschende Mantra unserer Zeit zu sein scheint, gerade auch im Bereich Tech, und warum es sich lohnt, weniger bequem durchs Leben zu gehen: The Tyranny of Convenience

How To Fight Disinformation: Wenn du dich mit dem Thema „Fake News“ beschäftigst, dann sind diese Talking Points von Rasmus Kleis Nielsen ein absolutes Muss. Viel zu viele Informationen und zu kluge Gedanken, um sie hier auch nur annähernd aqäquat rüberzubringen – von daher: bookmarken & studieren: Talking points on how we can fight disinformation

Too big to change: Es ist alles noch viel schlimmer – so könnte die lapidare Zusammenfassung dieses bemerkenswerten Interviews mit dem Wissenschaftler Jonathan Albright lauten, der sich seit Jahren mit den Auswirkungen von Social Media auf Politik und Gesellschaft beschäftigt. News in a disintegrating reality

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ONE MORE THING

Twitter Demetricator: Wer sich auf Twitter nicht mehr der Diktatur der Zahlen unterwerfen möchte, kann jetzt den sogenannten Demetricator von Ben Grosser nutzen: einmal das Plugin installiert, verschwinden alle Metriken wie von Geisterhand. Zwar funktioniert das nicht in der App, aber die Browserversion führt auf eindrucksvolle Weise vor Augen, wie sehr wir uns von diesen von den Konzernen ausgedachten Metriken das Leben bestimmen lassen. Mehr zu Ben Grossers Arbeit gibt es übrigens in meinem Artikel für Brand Eins: Am Haken (Paid).